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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners
Autoren: John Brunner
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sich seitlich um das Bett her- umquetschen mußte, wenn er es frisch beziehen wollte; und was er als sein >Pseudo- oder auch Wohnzimmer< bezeichnete, war trotz einer Wand voller Elektronik mit Fernsehapparat, Stereoanlage samt Kassettendeck und
    Radio-Tuner kaum dazu angetan, seine Besucher vom Hocker zu reißen, schon gar nicht seine weiblichen.
    Nein, das war nicht wahr — seine Verbitterung war lediglich das Ergebnis eines schlechten Tages und des schlechten Wetters. In Wirklichkeit fehlte es ihm nicht an vorzeigbaren Freundinnen, obwohl er selbst auch bei
wohlwollendster Bemühung der Phantasie nicht als gut- aussehend eingestuft werden konnte. Er war mittel- groß, einigermaßen schlank, in einem einigermaßen or- dentlichen Gesundheitszustand, mit dunklem Haar und
braunen Augen. Nichts an ihm war außergewöhnlich, nicht einmal seine Stimme. Es war sogar so, daß er je-
desmal, wenn er sich selbst auf Tonband hörte, einen Schreck bekam, wie sehr sie jeder beliebigen englischen
Ansagerstimme im Radio oder Fernsehen glich — der gemeinsame Stimmnenner sozusagen ...
    Als er ans Fernsehen dachte, fiel ihm ein, daß es Zeit für die Nachrichtensendung war, und er schaltete den Apparat ein; er stellte fest, daß das Hauptthema eine Story war, über die auch er geschrieben hatte — Zu- stände, die typisch für diese Zeit waren —, bis zu ei- nem gewissen Punkt, als er der Sache überdrüssig wur- de. Wieder mal hatte eine Gruppe von schwarzen Flüchtlingen, dem Verhungern und Verzweifeln nahe, den cordon sanitaire, den die Südafrikaner an ihrer nörd- lichen Grenze immer noch aufrecht erhielten, gewalt- sam überschritten und waren gebührend niederge- schossen worden mit der Begründung, sie seien Über- träger biologischer Kriegswaffen< ... Es bestand kein Zweifel daran, wer diesen speziellen Zermürbungskrieg gewinnen würde: die Afrikaner besaßen, wie die ande- ren wohlhabenden, fortschrittlichen Nationen, den Impfstoff gegen AIDS, während ihre Gegner nur AIDS hatten. Zur Zeit wurde der Anteil an Infizierten in Ke- nia, Uganda und Angola auf fünfzig Prozent geschätzt.
Welche Armee konnte gegen einen so unfaßbaren und heimtückischen Gegner etwas ausrichten?
    Der nächste Beitrag beschäftigte sich mit einer Spei- sefarbe, von der sich herausgestellt hatte, daß sie die In- telligenz bei Kindern beeinträchtigte — ungefähr zehn Jahre zu spät, um die Opfer noch zu retten. Diesem Thema schenkte er ernste Aufmerksamkeit, machte sich sogar Notizen.
    Stories mit einem medizinischen Hintergrund waren das, was die Redaktionen am dringendsten von ihm wollten, aufgrund der Art und Weise, wie er in diesen
hochspezialisierten Bereich hineingerutscht war. Mit Anfang Zwanzig war er Student an einer Londoner Lehrklinik gewesen mit der Hoffnung, irgendwann ein- mal in die allgemeine medizinische Praxis überwechseln zu können. Als er die Halbzeit seines Studiums erreicht hatte, ohne besondere Fortschritte zu machen, lernte er zufällig einen wissenschaftlichen Mitarbeiter von TV-
Plus kennen, dem Außenseiter der britischen Fernseh- stationen, der eine Einschaltquote von nicht einmal zehn Prozent der Zuschauer hatte, der jedoch andau- ernd mit großangelegten Stories aufwartete, an die sich die Konkurrenz nicht heranwagte. Der Produzent der Wissenschaftsserie Continuum plante eine Dokumenta-
tion über die neuesten Errungenschaften der Medizin. Peter war in der Lage, nützliche Informationen zu lie- fern, und er verhinderte, daß ein schwerwiegender Feh- ler auf den Bildschirm gelangte — wofür er in einer Danksagung gebührend Anerkennung erhielt.
    Sehr zum Ärger seines Professors, der bei seinen Studen- ten keine Aktivitäten außerhalb der Universität duldete.
    Es folgten Ermahnungen und Tadel und die nicht all- zu freundliche Empfehlung, das Studium anderswo fortzusetzen. Als er bei TV-Plus anrief, um sich darüber zu beschweren, was ihm widerfahren war, löste er eine überraschende Reaktion aus: Der Produzent sagte, er sei sehr beeindruckt von der Art, wie Peter selbst schwerverständliche Themen darstellte, und der wis- senschaftliche Mitarbeiter, den er kennengelernt hatte,
    habe gekündigt, so daß jetzt eine Stelle frei sei. Ob er nicht Lust hätte, zu einem Bewerbungsgespräch vorbei- zukommen?
    Er bekam den Job, und die folgenden acht Jahre arbei- tete er mit dem Team zusammen, das Jahr für Jahr in sechsundzwanzig von zweiundfünfzig Wochen die Sen- dung Continuum zusammenstellte, wobei seine
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