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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern
Autoren: Andreas Eschbach
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als alle Welt herumzukommandieren, immer um die Wette. Und mit den Frauen machten sie, was ihnen gerade in den Sinn kam …
    Aber nicht mit mir!
    Sie spürte diese Wut und die Entschlossenheit, sich nicht beherrschen zu lassen, und fragte sich, ob sie irgendwann angefangen hatte, mit Männern zu schlafen aus dem Grund, sich zu beweisen, dass letztendlich sie es war, in deren Händen die Macht lag?
    Ich gehe ungern, erkannte Kelwitt.
    Er spürte, wie er zögerte. Warum? Was hielt ihn auf diesem Planeten, dessen Luft ihm nicht bekam, dessen Nahrungsmittel er nicht vertrug, auf dem er es mit Mühe und Schmerzen einige Perioden ausgehalten hatte?
    Die Bewohner? Einige hatten ihn verfolgt, aber die Erdbewohner des Mattek-Schwarms hatten für ihn gesorgt, ihn beherbergt, getan, was sie konnten, damit es ihm gut ging.
    Dafür war er ihnen dankbar, und er fühlte sich ihnen freundschaftlich verbunden. Aber er konnte nicht bei ihnen bleiben.
    Ich hätte gern mehr von dieser Welt gesehen. Es tat ihm leid, dass er die ganze Zeit mehr oder weniger isoliert hatte zubringen müssen.
    Und nun sollte er zurückkehren und sich entscheiden, ob er in die Berge zu den Lederhäuten ging oder zu einem der anderen Schwärme der Donnerbucht? Keines von beiden würde ihn glücklich machen. Er wollte etwas sehen vom Universum …
    »Tik, meinst du, dass mich die Sternfahrer jemals aufnehmen würden nach dem, was ich mir hier geleistet habe?«
    Ein zweiter fahler Lichtkegel fiel herab, berührte unweit der Gruppe den Boden. Ein paar Schneeflocken begannen darin emporzusteigen und zeigten so, was mit dem geschehen würde, der in den hellen Kreis trat.
    Kelwitt verabschiedete sich von allen, die ihm nahe gewesen waren, auf seine eigene Art und auf die Art der Menschen, dann ging er über das ungepflügte Feld und ließ sich sacht nach oben tragen wie von einem unsichtbaren Aufzug.
    »Komm wieder!«, rief ihm Sabrina nach.
    »Oder schreib ’ne Karte!«, schrie Thilo.
    »Komm gut nach Hause!«, wünschte ihm Nora.
    Kelwitt winkte ihnen zu, wurde immer kleiner und schließlich vom Rumpf des Mutterschiffs aufgesogen. Der Lichtfinger erlosch. In der plötzlichen Dunkelheit sah man in der Ferne Leuchtraketen aufsteigen, Schwärmer und Heuler und prächtige Diamantkaskaden. Es war Mitternacht, das neue Jahrtausend hatte begonnen. Über ihnen hob sich das Raumschiff aus den Tiefen der Milchstraße so lautlos, wie es sich herabgesenkt hatte, und verschwand.
    Am nächsten Morgen hatte die Augenöffnerblume aufgehört zu blühen, war der Duft verflogen. Die Menschen waren wieder in ihrem normalen, halb wachen Zustand gefangen, erinnerten sich allenfalls, dass etwas anders gewesen war in dieser Nacht, was sich aber leicht auf den Jahrtausendwechsel schieben ließ.
    Doch wie sagen die Weisen auf dem vierten Planeten von Telekis Stern? Den Duft der Augenöffnerblume zu riechen ist der erste Schritt einer Reise, die überall hingehen kann. Es ist der wahre Duft der Freiheit.
    Und wenn die Augenöffnerblume blüht, weht sie neue Samen hinaus in die Welt, die wiederum neue Blüten tragen, und immer so fort …
    ENDE

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