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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners
Autoren: John Brunner
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Mutter nicht anstarren. Doch der Spaß ließ bald nach, und er wandte sich wieder sei- nem Computer zu. Er war an einem Modem ange- schlossen, der ihm den Zugriff auf ein internationales
Datennetz ermöglichte, und er arbeitete mit einem Pro- gramm, das er sich selbst ausgearbeitet hatte und von dem er sich interessante Ergebnisse versprach.
    Dieser große, kühle, niedrige Raum, der im rechten Winkel an den älteren Hauptteil des Hauses angebaut war, war sein persönliches Königreich. Ein Vorhang vor einer Nische verbarg sein Bett und die Tür zum angren- zenden Badezimmer. Regale an allen Wänden waren
vollgepackt mit Büchern und Tonbändern, so daß kaum
    noch Platz blieb für seine Stereoanlage und den Fernseh- apparat; der letztere murmelte mit heruntergedrehter Lautstärke vor sich hin. In der Mitte der Fläche stand ein Schreibtisch mit seinem Computer darauf; aus den halb aufgezogenen Schubladen quollen unordentlich Papiere. Der übrige Raum war zum größten Teil ange-
füllt mit Erinnerungsstücken an vergangene und gegen-
wärtige Interessen: entlang einer Wand ein umfangrei-
ches Heimlabor, einschließlich eines gebraucht erstan- denen Elektronik-Mikroskops und einer Ausrüstung zur Genanalyse und Bastelei mit Enzymen und Ribozy- men; auf einer anderen Seite eine Werkbank mit einer
Reihe von versenkten Holzbearbeitungswerkzeugen; an einer anderen Stelle ein zusammengebrochener Heim- roboter, den er halbwegs repariert und abgewandelt hatte; in der hintersten Ecke eine Staffelei mit einem
verlassenen Porträt und daneben Gläser mit Pinseln, an denen die Farbe vor etwa sechs Monaten getrocknet war ...
    Die Luft war angefüllt mit sanfter Musik. Aus einer Laune heraus hatte er seinem Auto-Composer eingege- ben, eine Fuge nach einem eigenen Thema unter Benut- zung der traditionellen Instrumente einer Dixieland- Jazzband zu erschaffen. Das Ergebnis, so fand er, war ziemlich eindrucksvoll.
    Das Computerprogramm schien noch ein ganzes Stück vom Ende seines Durchlaufs entfernt zu sein. Als der Fernsehapparat etwas kaum Hörbares erzählte von Aufständen in einem halben Dutzend Großstädten, blickte David gelangweilt zum Bildschirm. Eine Meute, die sich hauptsächlich aus jugendlichen Farbigen zu- sammensetzte, schleuderte Steine in ein Schaufenster. Als er mit der Fernbedienung den Ton lauter stellte,
schnappte er den Namen eines Softdrinks auf und kräu-
selte die Lippen. Sie protestierten also gegen den Erlaß
der Food And Drug Administration, mit dem CrusAde verboten worden war. Dummheit auf der ganzen Linie!
    Etwas an der Art, wie für das Zeug geworben worden war, hatte ihn stutzig gemacht, und es war nicht nur die Behauptung, daß man durch den Kauf eine gottgefällige Sache unterstützte — angeblich floß die Hälfte des Ge-
winns einer Fundamentalistenkirche zu, die inzwischen
schon so viel wert war wie eine Fußballmannschaft der Unterliga. Daraufhin hatte er sich eine Dose gekauft, nicht etwa zum Trinken, sondern zum Analysieren, und einige Wochen zuvor hatten die Prüfer der FDA die dar- in enthaltene Spur einer Designer-Droge gefunden; es handelte sich dabei weniger um ein Aufputsch- als um
ein reines Suchtmittel.
    Er hatte keine Mühe, die Droge zu identifizieren. Es war eine seiner eigenen Erfindungen und erfreute sich bei den Dealern, die er damit belieferte, besonderer Be- liebtheit, weil es die Verbraucher fast genauso schnell abhängig machte wie Crack — fast so schnell, um genau zu sein, wie das legendäre (nach Davids Ansicht zum Mythos hochstilisierte) Big L.
    Wie sich die Hersteller von CrusAde jemals einbilden konnten, ungeschoren davonzukommen, das mochte der Himmel wissen. Vielleicht hatten sie einfach darauf gehofft, sich den Vorteil des ständig wachsenden Miß- trauens der Bevölkerung zur Regierung und deren Un- beliebtheit zunutze machen zu können.
    Und/oder die immer weiter reichende Immunität, die die Kirchen durch das Inkrafttreten eines neuen Geset-
zes genossen.
    Der Computer piepte. Er drehte sich wieder zu ihm um. Und raufte sich wütend die Haare. Entweder ent- hielt sein Programm einen Haken, was er bezweifelte, oder die Daten, auf die er scharf war, waren einfach nicht zu knacken. Oder, das konnte natürlich auch sein,
sie waren on-line nicht verfügbar. Das letztere erschien ihm am wahrscheinlichsten, wenn man bedachte, welch vertraulicher Natur sie waren.
    Nun, damit war die Sache besiegelt. Harry Shay
    mußte mit seiner Familie für eine gewisse Weile wieder
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