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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe
Autoren: Charlaine Harris
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einmal drüben bei Carey war und trug die Knochen in einer Plastiktüte durch seinen hinteren Garten. Von da aus waren es nur ein paar Meter zum Gestrüpp – diesmal hatte mich niemand gesehen. Ich war so sicher, dass die Polizei auftauchen würde. Der, der den Schädel gefunden hatte, würde sie ganz bestimmt benachrichtigen! Also wartete ich. Nach einiger Zeit wurde mir klar, dass die Person, die den Schädel mitgenommen hatte, ihn einfach nur …
    haben wollte. Ihn behalten wollte, damit ich zitterte, damit ich Blut und Wasser schwitzte. Jane war doch eine Dame, ich hätte mir nie vorstellen …“
    „Mir hat er nie etwas davon gesagt!“ Marcia stand jetzt links neben ihrem Ehemann. „Er wollte nicht, dass ich mir auch Sorgen machte!“ Liebevoll sah sie ihn an.
    „Warum haben sie es getan?“, fragte ich erneut. „Hatte er sich an Marcia herangemacht?“
    „Na ja …“ Torrance zögerte mit der Antwort.
    „Ach, Schatz“, tadelte Marcia sanft. Sie beugte sich lächelnd zu mir vor – Männer können so albern sein, sagte dieses Lächeln. „Er hat es nicht getan. Ich war es.“
    „Sie haben Mark Kaplan ermordet und in ihrem Garten begraben?“
    „Begraben hat ihn Torrance. Nachdem ich ihm erzählt hatte, was ich getan hatte.“
    „Ach so.“ Ihre großen, blauen Augen schienen mich verschlingen zu wollen – etwas Besseres als „ach so“ fiel mir nicht ein. „Warum haben Sie ihn umgebracht?“
    „Er kam rüber, als Torrance nicht da war.“ Sie schüttelte traurig den Kopf, während sie es mir erzählte. „Ich fand ihn so nett. Aber das war er nicht. Er war nur widerlich.“
    Ich nickte, nur um überhaupt eine Reaktion zu zeigen.
    „Mike auch.“ Marcia schüttelte den Kopfüber die Heimtücke der Männer.
    Mir wurde plötzlich sehr, sehr kalt. Torrance schloss vollkommen fertig die Augen.
    „Mike?“, flüsterte ich fragend.
    „Er liegt unter der Sonnenterrasse. Deshalb hat Torrance die überhaupt nur gebaut. Glaube ich!“, sagte Marcia leise und ernsthaft. „Von ihm wusste Jane nichts.“
    „Sie legt ein Geständnis ab!“, hauchte neben mir eine ungläubige, heisere Stimme.
    Nur mit Mühe entkam ich dem hypnotisierenden Blick aus Marcias Augen: Jack Bums hatte sich vor mich hingehockt.
    „Hat sie gerade einen Mord gestanden?“, fragte er mich.
    „Zwei“, sagte ich.
    „Zwei Morde“, wiederholte er mit ungläubigem Kopfschütteln. An diesem Tag schien ständig jemand ungläubig den Kopf zu schütteln – wann war ich an der Reihe? „Sie hat gerade zwei Morde gestanden?“, fragte Burns. „Wie machen Sie das bloß?“
    Angesichts seiner runden, heißen Augen wurde mir unangenehm bewusst, dass ich in einem zerrissenen, zerknitterten, oben herum recht dünnen Nachthemd steckte, das noch dazu im Laufe der Nacht ziemlich schmutzig geworden war. Weiterhin erinnerte ich mich schmerzhaft daran, dass ich nicht gerade Jack Bums’ Lieblingsmensch war. Was hatte Lynn mitbekommen, während sie ihr Kind zur Welt brachte? Woran würde sie sich später erinnern? Hatte sie gehört, wie ich zu Torrance sagte, ich wüsste, wo sich der Schädel zur Zeit befand?
    Man schaffte Lynn gerade auf einer Tragbahre hinaus. Ich ging davon aus, dass unterdessen auch die Nachgeburt gekommen war und man sich darum gekümmert hatte. Hoffentlich würde ich sie nicht im Haus oder sonst wo finden!
    „Dieser Mann“, teilte ich Jack Burns mit, wobei ich auf Torrance deutete, „ist heute Nacht in mein Haus eingedrungen.“
    „Sind Sie verletzt?“, erkundigte sich Burns widerstrebend, aber so, wie man es von einem pflichtbewussten Polizeibeamten in solch einer Situation erwarten konnte.
    Ich drehte mich um und sah Torrance in die Augen. „Nein!“, verkündete ich laut und deutlich. „Nicht im Geringsten, und ich weiß auch nicht, warum er hier eingebrochen ist und was er suchte.“
    In Torrances Augen glomm Verständnis auf. Zu meiner großen Verwunderung schaffte er es sogar, mir zuzuzwinkern, als Jack Burns sich abwandte, um seine Truppen um sich zu scharen.
    Danach dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis alle Janes Haus verlassen hatten. Alle bis auf mich, die neue Besitzerin. Was tat man in einer Nacht, in der bei einem eingebrochen wurde, man zusammengeschlagen wurde, man ein Baby entbunden hatte und fast von der gesamten Polizeitruppe von Lawrenceton, Georgia überrannt worden war? Wenn man sich das Geständnis eines Doppelmordes hatte anhören dürfen und wenn einem dieselben Polizeibeamten, die einen gerade
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