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Kleine Portionen

Kleine Portionen

Titel: Kleine Portionen
Autoren: Dieter Moitzi
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wunderbaren Abend in der Dorfdisko, wo wir tranken und tanzten.
    Eine neue Freundschaft war aus dem anfänglichen Chaos entstanden.
    Chaos. Der erste Kuddelmuddel, bevor die griechischen Götter Ordnung und das Universum schufen.

Valentinstag
     
    Sonntag Nachmittag. Valentinstag. Die Sonne scheint, der Himmel ist klar, sieht man von einzelnen, duftigen Wölkchen ab, es ist eiskalt. Die Fenster sind trotzdem offen. Frische Luft strömt herein.
    Es ist Putztag.
    Mein Freund kratzt im Badezimmer herum. Ich habe gerade das Geschirr abgewaschen. Viel gab’s ja nicht zu waschen. Wir hatten zum Frühstück bloß Muffins, Butter und Marmelade, Kaffee und Orangensaft. Dazu haben wir uns fünf Episoden von ‚Shaun the Sheep’ angesehen.
    Ich werde jetzt in der Wohnung staubsaugen. Meine Wohnung. Ich teile sie mit niemandem. Klar, mein Freund wohnt bei mir. Aber es bleibt dennoch, technisch gesehen, meine Wohnung. Wenn man eintritt, sieht man gleich alles, auf einen Schlag. Den Schrank links. Mein ausziehbares Sofabett. Den Schreibtisch mit dem Computer. Hinter dem Schreibtisch drei Bücherschränke, vollgerammelt mit Büchern und anderem Zeugs wie der Hundebürste, dem Telephon, dem Foto meines Vaters. Fotos der Nichten meines Freundes. Plüschtiere aus meiner Kindheit: eine violette Krake, eine grüne Schildkröte, mein Teddybär, ein schwarzer Panter, ein Garfield, ein Snoopy, noch ein Teddybär, ein gelber Fisch, den ich im Disneyland Resort, Paris, gekauft habe. Noch mehr Bücher. Französische, englische, amerikanische, deutsche, österreichische, ein paar spanische Romane, die ich als Student gelesen habe. Ein letzter Bücherschrank links vom Hoffenster, das jetzt offen ist.
    Links vom Schreibtisch der Küchenbereich. Eine Mikrowelle, ein Kühlschrank, zwei Kochplatten, eine Abwasch, Schränke mit dem Geschirr, den Konserven, Nudeln, dem Reis, den Gewürzen.
    Nach dem Staubsaugen werden wir in den Waschsalon gehen. Und wenn das Waschen und Putzen erledigt ist, werde ich ein Chili con carne zubereiten. Dann werden wir zu Abend essen. Und dann wird es Zeit sein, noch ein bisschen fernzusehen, bevor wir schlafen gehen.
    Ein stiller Sonntag wird vorbei sein. Valentinstag noch dazu. Vielleicht werden wir ja einen Moment zum Knuddeln finden.

Wie man nicht flirtet
     
    Ich hatte genug von One-Night-Stands. Genug von fruchtlosen Beziehungen. In den letzten Monaten war ich mit einem kroatischen Frisör, einem amerikanischen Gogo-Tänzer, einem polnischen Kellner und einem hübschen, aber faden Krankenpfleger, den ich »das Valium-Engelsgesicht« getauft hatte, ins Bett gegangen.
    So viel Lärm. Um genau nichts. Ich war zynisch geworden.
    Und dennoch kehrte ich wieder und wieder ins U4 zurück. Eines Abends hatte ich getanzt und getrunken und Spaß gehabt. Oder hatte versucht, mich davon zu überzeugen, dass das Spaß war. Aber bald lehnte ich nur noch gegen eine Mauer und hörte der Musik zu. Der Song ging »It’s gonna be a lovely day for you and me«, immer wieder, immer wieder, immer wieder. Und plötzlich baute sich ein junger Bursche vor mir auf, strahlte mich an und gestikulierte herum. Ein glückseliges Lächeln auf den Lippen begleitete » …a lovely day …«. Dann zeigte er auf mich – » …for you … – und schließlich auf sich selber – » … and me«. Er bewegte sogar seine Lippen zum Text; vielleicht glaubte er, damit Eindruck zu schinden.
    Ich drehte meine Augen über und schrie ihm ins Ohr: »Na sag mal! Es kann sprechen!«
    Ihm war das egal. Oder er hatte mich nicht verstanden. Jedenfalls machte er mit seiner lächerlichen Choreographie weiter und synchronisierte dazu.
    Ich schrie: »Und es kann sogar Englisch! Ein richtiger Intellektueller!«
    Das verstand er dann schon. Und ließ mich klarer Weise in Ruhe.
    Die Woche danach lernte ich diesen Kärntner Broker kennen. Meine Laune war auch nicht besser. Selbst wenn der Typ sehr gut aussah. Muskulös, mit breiten Schultern, einem umwerfenden Lächeln, die haarige Brust kaum vom eng sitzenden T-Shirt verdeckt. Ein saftiger Hintern in engen Jeans. Er tanzte vor mir herum und beäugte mich und warf mir »Komm schon!«-Grinser zu. Es war heiß. Ich stand an der Bar und fächelte mir mit einer Getränkekarte Luft zu.
    Als er sich näherte, konnte ich seinen Moschusschweiß riechen und sein Parfüm. Sein Atem verriet mehr als nur ein Bier. Er fragte mich nicht: »Kennen wir uns nicht?« Er bot mir nicht den lahmen Spruch an: »Du schaust so einsam aus.«
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