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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners
Autoren: John Brunner
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daß die Völker schließlich sogar erkennen, daß es zwischen ihnen nur künstlich zugespitzte Gegensätze gibt.
    Das Rezept klingt ja auch einfach genug:
    »Es heißt, wir seien zur Vernunft fähig: wir fanden es
    richtig, unsere Schlußfolgerungen ebenso auf uns selbst wie auf unsere Umgebung anzuwenden. Und es hat sich ausgezahlt«, diese Rasse hat überlebt.
    Einige dieser Schlußfolgerungen wurden auch auf der Erde schon gezogen ... nur fehlten offenbar stets die Voraussetzungen, sie konsequent zu beherzigen:
    »Ein Gelöbnis wird mit klarem Verstand abgelegt, Träume zerstören die Erinnerung daran...«, daher »müssen wir zu allen Zeiten und für immer von Leben statt von Tod sprechen; wir müssen den Wahn der Träu- me bekämpfen und uns auf die Vernunft konzentrie- ren ...«
    Bei John Kilian Houston Brunner klingt alles so ein- fach, so selbstverständlich, möglicherweise könnte auch
alles so einfach, so selbstverständlich sein ... in einer anderen Welt, mit anderen Menschen ...
    Oder hier, heute. Wenn einmal mehr gewußt und we- niger geglaubt wird, mehr gedacht und weniger kritik- los, ohne zu fragen, übernommen.
    Wenn die Welt, wie sie ist, als die einzige erkannt wird, die wir haben, und wenn wir einsehen, daß es sich lohnt, sie zu verteidigen gegen die, die sie ruinieren wollen oder eintauschen gegen eine andere, womöglich sogar jenseitige, und die im Gegengeschäft für ihre lee-
ren Versprechungen Untätigkeit verlangen, Maulhalten, schlachtviehmäßiges Sterben für irgendwelche -ismen.
    Brunners Bücher sind Appelle, alle gleichsam unter einem Motto zu lesen, zu verstehen:
    »Besser ist es, den Stoff des Lebens zu gebrauchen, als den Stoff des Todes.«
    Aber Brunner ist in der Tradition der Aufklärung von Wieland über Moritz ... bis herauf zu Arno Schmidt ein
literarischer Schreckensmann, ein Pessimist mit Guten Gründen — also faßt er mit seinen Appellen wie alle seine Vorgänger zwangsläufig und traurig-traurig ins Leere.
    Seine optimistischen >Finali< sind Wunschdenken, lei-
    der nur ein guter Rat, leider an der Realität vorbei, die seit der kurzen Periode der geschichtlichen Aufklärung keinen besonders guten Draht zur Vernunft zu haben scheint. Erschreckend daher und zu weiteren, schlimm- sten Befürchtungen Anlaß gebend, wie nahtlos sich Brunners Abschluß des 20. Jahrhunderts, der Einstieg ins 3. Jahrtausend u. Z. nicht nur an seine Großen Wer-
ke der (vergleichsweise geradezu optimistischen) 60er- Jahre anschließt, sondern, noch deprimierender, wie sehr er in allen seinen Visionen (eher und besser: Inter- pretationen) der sog. >Menschlichkeit<, von der nur logi- schen Entwicklung des sog. >Menschen< recht hatte, wie sehr die tatsächliche Entwicklung Brunners Welten, den
literarischen, entspricht, ja, zum überwiegend tödlichen Teil, diese sogar übertrifft.
    Brutalste, raffinierteste, schrecklichste, ... >normal- ste< Realität ist mittlerweile die weltweit horrend anstei- gende Kinderkriminalität, minderjährige Raubmörder machen New York unsicher, Los Angeles berichtet det- to, Kinder von irgendeinem Bahnhof Zoo knipsen sich mit einer Leichtigkeit aus, wie sie >Glücklichen Träu- mern< nur eigen sein kann oder zum Heldentod ver- rannten Fundamentalisten-Söhnen, Babystrich und Drogensucht unter noch nicht 13-, 14jährigen beschäf- tigen (vorläufig zumindest nur und noch) die Behörden der Großstädte — und genau das ist das Thema in Brunners bitterem Kommentar zum Ausstieg aus dem 2. Jahrtausend, geniale Verbrecher im Schulalter — das sind vordergründig die >Kinder des Donners< (dt. 1990; engl. Orig. >Children of the Thunders 1989): Wieder präsentiert sich eine Welt, die heute schon ahnbar ist,
schon so gut wie wirklich, bloße Momentaufnahme zwischen ... Was schon geschehen ist, was gerade ge-
schieht, was, folgerichtig, logisch, unabwendbar ge-
schehen wird und muß: die Welt total verdatet, Wohn-
raum fast unerschwinglich, neben unsichtbaren, mora- lisch bankrotten Regierungen regiert nur Gott Mam-
    mon, es gibt keine Nachrichten ohne »politische Krisen,
ökonomische Katastrophen, ökologische Desaster, Krie-
ge, Hungersnöte, Berichte über Flüchtlinge und Vertrie- bene« ... und es tobt eine neue Art Krieg: zwischen den Ländern, die sich das sündhaft teure Serum gegen AIDS leisten können und denen, die nur AIDS haben.
    Obskurantentum hat übernommen, überreiche fun- damentalistische Kirchen kaufen sich mit ihren Spen-
den-Milliarden in die Zentren
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