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Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert
Autoren: Ma2
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PROLOG
    Die Wände der Höhle bestanden aus Stein und Eis, doch ganz tief in ihrem Inneren loderte Feuer. In dem felsigen Boden klaffte ein gezackter Spalt, aus dessen Tiefen dumpfes Rumpeln und ein trübroter Schein drangen, der im Rhythmus des Rumpelns pulsierte. Flüssiges Gestein war aus dem Boden ausgetreten und hatte sich in einer Vertiefung im Herzen der Höhle zu einem feurig leuchtenden See gesammelt. Darüber hing rötlich schimmernd ein gewaltiger Block aus schwarzem Basalt, ein provisorischer Amboss. Die Schläge eines Hammers mischten sich in das Rumpeln der Erde und ließen den schwarzen Felsen erzittern.
    Unermüdlich schlug der Schmied, ein untersetzter stämmiger Mann, auf den glühenden Metallstreifen vor ihm ein. Er mochte um die fünfzig Jahre alt sein. Sein noch volles Haar und sein Bart waren ergraut, doch hatte er sehnige Glieder und blitzende Augen und schien immer noch im Vollbesitz seiner Kräfte. Grimmig beugte er sich über sein Werk, als wolle er es vor fremden Blicken schützen.
    Die Hammerschläge wurden höher und schärfer, dann immer leiser, bis nur noch ein Klopfen zu hören war. Das grellweiß leuchtende Metall verfärbte sich rot. Der Schmied trat einen Schritt zurück und stieß einen Seufzer aus.
    »Ist es fertig?«
    Eine junge Frau trat aus dem Hintergrund der Höhle. Sie schien wie die Höhle aus Eis und Schatten zu bestehen: eine schlanke Gestalt mit schwarzen Haaren und einer Haut, die fast so farblos war wie das weiße Unterkleid, das sie trug. Ihre Augen allerdings glänzten erwartungsvoll.
    Der Schmied hob das faltige Gesicht und sah sie zum ersten Mal an.
    »Es ist fertig«, sagte er ernst und mit düsterer Miene. »Dein Entschluss ist gefasst?«
    »Ja!« Ihre Stimme klang fest.
    »Dann ist es Zeit.« Der Schmied kniete sich neben der primitiven Schmiede nieder. In den Basalt des Höhlenbodens war ein Kreis von einigen Armlängen Durchmesser eingeritzt, und in diesem Kreis lag ein fein gearbeiteter metallener Panzerhandschuh. Der Schmied hob den Handschuh so vorsichtig auf, als sei er aus Glas gefertigt, und betrachtete ihn eingehend mit dem Stolz des Handwerkers. Der Handschuh glitzerte sogar im Dunkel außerhalb des Feuerscheins. Die vielen Hundert winzigen Glieder reflektierten das Licht wie Fischschuppen. Der Schmied seufzte wieder und schlüpfte mit der rechten Hand hinein. Der Handschuh passte wie eine zweite Haut.
    Der Schmied stand auf und nahm das noch rauchende Schwert vom Amboss. Er spannte dabei die Schultern an, als wiege es unerwartet viel. Schwer atmend verharrte er einen Augenblick, dann hob er es an und trat in den Kreis auf dem Boden.
    Die Frau trat rasch neben ihn und stimmte leise eine Art Singsang an, der rasch zu einer schrillen Klage anschwoll. Den Blick hielt sie unverwandt auf das vom Feuer beleuchtete Schwert gerichtet. Sie verstummte und neigte den Kopf. Der Alte senkte das Schwert, bis die Spitze ihre Brust oberhalb des Herzens berührte. Er zögerte, doch die Frau griff mit beiden Händen nach der rauchenden Klinge und zog sie mit einem Ruck, der ewig zu dauern schien und zugleich kürzer als ein Herzschlag war, zu sich.
    Es zischte und die Frau verzog jäh das Gesicht vor Schmerzen, blieb jedoch stumm. An ihrer Stelle schrie der Alte, der immer noch das Heft des Schwertes hielt. Das Blut der Frau lief an der Klinge entlang und tropfte rot auf ihr weißes Kleid. Eingehüllt in den Dampf, der von der zischenden Klinge aufstieg, sahen die beiden einander an. Das Gesicht der Frau glättete sich wieder. Unter ihren Händen leuchtete ein heller Schein auf, der sich wie Frost über das Schwert und ihre nackten Arme ausbreitete. Das Licht erfüllte den auf den Boden eingeritzten Kreis und leuchtete schließlich sonnenhell. Die Schatten wichen zu den Wänden der Eishöhle zurück. Die Frau hatte sich wieder beruhigt und lächelte schwach. Sie wirkte auf einmal seltsam körperlos, als scheine das Licht durch sie hindurch.
    Eilige Schritte erklangen und ein Mann stürzte in die Höhle.
    »Nein!«
    Er klang verzweifelt und war seiner Stimme nach zu urteilen noch jung, obwohl man ihn in der Nacht außerhalb des gleißenden Schwertes kaum sah. Er rannte zu dem Kreis – und prallte vor dem gleißenden Licht zurück wie vor einer Mauer. Lautlos schlug er mit den Fäusten dagegen.
    »Bitte!«, schrie er. »Nehmt mich an ihrer Stelle!«
    Die Frau in dem Kreis sah ihn an und lächelte wehmütig. Ihr Körper wirkte erstarrt und seltsam unwirklich. Als sie
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