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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern
Autoren: Andreas Eschbach
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durch das glitzernde Schneetreiben lenkte, sah plötzlich hoch, suchte im Rückspiegel Noras Blick und zögerte.
    Nora hatte es bemerkt. »Was ist, Sybilla?«
    »Ich hatte gerade das Gefühl«, meinte Sybilla zögernd, »dass jemand ganz intensiv an Sie denkt.«
    »Mein Mann wahrscheinlich. Er wird schon krank sein vor Sorge …«
    Sybilla schüttelte den Kopf. »So fühlte es sich nicht an.«
    Nora hielt inne, als spüre sie auch etwas. »Sabrina.« Sie zog das Mobiltelefon aus der Tasche und schaltete es ein.
    Nichts geschah.
    »Jetzt wissen die, wo wir sind«, brummte Thilo nervös. »Sie können richtig zugucken, wie wir auf ihre Falle zurollen. Echt klasse.«
    Sybilla schaute unglücklich drein und konzentrierte sich wieder aufs Fahren. »Ich hätte wirklich wetten können …« In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Nora riss es ans Ohr, hätte fast vor Aufregung die falsche Taste gedrückt, meldete sich und schrie dann fast: »Sabrina, mein Kind! Ja, ich bin’s! Wo bist du?«
    »Ha!« frohlockte Sybilla und lächelte ihrem Spiegelbild in der Windschutzscheibe glücklich zu.
    »Sie hat mit ihrer Mutter telefoniert«, berichtete der Abhörspezialist. »Von der Telefonzelle am Ortsausgang. Zuerst hat sie versucht, zu Hause anzurufen, aber da ging niemand an den Apparat …«
    »Logisch«, nickte Hase. Wiesels Leute hatten die Abhöranlage falsch angebracht. Man hätte zwar jedes Gespräch mithören können, aber durch die Anlage kamen auf dieser Leitung keine Verbindungen mehr zustande.
    »Dann hat sie ihre Mutter über das Mobiltelefon erreicht. Das Seltsame ist, dass ihre Mutter das Telefon erst ungefähr eine Minute vor dem Anruf ihrer Tochter eingeschaltet hat.«
    »Wahrscheinlich hatten sie sich verabredet.«
    »So klang das aber nicht. Es klang, als habe sie zufällig in ihrem Geldbeutel einen Zettel mit der Mobiltelefonnummer ihrer Eltern gefunden. Ihrer Freundin sagte sie, dass es wahrscheinlich aussichtslos sei, es zu versuchen. Und im Gespräch mit ihrer Mutter wiederholte sie mehrmals, wie unglaublich sie das finde, sie erreicht zu haben.«
    Hase rieb sich das Kinn. Das war wirklich merkwürdig. »Worüber haben sie gesprochen?«
    »Wir haben natürlich nur das mitbekommen, was das Mädchen gesagt hat. Zuerst hat ihre Mutter ihr etwas erzählt, worauf sie sagte: ›Das ist ja großartig. Dann haben sie verabredet, sich um halb zwölf zu treffen, und zwar bei dem Transformatorenhäuschen an der Landstraße. Ich habe nachgeschaut, das ist keine dreihundert Meter vom Liegeplatz des fremden Raumschiffs entfernt.«
    »Ja«, nickte Hase, »ich sagte doch, dort wollen sie hin. Wo befand ihre Mutter sich während des Gesprächs?«
    Der Abhörspezialist umkreiste ein enges Gebiet auf der Karte des weiteren Umkreises. »Das Telefon war angemeldet beim Sender in Obersteinhofen und wechselte während des Gesprächs in den westlich benachbarten Quadranten.«
    Hase betrachtete die Karte. »Sie bewegen sich also auf uns zu. Aber man braucht doch keine zweieinhalb Stunden von Obersteinhofen bis hierher!?« Er rieb sich wieder das Kinn, ohne die allmählich sprießenden Bartstoppeln zu bemerken. »Das ist wirklich merkwürdig. Was haben die vor?«
    Im Raumschiff schien man nicht weniger erleichtert zu sein, ihn heil vorzufinden, als er es war. Offenbar hatte es einen Maschinenschaden in der Nähe von Nokints Stern gegeben, der sie so lange aufgehalten hatte. Kapitän Handuma ließ ihm über Tik sein tiefes Bedauern ausrichten und versprach, ihn für das erlittene Ungemach zu entschädigen.
    Dass er, Kelwitt, ohne Erlaubnis auf einem bewohnten Planeten gelandet, ja sogar bruchgelandet war, schien dagegen niemanden groß aufzuregen. Er bekam sogar den Eindruck, dass die Sternfahrer das amüsant fanden.
    Jedenfalls würde man ihm nicht die Schuppen ausreißen deswegen.
    Also war dies die Zeit des Abschieds. Die Erdbewohnerin mit dem langen schwarzen Kopfpelz, die das große Fahrzeug gesteuert hatte, hatte es wieder auf einem freien Platz abgestellt, weil sie erst kurz vor dem Eintreffen des Raumschiffs zum Treffpunkt fahren wollten. Dort würden sie auch S’briina noch einmal treffen, sodass er auch von ihr Abschied nehmen konnte. Lediglich F’tehr würde er nicht mehr sehen. Kelwitt vollführte die traditionellen Gesten des Abschieds, auch wenn ihm klar war, dass die Erdbewohner damit nichts anfangen konnten. Aber er hatte das Bedürfnis, sich auf seine Weise zu verabschieden. Immerhin sahen sie ihm aufmerksam
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