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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer
Autoren: Sue Grafton
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beschleunigte. Nebenbei bemerkte ich, dass sich der Irrgarten aus Bäumen in Kisten irgendwie verschoben hatte. Gassen, an die ich mich von meinen letzten Besuchen erinnerte, waren verschwunden oder um eine Achse gedreht worden, so dass sie jetzt auf parallel gelegene Wege zuliefen. Ich vermochte nicht zu sagen, ob es jetzt mehr oder weniger Bäume waren oder ob man sie nur umgestellt hatte. Vielleicht hatte Hirnes einen Auftrag zur Gestaltung eines Geländes bekommen, für das ein halb hoher Laubengang benötigt wurde.
    Ich brüllte Duffys Namen, in der Hoffnung, ihn im Voraus auf mein Kommen aufmerksam zu machen, aber die Laute schienen von dem tragbaren Wald um mich herum verschluckt zu werden.
    Mark rumpelte immer noch im Wagen hinter mir her, aber wenigstens zwangen ihn die schmalen Biegungen dazu, langsam zu fahren. Ich fühlte mich wie bekifft; alles bewegte sich mit halber Geschwindigkeit — mich eingeschlossen. Mit klopfendem Herzen und abgehacktem Atem kam ich am Geräteschuppen an. Der gelbe Gabelstapler blockierte den Weg. Er stand neben dem Schuppen und hatte einen fünf Meter hohen Baum in einer Kiste auf den Gabeln, der offenbar versetzt werden sollte. Die Tür zum Schuppen stand offen, und blasses Licht rann wie Wasser auf den Weg.
    »Duffy?«, rief ich.
    In seinem provisorischen Zelt brannte Licht, doch er war nirgends zu sehen. Seine Schuhe fehlten, und die Decke, die ich über ihn gebreitet hatte, lag nun zerwühlt am Boden. Ein billiger Topf stand auf der Kochplatte, gefüllt mit einem beigefarbenen Matsch, der wie Bohnenpüree aussah. Ein Plastikpack Weizenmehl-Tortillas lag ungeöffnet auf der unbenutzten Kochplatte. Der Topf war noch warm, also war Duffy vielleicht nur zum Pinkeln hinausgegangen. Ich hörte, wie der BMW schlitternd zum Stehen kam.
    »Duffy!«
    Ich sah auf die Orangenkiste. Duncan Oaks’ Pressausweis, seine Hundemarken und der Schnappschuss lagen noch genau dort, wo ich alles hingelegt hatte. Draußen hörte ich die Wagentür ins Schloss fallen und das Geräusch, wie jemand in meine Richtung rannte. Eilig sammelte ich Duncans Sachen auf und suchte nach einem Ort, wo ich sie verstecken konnte, bevor Bethel auftauchte. Hastig erwog und verwarf ich die Idee, die Sachen in Duffys Kleidern zu verstecken. Der Schuppen selbst war roh und verfügte über wenig Mobiliar und keinerlei Ecken oder Winkel. Da keine Isolation vorhanden war, starrte ich nur auf nackte Bretter und sah nicht einmal einen Werkzeugkasten, in den ich das Zeug hätte werfen können. Ich stopfte mir alles in die hintere Hosentasche, als Mark mit einer Pistole in der Hand in die Tür trat.
    »Ach du Scheiße«, sagte ich.
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir den Kassettenrecorder und das Band geben würden.«
    »Kein Problem«, sagte ich. Ich fasste in meine Umhängetasche, holte den Kassettenrecorder heraus und hielt ihn ihm hin. Vor meinen Augen presste er sich das Gerät gegen den Körper, drückte mit seiner freien Hand die Eject-Taste und zog die Kassette heraus. Dann ließ er den Recorder auf den Lehmfußboden fallen und zertrat ihn mit dem Fuß. Hinter ihm nahm ich eine Bewegung wahr. Duffy erschien in der Tür und verschwand dann wieder außer Sichtweite.
    »Ich kapiere es nicht«, sagte ich. Ich konzentrierte mich auf Mark und bemühte mich, Duffys Anwesenheit nicht durch meinen Blick zu verraten.
    »Was kapieren Sie nicht?« Mark war nicht bei der Sache. Er versuchte, mich im Blick zu behalten, während er in der einen Hand die Pistole und die Kassette hielt und mit der anderen das Band abrollte und herauszog. Das dünne, glänzende Tonband verfing sich in Schlaufen zwischen seinen Fingern und wallte nach und nach zu Boden.
    »Ich begreife nicht, weshalb Sie so nervös sind. Auf dem Band ist nichts, das Sie belasten könnte.«
    »Ich weiß ja nicht, was Laddie gesagt hat, bevor ich gekommen bin.«
    »Sie war die personifizierte Diskretion«, erwiderte ich trocken.
    Mark schmunzelte trotz allem. »Eine echte Kämpferin.«
    »Warum haben Sie Benny umgebracht?«
    »Um ihn loszuwerden. Was haben Sie denn gedacht?«
    »Weil er wusste, dass Sie Duncan umgebracht haben?«
    »Weil er gesehen hat, wie ich es getan habe.«
    »Einfach so?«
    »Einfach so. Nennen Sie’s eine plötzliche Eingebung. Sechs von uns sind mit den Leichensäcken verladen worden. Duncan hat tierisch herumgejammert, aber ich wusste, dass er nicht schwer verletzt war. Bescheuerter Schwächling. Bevor wir abheben konnten, kam der Sani durch
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