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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners
Autoren: John Brunner
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zum Überlaufen zu bringen, mußte er noch erleben, daß wieder einmal ein seit ewi- gen Zeiten nicht reparierter U-Bahn-Schacht zusam- men gebrochen und die Strecke in sein Viertel stillgelegt worden war, so daß er mit dem Bus fahren mußte; und während er an der Haltestelle wartete, hatte es auch noch angefangen zu regnen.
    Unter lauten Verwünschungen knallte er seine Ak-
tentasche mit dem Packen Konferenzunterlagen und Werbematerial auf einen Stuhl, breitete seine feuchte Jacke über die Lehne, damit sie dort trocknete, und schleuderte die Schuhe von den Füßen; auch sie waren patschnaß, weil er gleich in eine der ersten Pfützen des
Unwetters getappt war. Auf Socken schlurfte er zu der türlosen Wandnische, die ihm als Küche diente, fand ei- ne halbvolle Flasche Whiskey und goß viel davon auf
wenig Eis. Nach dem zweiten Schluck beruhigte er sich
    etwas. Es gab einen Aspekt, den er ausbauen konnte, wenn er auch alles andere als ideal war. Einer der Red- ner — der einzige mit einem gewissen Sinn für Humor — hatte einen Teil seiner Rede der Aufklärung gewid- met, mit welchem Unverständnis immer noch viele laienhafte Computerbenutzer reagierten, wenn sie mit der Notwendigkeit konfrontiert wurden, einen Sicher- heitscode einzurichten. Die meisten der Zuhörer waren ernst dreinblickende junge Männer und Frauen (eine unerwartet große Anzahl der letzteren, was ebenfalls ei- ner Erwähnung wert wäre), denen es mehr um die ma-
thematischen Gesichtspunkte ihrer Arbeit ging als um den Wert für die Firmen, die versuchten, Industriespio-
ne davon abzuhalten, sich Zugriff auf ihre Forschungs-
daten zu verschaffen, doch einige der vorgebrachten
Beispiele hatten selbst sie zu höhnischem Gelächter hingerissen. Ganz besonders dieser eine Fall von dem Generaldirektor einer Firma ...
    Doch es war an der Zeit, mit dem Denken aufzuhören
und mit dem Schreiben zu beginnen! Die Uhr in seinem Computer zeigte halb acht an, und er war mit Nach- druck ermahnt worden, daß sein Artikel via Modem vor neun eingehen mußte, wenn er noch in den Ausgaben Schottland und West Country erscheinen sollte. Trotz des Umstandes, daß sich die Geschäftsleitung des Comet rühmte, die fortschrittlichste Technologie aller Zeitun- gen in Großbritannien zu besitzen, übernahmen die
Außenbüros die Manuskripte aus London noch lange nicht, ohne sie mit entsprechendem Zeitaufwand für ih-
re lokale Leserschaft redaktionell zu bearbeiten. Viel- leicht war das die Erklärung dafür, daß die Zeitung die angestrebte Auflage nie erreicht hatte und daß über sie das Gerücht ging, sie bewege sich am Rande des Ruins.
    Voller Abscheu bei dem Gedanken, welchen Machen- schaften durch unfundiertes pseudowissenschaftliches Gewäsch der Weg geebnet werden könnte, kramte Peter
    seinen Taschenmerker aus der Jacke, übertrug dessen
Inhalt in den Computer und machte sich daran, grobe
Notizen in eine brauchbare Story umzuwandeln. Der Regen, der auf das Schieferdach trommelte, bildete ei- nen trostlosen Kontrapunkt zum Klacken der Tasten.
    Zu guter Letzt unterschritt er seinen Abgabetermin um
ein angenehmes Maß. Er war sogar einigermaßen zu- frieden mit der Art, wie er die Schwerpunkte der durch- aus witzigen Rede dargestellt und die mathematische
Seite heruntergespielt hatte, ohne sie ganz zu ignorie- ren. Er feierte das Ergebnis, indem er sich noch einen Drink eingoß, und dann wanderte er auf und ab, um sich die Beine zu vertreten. Er war nicht nur vom langen Sitzen an der Computertastatur steif geworden, son- dern auch davon, daß er den Großteil des Tages auf Pla-
stikstühlen verbracht hatte, die offenbar für den Austra-
lopithecus konstruiert waren. Aber ganz sicher würde er noch einen Anruf bekommen, sobald der Chefredakteur Zeit gefunden hatte, seinen Text zu lesen, so daß er es
trotz stärker werdender Hungeranfälle nicht wagte aus- zugehen, um irgendwo noch einen Bissen zu essen.
    Das Warten wurde jedoch ein langes Warten, und un- terdessen kehrte seine vorherige Stimmung der Depres- sion und Frustration zurück. Er war jetzt Ende Dreißig
und hatte seiner Meinung nach etwas Besseres verdient als diese Wohnung hier. Die höflichste Bezeichnung, mit der man diese Unterkunft beschreiben konnte, war >kompakt<: dieser Raum, in dem er arbeitete, mit seinem Computer und der Bibliothek mit den Nachschlagewer- ken; ein Schlafzimmer, in das wie mit einem Schuhlöffel noch eine Dusche und Toilette hineingezwängt waren und das so eng war, daß er
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