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Kismet Knight

Titel: Kismet Knight
Autoren: Lynda Hilburn
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deutlich, dass ich es an seinen Lippenbewegungen ablesen konnte: »Ja! Heb es auf!«
    Das Schwert!
    Ich bin wirklich etwas begriffsstutzig.
    Wo ist eigentlich dieser ZZ-Top-Vampir geblieben, der den Eingang bewacht hat?
    Ich griff nach der Klinge, die viel schwerer war, als ich erwartet hatte. Ich gedachte, sie Bryce in die Brust zu stoßen – schließlich wusste jeder, dass man einen Vampir umbringt, indem man sein Herz durchbohrt. Ich konnte nur hoffen, dass das nicht auch wieder zu den Hollywoodmythen zählte.
    Bryces Hals war fast vollständig geheilt, und er hob gerade den Kopf vom Boden, als ich das Schwert herabsausen ließ, wobei ich auf seine Brust zielte.
    Stattdessen schlug ich ihm den Kopf ab.
    Dieses Mal quoll das Blut heraus, statt zu spritzen.
    Ich hörte, wie Raleigh Bryces Namen kreischte.
    Das vielfache Keuchen, das aus dem Ring der mittlerweile verstummten Sänger aufstieg, veranlasste mich, den Kopf zu heben. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Ein paar von den Vampiren taten einen Schritt nach vorn, als wollten sie mir das Schwert entreißen.
    Ich hatte nicht vor, das zuzulassen. Mein Hirn hatte auf Autopilot geschaltet, und ich wusste nur, dass ich mein Ziel verfehlt hatte.
    Bevor sie irgendetwas unternehmen konnten, hob ich das Schwert ein zweites Mal, umklammerte das Heft mit beiden Händen und rammte Bryce die Spitze ins Herz.
    Das Schwert im Stein. Nur andersherum
.
    In meinem traumatisierten Geisteszustand kam mir die Assoziation vollkommen logisch vor.
    Ich würde mich nie wieder über diese Geschichten von Müttern lustig machen, die Autos anhoben, um ihre Kinder zu retten. Es war ein schweres Schwert, das ich da in Händen hielt, aber ich hatte es geführt, als wäre es aus Aluminiumfolie.
    Das Gefühl von elektrischer Spannung wurde stärker, und die Lichtfunken, die Devereux umgaben, knisterten wie winzige Feuer.
    Bryce hatte gesagt, Blut wäre der letzte Schritt des Rituals. Er hatte einfach nicht damit gerechnet, dass es sein eigenes Blut sein würde. Aber was bedeutete es für Devereux, dass der gesamte Kreis jetzt mit der dicken roten Flüssigkeit überströmt war?
    Er hatte es fertiggebracht, Luzifers Hände aus seinem Haar zu reißen, konnte sich aber nicht von ihm befreien.
    »Kismet?«
    Ich drehte mich um und stellte fest, dass Alan sich aufgesetzt hatte und mich mit offenem Mund anstarrte. Er trug immer noch seine falschen Fangzähne.
    Sein Blick glitt zu Bryces Leiche hinüber – zu beiden Teilen von ihr –, dann zu dem Schwert, dann wieder zurück zu meinem Gesicht.
    Ich kann nur ahnen, wie ich ausgesehen haben muss.
    Okay, wahrscheinlich wirkte ich wie das, was ich war: eine blutüberströmte, traumatisierte, barfüßige, geistersehende Vampirkillerin.
    In meinem nicht recht zurechnungsfähigen Zustand überlegte ich mir kurz, ob ich »Vampirjägerin« auf meine Karten drucken lassen sollte. Aber wahrscheinlich würde es meine Karriere als Vampirtherapeutin eher behindern.
    Ich war nicht einmal sonderlich überrascht, dass Alan unter die Lebenden zurückgekehrt war. Bryce war es gewesen, der ihn gebannt hatte, und Bryce war gerade mitten in einem stark beschleunigten Zerfallsprozess begriffen; es war nachvollziehbar, dass Alan damit seinem Einfluss entkommen war.
    Es ist wirklich merkwürdig, wie klar man mitten in einem Nervenzusammenbruch denken kann.
    Bryces schönes Gesicht hatte wieder sein wirkliches Alter angenommen, und die tief zerfurchte Haut begann zu bröckeln und zu zerfallen wie uraltes Pergament. Büschel seines jetzt grauen und spröden Haars wirbelten in dem von Devereux’ Kampf mit Luzifer verursachten Luftzug über den Fußboden davon.
    Ich drehte mich zu meinem geisterhaften Helfer im Spiegel um und formte mit den Lippen das Wort »Danke«. Er verneigte sich, hob seine Geige ans Kinn und begann, den Bogen mit lebhaften Bewegungen über die Saiten zu führen. Ich wünschte mir, ich hätte die Melodie hören können.
    Offenbar gehört zu meinen Fähigkeiten also auch, dass ich Geister sehen kann. Wer hätte das gedacht?
    Ein Stöhnen von Devereux lenkte meine Aufmerksamkeit wieder zu ihm zurück.
    Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Er stolperte, außerstande, sich auf den Beinen zu halten. Sein Blick traf meinen, und ich sah Furcht in seinen Augen, bevor er auf dem Fußboden zusammenbrach.
    Luzifer beugte sich langsam über ihn.
    In meinen Gedanken flüsterte Devereux: »Ich liebe dich.«
    Etwas an dem Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Resignation,
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