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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
Autoren: Walter Fritz Müller
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ergänzte Armin: »Ich weiß, du bist weder eitel noch neidisch, und wenn du jetzt sagst, eines Tages wird diese dumme Überheblichkeit sich fürchterlich rächen, und wir werden unter den Trümmern unserer prahlerischen Hochhäuser begraben liegen, dann stimme ich dir sofort und vorbehaltlos zu. Aber bis dahin wollen wir noch richtig viel Geld ausgeben und uns königlich amüsieren. Und heute Nacht bleibst du bei uns. Nur etwas Geduld, die ganze Bande wird nicht mehr lange bleiben.«
    Rex Palmer schlenderte mit einer Champagnerschale in der Hand durch die Zimmer. Getti hatte alle Sektflöten, die er vor einem Jahr extra wegen seiner Hochzeit neu angeschafft hatte, durch diese Schalen ersetzen lassen. Das galt als sehr modern, zeichnete ihn aber nicht gerade als den Weinkenner aus, den er so gern spielte. Champagner muss perlen. Dazu brauchen die Bläschen Zeit. Während sie aufsteigen, vergrößern sie sich und werden schneller. Diesem Spiel sieht der wahre Genießer mit Vergnügen zu. Aber in flachen Schalen kann der Zauber sich gar nicht entfalten. Nur um der Mode zu gehorchen, hatte sein Freund Armin Getti die zeitlos eleganten Flöten durch fade Schalen ersetzen lassen. Welch eine Verschwendung! Rex schüttelte wieder den Kopf. Er belächelte auch die seltsamen Säulen, die mitten im Zimmer standen und durch Decke und Fußboden führten. Die Kupferrohre gingen ja noch an, glänzend poliert und lackiert, aber es war doch tatsächlich ein gusseisernes Abwasserrohr darunter. Eine Laune der Schwestern, die das ganze Haus umgestaltet hatten. Er klopfte mit dem Fingerknöchel daran: Es war tatsächlich ein gewöhnliches gusseisernes Abflussrohr. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn es auch danach gerochen hätte.
    Jetzt erst bemerkte Rex die Männer. Bisher hatte er nur Augen für die Damen und ihre Garderobe gehabt. Sie trugen ja wirklich wunderschöne Kleider. Und er fand das auch völlig in Ordnung. Nun fielen ihm zu fast jedem der Männer und auch zu mancher der Frauen Vorwürfe und Verdachtsmomente ein. Aber nahezu alle Anklagen waren im Sande verlaufen: Kein Wunder, die meisten hatte sein Freund Armin Getti verteidigt. Für jeden Freispruch hatte er ordentlich kassiert. Erst lange genug nach den Prozessen wuchsen seine Konten in Panama, Honduras und in anderen Ländern kräftig an. Pauschalhonorar interessierte ihn nicht. Für verlorene Prozesse beanspruchte er keinen einzigen Cent. Das brachte ihm genau den Ruf ein, den er für diese Klientel brauchte. Für Rex Palmer war Armin Getti ein offenes Buch. Vor ihm verbarg Armin auch nichts, weil es nichts zu verbergen gab: Alles legal, seriös und diskret. Rex nahm sich noch eine Schale Champagner von einem der Tabletts, die stumme Helfer durch den Saal trugen.
    3.
    Julia hatte ihrer Pflicht genügt und mit jedem der Gratulanten ein paar freundliche Worte gewechselt. Nichtssagendes Geplauder. Sie nannte das Putzgespräche. Die Gäste sahen das nicht anders. Es gehörte einfach dazu, so wie Fliege oder Krawatte der Herren und die teure Garderobe der Damen.
    Julia forschte in jedem Gesicht, ob es zu einem ihrer heimlichen Bekannten gehörte oder nicht. Ihr lag nicht daran, hier ihrer Kundschaft zu begegnen. Es wäre ihr durchaus nicht peinlich gewesen, aber sie hätte ihr Verhalten schnell darauf einstellen müssen. Sie hasste Überraschungen. Solange sie wusste, was ihr bevorstand, war sie sicher, überlegt und überlegen reagieren zu können.
    Julia atmete auf und entspannte ihr Gesicht von dem ewigen Lächeln. Alle ihre Partner hatten sich an die Geschäftsbedingungen gehalten und waren der Party ferngeblieben. Sie suchte Rex Palmer. Leider vergeblich. Sie fragte diesen und jenen der Gäste, ob jemand ihn gesehen habe, aber alle schüttelten die Köpfe. Erst als der für diesen Abend engagierte englische Butler John sich zu ihr durchdrängeln konnte, ohne jemanden anzustoßen, erfuhr sie den Grund. Er sagte, er solle ihr ausrichten, Kriminalhauptkommissar Palmer sei zu einem dringenden Fall gerufen worden. Es solle rasch gehen, keinesfalls lange dauern, wenigstens nicht sehr lange, und er wolle jedenfalls noch einmal hereinschauen, um sich für den netten Abend zu bedanken und um sich zu verabschieden. Er sei untröstlich, das habe er ausdrücklich betont, er sei untröstlich, das Fest in äußerster Eile verlassen zu müssen, ohne Gelegenheit gehabt zu haben, sich bei Frau Getti für den plötzlichen Aufbruch entschuldigen zu können.
    So korrekt hatte Rex sich
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