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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe
Autoren: Charlaine Harris
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noch um ein Haar niedergemäht hätten, gleich darauf auf den spärlich bedeckten Busen gestarrt hatten? Das fragte ich mich, während ich mir die Überreste des rosa Nachthemdes über den Kopf streifte.
    Was mich betraf, so würde ich meinem armen, geschundenen Körper mit all seinen Quetschungen und blauen Flecken ein schönes, langes, heißes Bad gönnen. Ich würde meine vor Schreck fast wahnsinnige Katze beruhigen, die sich zitternd unter einer Decke im Schrank verkrochen hatte. Madeleine hatte die Invasion in ihrem Heim nicht gut weggesteckt. Danach durfte ich meine müden Knochen hoffentlich zwischen kühle Leintücher betten und ein wenig schlafen.
    Denn am nächsten Tag galt es, Buße zu tun.
    Mutter würde anrufen.
     

     
    Insgesamt schlief ich nur vier Stunden. Es war acht Uhr, als ich wieder aufwachte und mir noch im Bett die ersten Gedanken machte.
    Nach einer Weile stand ich auf, putzte mir die Zähne und zog die Shorts an, die ich am Vortag getragen hatte. Ich schaffte es, mit der Bürste mein Haar zu bändigen, obwohl es noch feucht gewesen war, als ich zu Bett ging. Madeleine schien sich beruhigt zu haben, ich ließ sie kurz nach draußen, und dann wurde es Zeit für einen Besuch bei Wal-Mart.
    Dort schloss man gerade erst die Türen auf, als ich eintraf. Nach kurzer Beratung mit einem Verkäufer fand ich auch gleich, wonach ich gesucht hatte.
    Danach hielt ich beim Reihenhaus und holte mir meine Schachtel mit dem Geschenkpapier.
    Beim Haus meiner Mutter parkte kein Auto – das Glück schien es gut mit mir zu meinen. Zum letzten Mal schloss ich mit meinem eigenen Schlüssel auf – jetzt, wo John hier lebte, würde ich ihn nie wieder benutzen. Ich eilte in das Zimmer, das früher mir gehört hatte, holte Mutters alte Deckentasche aus dem Schrank und hinterließ auf dem Weg nach draußen auf dem Küchentisch eine brandneue, hübsch verpackte. Meinen Schlüssel legte ich gleich daneben.
    Das war erledigt. Jetzt nichts wie zurück in die Honor Street!
    Das Glück liebte mich weiterhin: Bei den Rideouts parkte noch kein Polizeifahrzeug.
    Nachdem ich mich sorgfältig umgesehen hatte – ich musste an Torrance Rideout und die Nacht, in der er Mike Osland begrub, denken – verließ ich mein Haus durch die Hintertür. Torrance war nachts unterwegs gewesen, jetzt war es Tag, was viel gefährlicher war. Beim Einfahren in meine Auffahrt hatte ich Autos gezählt: Gegenüber bei den Smiths stand Lynns Wagen, Arthurs fehlte. Wahrscheinlich war Arthur im Krankenhaus bei Frau und Tochter.
    Einen Augenblick lang geriet ich ins Wanken, aber dann streckte ich resolut die Hand aus und versetzte mir selbst eine Ohrfeige. Jetzt nur nicht wehleidig werden, Zögern war nicht mehr angesagt.
    Die alten Inces konnte ich getrost ignorieren, aber was war mir Carey Osland? Ihr Auto stand in ihrer Auffahrt. Höchstwahrscheinlich hatte sie schon gehört, dass Mike im hinteren Garten der Rideouts ruhte. Ich konnte nur hoffen, dass sie nicht persönlich nachschauen kam.
    Ich machte mich auf den Weg durch meinen Garten. Am liebsten wäre ich gebückt geschlichen, noch lieber auf dem Bauch gekrochen. Die blassrosa Deckentasche war so auffällig, die musste doch einfach verdächtig wirken! Aber sie zu öffnen und den nackten Schädel durch die Gegend zu schleppen brachte ich nicht fertig, ich hatte auch schon meine Fingerabdrücke abgewischt. Ohne dass jemand mein Tun hinterfragt oder mir energisch befohlen hätte stehenzubleiben, schaffte ich es bis zur Sonnenterrasse der Rideouts. Dort holte ich ein paarmal tief Luft. Jetzt musste es schnell gehen. Ich öffnete den Reißverschluss der Deckentasche, hakte den Zeigefinger in den Kiefer des Dings und rollte den Schädel schwungvoll unter das Holzdeck, ohne hinzusehen. Fast war ich versucht, die Stufen zur Terrasse hochzuklettern, zwischen den Dielen hindurchzulinsen und nachzusehen, ob man meine makabre Gabe von oben sehen konnte. Aber ich konnte mich beherrschen und ging ruhig, aber schnell zurück in meinen eigenen Garten, wobei ich inständig hoffte, dass niemand mein seltsames Verhalten beobachtet hatte. Den Sack hielt ich noch fest umklammert. Im Haus warf ich einen Blick hinein, um nachzusehen, ob noch Spuren des Schädels verblieben waren, ehe ich eine von Janes Wolldecken zusammenfaltete, sie in den Sack schob, den Reißverschluss zuzog und die rosa Tasche weit hinten in das Regal in einem der Schränke des Gästezimmers schob. Dann hockte ich mich an den kleinen Tisch in der
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