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Die Drachenflotte (German Edition)

Die Drachenflotte (German Edition)

Titel: Die Drachenflotte (German Edition)
Autoren: Will Adams
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    Prolog
Straße von Mosambik,
1424
    M ei Hua hielt sich zusammen mit dem Admiral in seinen Privaträumen auf, als das große Schiff auf das Riff lief. Zunächst war ein dumpfes Knirschen zu vernehmen, bei dem sie sich ein wenig beunruhigt ansahen. Aber draußen tobte ein Sturm, und man meinte immer wieder neue Geräusche an Bord zu hören, selbst nach drei Jahren noch. Dann wurde es wieder still. Lächelnd über ihre Nervosität sahen sie einander an und widmeten sich erneut ihren Beschäftigungen, sie sich der Zubereitung des Tees, er sich der Niederschrift der Anweisungen für die Emailleure, die seinen kostbaren Globus fertigstellen sollten. Er wollte ihn vollendet sehen, bevor sie die Heimat erreichten. Plötzlich folgte jedoch ein donnerndes Krachen, der Bug des Schiffes stieg in die Höhe, und der Schiffskörper kam mit einer so heftigen Erschütterung jäh zum Stehen, dass sie beide quer durch den Raum geschleudert wurden.
    Es folgte ein Moment absoluter Stille, als wären das Schiff selbst und alle, die sich darauf befanden, in Fassungslosigkeit über das Geschehene erstarrt. Dann aber brach der Lärm los, Holzspanten ächzten wie sterbende Riesen, Menschen schrien, und ein ohrenbetäubendes Splittern erfüllte die Luft, als praktisch direkt über ihren Köpfen einer der Masten umstürzte und auf das Deck niederkrachte.
    Panisch sah sich Mei Hua um. Das Teeservice aus Porzellan und die Öllampen waren zerbrochen, das vergossene Öl bildete auf dem Boden Pfützen aus blauen Flammen, die schon nach den durcheinandergewirbelten seidenen Laken und Wandbehängen züngelten. Mei Hua rappelte sich auf und versuchte, sie auszutreten, bevor sie weiter um sich greifen konnten, als die Tür aufflog und drei Leibwächter in die Kajüte stürmten, einer mit einer klaffenden Kopfwunde und blutüberströmtem Gesicht. Wie eine Truppe grotesker Tänzer trampelten sie auf den Flammen herum, um mit ihr zusammen das Feuer zu löschen. Dann halfen sie dem Admiral auf die Beine und rissen ihn mit sich fort. Nur er konnte angesichts dieser Katastrophe das Kommando übernehmen. Mei Hua blieb allein zurück.
    An Bord galten klare, strenge Regeln. Selbst sie, die Favoritin des Admirals, durfte weder den Harem noch die Privaträume des Admirals jemals ohne Begleitung verlassen. Wäre sie bei einer Zuwiderhandlung von einem Mannschaftsmitglied gesehen worden, so wären sie beide unweigerlich dem Tod überantwortet worden. Niemand war hier, der sie hätte begleiten können, weder Eunuchen noch Wachen, sie musste jedoch unbedingt zu ihrem kleinen Sohn und sich vergewissern, dass ihm nichts zugestoßen war. Sie hangelte sich zur Tür und blickte vorsichtig hinaus. Der Gang war dunkel und leer. Da erschütterte von neuem ein so heftiges Beben das Schiff, dass sie das Ende gekommen glaubte. Als es gleich darauf ruhig war, stand für sie fest, dass die alten Regeln nicht mehr galten.
    Mit einem Tuch vor dem Gesicht eilte sie zur Treppe, wo ihr zwei Offiziere begegneten, die in wilder Flucht nach oben rannten, um nicht im Bauch des sinkenden Schiffes eingeschlossen zu werden. Sie ließ sie vorbei und lief weiter nach unten. Das Schiff hatte leichte Schlagseite, und sie musste sich mit den Händen an der Wand abstützen, um auf den Füßen zu bleiben. Ein Mann humpelte ihr mit einem verletzten Bein und einem gebrochenen Arm entgegen. Hinter der zersplitterten Tür einer Kajüte schrie jemand laut um Hilfe. Sie rüttelte an der Tür, schaffte es aber nicht, sie zu öffnen. Ihr Kind konnte nicht warten, also riss sie sich schweren Herzens los.
    Eine Treppe nach der anderen ging es hinunter, eingehüllt in den Qualm der Räucherstäbchen, die man abbrannte, um den Gestank eines Schiffes zu verschleiern, das zu lange auf See gewesen ist. Wasser umspülte ihre Füße und bedeckte einen Soldaten, der mit dem Gesicht nach unten reglos dalag, die Arme über dem Kopf ausgestreckt, als hätte er sich den Göttern zu Füßen geworfen, in deren Reich er eben eingegangen war. Sie zog ein Messer mit schmaler Klinge aus seinem Gürtel, bevor sie über ihn hinwegsprang. Das Wasser stieg höher, umströmte ihre Knie und dann ihre Oberschenkel. Weiter vorn flackerte Licht, sie hörte die Schreie der anderen Konkubinen. Als sie den Vorraum des Harems erreichte, sah sie Chung Hu, das fettleibige Ungeheuer, und zwei weitere Eunuchen die verschlossene Tür bewachen. In unbeugsamer Ausübung ihrer Pflicht verwehrten sie den Frauen und Kindern,
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