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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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die Rede sein kann. Denn auch an uns ist die Globalisierung nicht spurlos vorübergegangen. Aber daran konnte man mal wieder sehen, dass diese Lokaljournalisten nicht die geringste Ahnung von ökonomischen Basiskategorien haben. Dieser Dilettant hat offensichtlich Umsatz mit Gewinn verwechselt.«
    Er räusperte sich verlegen und schob mit abgesenkter Stimme nach: »Entschuldigung, Herr Hauptkommissar, das ist wohl zurzeit ein eher nebensächliches Thema.«
    Damit liegen Sie durchaus richtig, dachte Tannenberg. »Womöglich ist dieser Artikel die Ursache für die Entführung.«
    »Ja, vielleicht.«
    »Aber warum meldet sich dieser Mistkerl nicht?«
    »Es könnte doch sein, dass der Täter inzwischen gemerkt hat, dass er sich das falsche Mädchen geschnappt hat«, meldete sich der Kriminaltechniker zu Wort. Er saß hinter diversen elektronischen Gerätschaften und hatte den Kopfhörer wie ein Stethoskop um den Hals hängen.
    »Aber woher soll er das denn wissen?«
    »Vielleicht hat Emma einen Hinweis auf ihre Identität bei sich: ein Namensschildchen an der Kleidung, irgendwas in der Art in einer Hosentasche. Oder sie hat ihm ihren Namen gesagt. Das kann sie doch schon, oder?«
    »Ja, ja, Em-ma kann sie sagen.« Tannenbergs Gesicht leuchtete auf. »Das wäre natürlich eine Erklärung, eine ziemlich naheliegende sogar.«
    »Nur, was bedeutet das für Emma?«, fragte Mertel leise.
    »Na, was wohl, Karl?«, entgegnete Tannenberg mit leicht überheblichem Unterton. »Er wird sie garantiert bald freilassen. Oder uns zumindest einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort geben. Spätestens, wenn er sich in Sicherheit gebracht hat. Nein, nein, er wird ihr nichts antun.« Verbissen kniff er die Lippen zusammen und schüttelte trotzig den Kopf, so als wolle er partout keine andere Möglichkeit zulassen. »Nein, nein, warum sollte er so was Irrationales tun?«
    Das Telefon läutete. Jedem im Raum fuhr das schrille Geräusch in alle Glieder. Ann-Sophies Mutter rutschte vor Schreck die Zigarette aus der Hand. Sie bückte sich, klaubte den brennenden Glimmstängel vom Parkettboden und nahm einen tiefen, hektischen Zug. Mertel hob seinen Arm. Damit signalisierte er August Krehbiel, mit der Annahme des Gesprächs noch zu warten. Dann gab er das Startzeichen. Der Unternehmer zog das Mobilteil aus der Schale und presste es ans Ohr. Sofort entspannte sich seine Mimik.
    »Es ist nur unser Sohn«, erklärte er und entfernte sich ein paar Schritte von den Kriminalbeamten.
    Tannenberg legte seinem Kollegen eine Hand auf die Schulter. »Karl, du meldest dich bitte sofort bei mir, wenn sich hier auch nur das Geringste tut.«
    »Natürlich, Wolf. Darauf kannst du dich verlassen – hundertprozentig.«
    Ein paar Sekunden später kehrte August Krehbiel zurück. Er reichte Mertel das Mobilteil und wandte sich an den Leiter des K 1. »Ich habe meinen Sohn gerade gefragt, ob er in letzter Zeit irgendwelche Auffälligkeiten bemerkt hat. Aber weder in der Firma noch im privaten Bereich gab’s da irgendetwas Besonderes.«
    »Verdammt und zugenäht«, schimpfte Tannenberg. »Irgendwo muss es doch eine Verbindung des Entführers zu Ihrer Firma, Ihrer Familie oder Ihrem Haus geben. Der oder die Täter haben doch garantiert vorher alles ausbaldowert.«
    An alle gerichtet, forderte er mit eindringlicher Stimme: »Bitte denken Sie noch einmal intensiv darüber nach, ob sich nicht doch irgendetwas Ungewöhnliches in den letzten Wochen ereignet hat. Irgendetwas, das uns einen Hinweis auf den Täter geben könnte. Und sei es nur ein Paketzusteller, der für Ihr Gefühl ein wenig zu lange Ihr Anwesen beobachtet hat. Oder ein Taxifahrer, der Ihnen aufgefallen ist.«
     
     
    11 Uhr 40
     
    Die Vorstellung, nun gleich in Emmas Bettchen nach Haaren suchen zu müssen, jagte Tannenberg eiskalte Schauder den Rücken hinunter, obwohl die Temperatur im aufgeheizten Musikerviertel inzwischen bei Weitem die 30-Grad-Marke überschritten hatte. Auf der sonnenzugewandten Seite der Beethovenstraße waren an fast allen Häusern die Rollläden heruntergelassen. Die vereinzelten Passanten, die sich ebenfalls zu Fuß in diesen Glutofen gewagt hatten, begegneten ihm auf dem südlichen, beschatteten Bürgersteig. Nur eine getigerte Katze sonnte sich von der Bullenhitze offensichtlich unbeeindruckt auf einer ausgetretenen Sandsteintreppe.
    Wolfram Tannenberg betrat sein in der Beethovenstraße gelegenes Elternhaus. Er ging die knarzende Holztreppe hinauf ins erste Obergeschoss zu
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