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Knochenzeichen

Knochenzeichen

Titel: Knochenzeichen
Autoren: Kylie Brant
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sich zu orientieren, doch es war zwecklos. Im Finstern sah diese Stelle nahezu genauso aus wie jede Meile, die sie mit Zach gewandert war. Und während sie die Umgebung weiter angestrengt nach Jodie Paulsen absuchte, kam ihr der flüchtige Gedanke, dass sie, wenn sie sich jemanden zur Seite hätte wünschen dürfen, Sharper gewählt hätte.
    Als die Kugel vom Felsen neben ihr abprallte, flog ihr ein abgeplatztes Stück Stein ins Gesicht. Die nächste Kugel erwischte sie am Arm, als sie gerade in Deckung ging.
    Der Mistkerl war hinter ihr.
    Er hatte einen Bogen um sie geschlagen und lauerte vermutlich auf eine Gelegenheit, sie zu überrumpeln. Sie biss die Zähne zusammen, um den brennenden Schmerz zu unterdrücken, der durch ihr Fleisch loderte, und stolperte auf eine große Kiefer zu, um dahinter Schutz zu suchen. In diesem Moment begriff sie, dass die Jägerin zur Gejagten geworden war.
    Die Schüsse kamen jetzt schneller. Und aus einer anderen Waffe. Er hatte ein Jagdgewehr.
    Geduckt sprintete sie von einem Baum zum nächsten und versuchte, eine gute Stelle für Deckung zu finden. Eine Stelle, an der sie lange genug Halt machen konnte, um selbst einen Schuss abzufeuern.
    Doch hier gab es nichts als Bäume, und viele der Stämme waren zu schmächtig, um sich dahinter zu verstecken.
    »Nur noch Sie und ich, Cait.«
    Ihre Schritte stockten, als sie Paulsens Stimme hörte. Sie ging in die Hocke und verkroch sich hinter einem Felsvorsprung.
    »Sie kennen den Wald hier nicht so gut wie ich. Kommen Sie raus, dann erzähle ich Ihnen alles über mich und meinen Sweetie.«
    Sie schaute angestrengt in die Finsternis, die sie von allen Seiten bedrängte. Wo zum Teufel war er?
    Eine huschende Bewegung fiel ihr ins Auge, und sie schoss. Postwendend traf sie ein Gegenschuss in die Schulter. Ein Fluch glitt ihr über die Lippen, während die aufwallende Hitze in Schmerz explodierte.
    »Tut weh, was? Ich lasse Sie nicht leiden, wenn ich es beende, Cait. Keiner von ihnen musste leiden. Es ist leicht, jemandem den Hals zu brechen, haben Sie das gewusst? Mein Vater hat behauptet, er wollte Mutter nicht den Hals brechen, aber er hat trotzdem dafür bezahlt. Genau wie Sie dafür bezahlen werden, dass Sweetie verhaftet worden ist.« Die körperlose Stimme schien von allen Seiten zu kommen. Sie zu umzingeln. »Ich wette, Sie haben einen schönen Schädel.«
    In ihren Ohren rauschte es, da sie ohnmächtig zu werden drohte, wogegen sie mit aller Macht ankämpfte. Dabei vernahm sie ein Geräusch in der Ferne, das weder vom Regen noch von ihrem keuchenden Atem herrührte.
    Das leise Geräusch von Straßenverkehr.
    Es war schwer, über den Schmerz hinweg logisch zu denken. Doch der Wald wurde von Landstraßen durchzogen. An zwei Seiten sogar von ihnen begrenzt. Und wenn sie Paulsen in Richtung Highway locken konnte, hatte sie bessere Aussichten, Hilfe herbeizurufen.
    Sie holte tief Atem. Dann brach sie aus ihrem Versteck hervor und schoss wie wild um sich. Dabei stolperte sie in die Richtung los, von der sie hoffte, dass sie in die Sicherheit führte.
    Durch das schnelle Laufen wuchsen dem Schmerz schartige kleine Reißzähne, die mit gnadenloser Gier an ihrem Fleisch nagten. Ihr einziger Trost war, dass er ebenfalls angeschossen worden war. Mindestens einmal.
    Aber sie wusste auch, dass ihr lange vor ihm die Kraft ausgehen würde.
    Eine Kugel ließ nur wenige Zentimeter vor ihren Füßen das Erdreich aufspritzen. Mit neuer Energie hetzte sie weiter und schlug Haken, mehr vom Adrenalin angetrieben als von echter Energie.
    Wenn sie die Baumgruppe vor sich erreichte, besäße sie die Deckung, die sie brauchte, um das Feuer zu erwidern. Wenn sie doch nur …
    Und dann verschwand der Boden unter ihren Füßen, während sie spürte, wie sie fiel. In völlig verrenkter Haltung landete sie auf unbarmherzigen Felsen. Die Waffe fiel ihr polternd aus der Hand, während sie benommen dalag. Und nichts begriff.
    Dunkelheit umgab sie. Und der Waldboden war kalt, kalt unter ihrer Wange. Sie versuchte sich aufzusetzen und geriet ins Schwanken. Nur ganz allmählich durchdrang das Begreifen den Nebel in ihrem Gehirn.
    Eis auf dem Boden. Auf dem Gesäß rutschte sie ein Stück zur Seite, wobei ihr jede Bewegung äußerste Vorsicht abverlangte, bis ihre tastende Hand auf etwas traf. Eis an den Wänden. Es war eine Höhle. Wie hatte Sharper sie genannt? Sawyer’s Eishöhlen. Und sie war durchs Deckenloch der größten hineingefallen.
    »Kommen Sie raus! Kommen
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