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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe
Autoren: Charlaine Harris
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Küche und sah durch das Fenster nach hinten raus zu, wie Arbeiter eintrafen, um das Sonnendeck der Rideouts auseinanderzunehmen.
    Ich hatte es geschafft.
    Am ganzen Leib zitternd barg ich den Kopf in den Händen und weinte.
    Als nach einer Weile keine Tränen mehr kamen, fühlte ich mich müde und entkräftet. Ich brühte mir eine Kanne Kaffee auf, die ich austrank, während ich zusah, wie Männer das Sonnendeck abbauten und den Schädel fanden. Die erste Aufregung über den Fund legte sich bald, der Schädel wurde in einen Spezialbeutel verfrachtet (da musste ich glatt ein wenig grinsen) und die Männer fingen an, zu graben. Es wurde sehr heiß, alle schwitzten. Mehr als einmal sah ich Jack Burns einen Blick auf mein Haus werfen, als würde er nur zu gern herüberkommen und mir ein paar Fragen stellen. Aber seine Fragen hatte ich alle schon in der vergangenen Nacht beantwortet. Alle, die ich je beantworten würde.
    Dann stieß einer der Männer einen lauten Ruf aus, und die anderen sammelten sich aufgeregt um ihn, sodass ich fand, es sei genug. Ich mochte nicht mehr zusehen. Gegen Mittag klingelte das Telefon: Meine Mutter bedankte sich ein wenig knapp für die schöne neue Tasche zum Aufbewahren von Wolldecken und erinnerte mich an das gemeinsame Abendessen, bei dem ein ausführliches Gespräch anstand.
    „Ich habe es nicht vergessen.“ Ich seufzte leise. Mir taten alle Muskeln weh, ich hatte überall blaue Flecken: Vielleicht ließ Mutter ja Gnade walten, und das Gespräch fiel nicht ganz so erschöpfend aus. „Ich komme morgen im Büro vorbei und lasse Janes Haus zum Verkauf ausschreiben.“
    Hier ging es ums Geschäft, das war etwas anderes. Oder nicht? „Ich mache die Ausschreibung fertig“, meinte Mutter bedeutungsvoll, ehe sie auflegte. Das Telefon hing neben der Briefablage und dem Kalender, ein zweckmäßiges, funktionales Arrangement. Ohne ihn richtig anzusehen, fischte ich den Briefumschlag einer Wohltätigkeitsorganisation aus der Ablage, zupfte den Spendenaufruf darin heraus, überflog ihn und warf ihn fort. Der nächste Brief hätte die Rechnung des Gärtners enthalten müssen, der zur Insektenvernichtung gekommen war … warum war die Rechnung hier und nicht bei Bubba Sewell? Alle Rechnungen sollten doch an ihn gehen? Allerdings war der Stempel auf der Briefmarke Monate alt.
    Schlagartig wusste ich, was das war. Ich wusste es, noch ehe ich den Bogen Papier aus dem Umschlag geschüttelt hatte. Ich wusste, das war keine Rechung von Orkin, dem Gartenbaubetrieb.
    Natürlich! „Der entwendete Brief “– Edgar Allen Poe. Jane hatte die Klassiker geliebt.
    „An einem Mittwoch, in einer Nacht im Sommer, es war vor vier Jahren …“ Das Schreiben kam ohne Anrede gleich zur Sache.
    „… saß ich, Jane Engle, in meinem Garten. Es war spät, ich konnte nicht schlafen. Wenn ich nicht schlafen kann, sitze ich oft im Dunkeln im Garten. Es muss gegen Mitternacht gewesen sein, als ich Mark Kaplan, den Mieter der Rideouts, an Marcias Hintertür klopfen sah. Ich erkannte ihn eindeutig: Über der Hintertür der Rideouts brennt, wenn Torrance nicht in der Stadt ist, nachts ein grelles Flutlicht. Marcia Rideout kam an die Tür, und Mark Kaplan griff sie sofort an. Ich glaube, er hatte getrunken, er hielt eine Flasche in der Hand. Sicher bin ich mir nicht. Ehe ich Marcia zu Hilfe eilen konnte, hatte sie ihn irgendwie zu Boden gezwungen, und ich sah, wie sie etwas vom Küchentresen nahm und ihm damit auf den Hinterkopf schlug. Was sie vom Tresen geholt hatte, weiß ich nicht genau, aber ich glaube, es war ein Hammer. Da hörte ich, wie ein Auto in die Garage gefahren wurde, und wusste, dass Torrance heimgekommen war.
    Ich ging ins Haus, war ich mir doch sicher, bald Polizeisirenen zu hören. Ich würde den Polizisten sagen müssen, was ich gesehen hatte, also zog ich mir etwas an – ich hatte im Nachthemd draußen gesessen – und setzte mich in die Küche. Dort wartete ich im Dunkeln.
    Statt Polizeiautos, Sirenen und was weiß ich noch alles sah ich wenige Minuten später Torrance aus dem Haus kommen. Er trug etwas, was in eine Tischdecke gehüllt war, von der Größe her musste es ein Körper sein. Ich bin sicher, es war die Leiche Mark Kaplans. Torrance schleppte sie hinüber zu dem Stück Land, auf dem Marcia einen Garten angelegt hatte, und fing an zu graben. Ich blieb wach und sah ihm zu. Ich benachrichtigte die Polizei nicht, obwohl ich es natürlich in Erwägung zog. Mir war klar, was eine Aussage im
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