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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
Autoren: Walter Fritz Müller
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Julia zu ersteigern.
    Julia kannte die Wetten. Man gab ihrer Ehe noch zwei Jahre, höchstens drei. Julia sah das genauso, und sie überlegte sich, ob sie sich nicht mithilfe eines Strohmanns an den Wetten beteiligen sollte. Mit dem denkbar sichersten Insiderwissen konnte sie einen hübschen Gewinn einstreichen. Solche Gedanken waren für eine Neunundzwanzigjährige nach knapp einem Jahr Ehe recht außergewöhnlich. Aber Julia war ja auch eine außergewöhnliche Frau.
    Man unterhielt sich mit ihr; sie war ja nun mal die Herrin des Hauses. Ein kurzes Gespräch mit ihr war man dem Hausherrn schließlich schuldig. Man redete über Kleider und Schmuck, aber nie über etwas Ernsteres, nicht einmal über Antifaltencremes, denn Julia hatte zum Leidwesen aller in zählebigen Ehen erprobten Frauen keine einzige Falte, was wirklich ganz unverschämt war.
    Als Julia gerade von einer Traube von Frauen gemustert wurde, erwachte ihre Aufmerksamkeit. Hier wurde eine Bosheit ausgebrütet. Da fragte eine nicht mehr als schlank durchgehende Dame in Dr. Gettis Alter sie über Frisuren aus, wobei sie Julia von oben herab wie eine Friseurin behandelte. Julia hatte eine Lehre bei einem Friseur versucht. Das wusste hier jeder. Aber sie war von der Chefin gefeuert worden, nachdem deren Mann sich an das Lehrmädchen herangemacht hatte oder sich an sie heranmachen wollte. Geklärt wurde der Vorfall nie ganz, aber die mollige Chefin handelte nach dem Grundsatz >Wehret den Anfängen!<
    Julia kochte, aber sie konterte beherrscht und lächelnd: »Ihre Frisur ist für den Alltag doch ganz passabel, meine Liebe, sie müssten nur den Bauch ein wenig mehr einziehen.«
    Julia schritt an ihr vorbei. Die betroffen schweigende Traube öffnete ihr eine Gasse. Ein alter Herr, der das gehört hatte, lächelte ihr zu und erhob sein Glas: »Sie haben glänzend pariert, verehrte Frau Getti.«
    »Danke.«
    »Oh, Sie kennen mich sicher nicht, ich habe mich noch nicht vorgestellt, mein Name ist Hellbach, Walter Hellbach. Ich hatte eine Detektei, die führt jetzt mein Sohn.«
    »Wie interessant. Aber warum haben Sie die Geschäfte Ihrem Sohn übergeben?«, fragte Julia mit großen, erstaunten Augen.
    »Sehr schmeichelhaft. Danke für das Kompliment. Aber warum ich mich zurückgezogen habe, wollten Sie wissen. Nun ja, erstens oder vielleicht auch nicht erstens, jedenfalls ist mein Sohn alt genug, die Agentur zu führen, und er ist auch jung genug, die Mühen klaglos zu ertragen. Und zweitens ...«
    »Oder nicht zweitens«, fiel Julia ihm ins Wort.
    »Sehr richtig. Aber ...«
    Er unterbrach sich, beugte sich zu Julia hin und sprach in vertraulichem Ton leicht verschmitzt: »Ich verdiene ja immer noch ein bisschen mit.«
    Julia sah eine Möglichkeit, von ihm zu erfahren, ob Armin sie bewachen ließ, aber sie hielt damit noch zurück. Es würde sich später eine günstige Gelegenheit ergeben.
    »Lassen Sie sich auf keinen Fall provozieren. Diese Bande verzeiht Ihnen auch nicht die geringste Entgleisung. Haltung bewahren, Würde zeigen, was auch immer gerade als Haltung und Würde gelten mag. Ich kenne diese Herr-schaften, ich weiß um die Dreckecken ihrer Seelen. Mir ist nicht verborgen geblieben, wie schamlos sie lügen und betrügen und fälschen. Ich kenne die Liebhaber der reichen Erbinnen und all die kleinen Nuttchen, mit denen die Herren sich suhlen, nachdem sie aus ihren Designeranzügen gestiegen sind. Und ich kenne auch die Animiermädchen, die den Aufstieg geschafft haben, jetzt in exklusivsten Salons verkehren und die Begabungen ihrer Schneider und die Kunst ihrer Chirurgen zur Schau stellen. Und damit natürlich auch die Bankkonten ihrer Männer. Auf Ihrem Parkett, verehrte Frau Getti, stolzieren unreife Knaben, deren einziges Verdienst darin besteht, das Vermögen ihrer Eltern gedankenlos zu verschleudern und mit albernen Sportautos auf Sylt herumzukurven. Sie haben nichts gelernt außer ein paar Benimmregeln, und sie achten streng auf ihre Klasse, in die sie gar nicht hineinpassen. Liebe Frau Getti, überhören Sie all die kleinen Gehässigkeiten, die vornehmlich von denen ausgeteilt werden, die durch Zufall oder Irrtum hier Ihren Champagner trinken dürfen, und teilen Sie ab und zu kräftig aus. Bedenken Sie, Frau Getti, die meisten Frauen hier haben an ihrem eigenen hohen Standard lediglich sexuelle Verdienste. Sie hassen jede, die schönere Beine hat als sie selbst. Über die Männer habe ich mich schon ausgelassen, aber ich sehe das alles nicht
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