Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
sein.
    »Woran ist Lorna gestorben? Konnte man die Todesursache bestimmen?«
    »Tja, das ist genau der Punkt. Sie konnten es nicht feststellen. Man fand sie in ihrer Unterwäsche mit dem Gesicht nach unten auf dem Fußboden, gleich daneben lag ihr Jogginganzug. Ich nehme an, daß sie vom Laufen zurückgekommen ist und sich zum Duschen ausgezogen hat, aber es sah nicht danach aus, als wäre sie überfallen worden. Es ist durchaus möglich, daß sie einen Asthmaanfall hatte.«
    »Aber das glauben Sie nicht.«
    »Nein, das glaube ich nicht, und die Polizei hat es auch nicht geglaubt.«
    »Und sie hat Sport getrieben? Nach allem, was Sie mir bisher erzählt haben, überrascht mich das.«
    »Oh, sie wollte eben in Form bleiben. Ich weiß, daß es Zeiten gab, in denen sie vom Training Atemnot bekam und zu keuchen begann, aber sie besaß so einen Inhalator, der anscheinend half. Wenn sie eine schlechte Phase hatte, schränkte sie das Training ein und nahm es wieder auf, wenn sie sich besser fühlte. Die Ärzte wollten auch nicht, daß sie sich wie eine Invalidin verhielt.«
    »Was hat die Autopsie ergeben?«
    »Der Bericht ist hier drin«, sagte sie und deutete auf die Papiertüte.
    »Es gab keine Anzeichen von Gewalt?«
    Janice schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Ich glaube, wegen der Verwesung waren sie anfangs nicht einmal sicher, daß sie es war. Sie wurde erst identifiziert, als man ihre Zähne mit den ärztlichen Unterlagen verglich.«
    »Ich nehme an, der Fall wurde als Mord behandelt.«
    »Ja, schon. Obwohl die Todesursache nicht feststand, wurde die Sache als verdächtig angesehen. Sie haben Mordermittlungen angestellt, aber es hat sich nichts ergeben. Nun sieht es so aus, als hätten sie die Untersuchung fallenlassen. Sie wissen ja, wie die das handhaben. Ein anderer Fall taucht auf, und sie konzentrieren sich auf den.«
    »Manchmal gibt es in solchen Situationen nicht genug Anhaltspunkte, um etwas herauszufinden. Es bedeutet nicht, daß sie sich nicht jede erdenkliche Mühe gegeben haben.«
    »Ja, das verstehe ich schon, aber ich kann es immer noch nicht akzeptieren.«
    Mir fiel auf, daß sie keinen Blickkontakt mehr hielt, und ich merkte, wie mir das Flüstern der Intuition den Rücken hinaufkroch. Ich betrachtete aufmerksam ihr Gesicht und fragte mich, was ihre offenkundige Unruhe bewirkte. »Janice, gibt es da etwas, was Sie mir nicht erzählt haben?«
    Ihre Wangen färbten sich dunkel, als ob eine Hitzewallung sie überkommen hätte. »Darauf wollte ich gerade kommen.«

2

    Sie griff erneut in die braune Papiertüte und holte eine Videokassette in einer neutralen Schachtel heraus, die sie auf die Schreibtischkante legte. »Vor etwa einem Monat hat uns jemand dieses Band geschickt«, sagte sie. »Ich weiß immer noch nicht, wer es war, und es ist mir ein Rätsel, warum jemand so etwas tut, außer um uns Kummer zu bereiten. Mace war nicht zu Hause. Es lag in einem ganz normalen braunen Umschlag ohne Absender in unserem Briefkasten. Ich habe es aufgemacht, weil unsere beiden Namen daraufstanden. Ich schob es gleich in den Videorecorder. Keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Eine Aufzeichnung irgendeiner Fernsehsendung oder der Hochzeit irgendwelcher Bekannten. Ich wäre beinahe gestorben, als ich es sah. Das Band war eine einzige Schweinerei, und dann war da Lorna, lebensgroß. Ich habe vor Entsetzen aufgeschrien. Ich schaltete es aus und warf es sofort in den Müll. Es war, als hätte ich mich verbrannt. Ich hatte das Gefühl, als müßte ich mir die Hände waschen. Aber dann überlegte ich. Dieses Band konnte ja Beweismaterial sein. Es könnte etwas mit dem Grund zu tun haben, aus dem sie umgebracht wurde.«
    Ich beugte mich vor. »Eines möchte ich genau wissen, bevor Sie weitersprechen. War es das erste Mal, daß Sie davon erfuhren? Sie hatten keine Ahnung, daß sie mit solchen Dingen zu tun hatte?«
    »Absolut keine. Ich war sprachlos. Pornographie? Ausgeschlossen. Nachdem ich es gesehen hatte, fing ich natürlich an, mich zu fragen, ob jemand sie dazu gebracht hat.«
    »Wie? Das verstehe ich nicht«, sagte ich.
    »Sie könnte ja erpreßt worden sein. Sie könnte gezwungen worden sein. Was wissen wir denn schon — womöglich hat sie ja als verdeckte Ermittlerin für die Polizei gearbeitet, was sie sowieso nie zugeben würden.«
    »Wie kommen Sie denn darauf?« Zum ersten Mal hörte sie sich »daneben« an, und ich spürte, wie ich innerlich zurückwich und sie wachsam
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher