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Mythor - 055 - Luftgeister greifen an

Mythor - 055 - Luftgeister greifen an

Titel: Mythor - 055 - Luftgeister greifen an
Autoren: W. K. Giesa
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1.
     
    Da lagen sie oder lehnten kauernd an den Wänden! Sie alle waren einmal Männer gewesen. Ihre Kleidungsfetzen, halb vermodert und zerfallen, verrieten es Mythor. Und ihre bleichen, fleischlosen Totenschädel auf den kahlen Gerippen starrten ihn höhnisch grinsend an!
    Mit ihrem Grinsen riefen sie ihm lautlos zu, welches Schicksal auch ihn erwartete in dieser heimtückischen Falle, in die er getappt war. Auch er würde in ein paar Monden hier liegen und aussehen wie sie – zerlumpt, verfault, eine beinerne Gestalt!
    Tot!
    Da lehnte sich alles in ihm gegen dieses Schicksal auf. Ein wilder, verzweifelter Schrei entrang sich seiner Kehle. Es mußte doch eine Möglichkeit geben, aus diesem verfluchten Bauwerk zu entkommen, das ihn mit seiner Magie eingefangen hatte!
    Aber er hatte alles versucht. Fingerbreite um Fingerbreite hatte er die Stelle der Wand abgetastet, an der er die Mühle betreten hatte, aber er hatte keine verborgene Öffnung finden können. Dabei war er sicher, durch eine breite Türöffnung eingetreten zu sein. Doch jetzt gab es nur eine massive Wand ohne Türen, ohne Fenster! Aber dennoch war es nicht dunkel. Bläulich war die schattenlose Helligkeit und rief den Eindruck von Kälte hervor – Helligkeit, die aus dem Nichts zu kommen schien und alles erfüllte!
    Mythor lehnte sich an die weißgekalkte Mauer. Seinen Versuch, mit Alton sein steinernes Gefängnis aufzubrechen, wiederholte er kein zweites Mal. Es hatte ihm gereicht, daß ihm das zurückfedernde Schwert fast die Hand zerschlagen hatte. Die Fingerknochen schmerzten immer noch.
    Es gab keine Fugen, in die er die Klinge des Gläsernen Schwertes hätte schieben und es als Hebel verwenden können. Es gab nicht die schmalste Fuge in der Wand. Nicht einmal ein Haar hätte man hindurchschieben können.
    Seine Schultern sanken herab, und laut stieß er die Luft aus den Lungen. Wieder sah er die Toten, deren bleiche Schädel so teuflisch grinsten.
    Wie lange hatte er Zeit? Wann würde er sich in Krämpfen auf dem Boden winden, weil der Hunger in ihm wühlte? Wann würde er dann sterbend auf dem harten, kalten Boden liegen und schließlich zu zerfallen beginnen? »Nein«, keuchte er auf. Er wollte hier nicht elend umkommen! Er wollte wieder hinaus! Er…
    Gewaltsam zwang er sich zur Ruhe. Gerade noch rechtzeitig hatte er erkannt, daß er sich in seiner Panik selbst in den Wahnsinn treiben wollte. Die Skelette wollten ihn dazu zwingen, und sie würden es auch schaffen. Lange bevor er vor Hunger starb, würde er seinen Verstand verloren haben! Und davor hatte er größere Angst als vor dem Sterben!
    Ich darf nicht wahnsinnig werden! rief er sich selbst zu. Ich muß Ruhe bewahren!
    Ruhig bleiben, Mythor… ganz ruhig! Und nachdenken! Bist du nicht der Sohn des Kometen? Hast du in den Fixpunkten des Lichtboten nicht gelernt, daß nicht Gewalt, sondern Denkvermögen der bessere Helfer ist?
    Ruhig nachdenken!
    Aber wie kann er ruhig bleiben im Angesicht des Todes, der ihn vieldutzendfach von allen Seiten angrinste?
    »Tod, du hast mich noch nicht in deinen Klauen«, rief er den grinsenden Gerippen entgegen. »Noch lange nicht…«
    Aber war es nicht nur eine wahnwitzige Hoffnung, die sich niemals erfüllen konnte?
     
     
    *
     
    Vor der Ruine war auch Ramoa stehengeblieben. Die Feuergöttin betrachtete leicht verständnislos die Stelle der Wand, die ein paar Herzschläge zuvor noch eine Türöffnung gewesen war. Jetzt war sie es nicht mehr. Blitzschnell und geräuschlos hatte die Wand sich hinter dem Helden Honga geschlossen, für den sie Mythor immer noch hielt.
    Langsam wandte sie sich um und strich mit der Hand durch das feuerrote Haar.
    Mit den kleinen Fäusten hämmerte sie gegen die Wand. »Honga!« rief sie ihn mehrmals an. Doch Honga antwortete nicht. Wahrscheinlich konnte er sie nicht hören.
    Er hatte sie ja schon auf dem Weg in die Mühle nicht mehr hören können! Hatte auf ihre Warnungen nicht reagiert! Die Fischköpfe waren klüger gewesen. Sie waren weit zurückgeblieben. Vielleicht kehrten sie jetzt auch ganz um und gaben die Verfolgung endgültig auf, diese von Dämonen besessenen Männer, die man auf die Inselgruppe der Blutigen Zähne verbannt hatte und die als äußeres Zeichen große Masken aus ausgehöhlten Fischköpfen trugen, die sie bis zu ihrem Tod nicht mehr ablegen konnten.
    Sie mußten gewußt haben, was es mit der Mühle auf sich hatte, deren Flügel sich langsam im Wind drehten. Eine Ruine war sie nur noch, vom Zahn
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