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Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Titel: Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Autoren: Jennifer Ashley
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und sah Hart durch den Regen auf sich zukommen.
    Wie die übrige Welt teilte sich auch der Nebel für Hart MacKenzies breite Schultern. Die Köpfe der Reisenden wandten sich ihm zu, als sie den berühmten und mächtigen Herzog erkannten.
    »Ich wollte vor deiner Abreise noch einmal mit dir reden«, sagte Hart steif. »Du bist mir ja in letzter Zeit aus dem Weg gegangen.«
    »Ja.« Wenn Ian mit Hart allein war, stieg jedes Mal die Wut in ihm hoch, also hatte er Mittel und Wege ersonnen, nicht mit ihm allein zu sein. Hart versuchte, ihn beiseite zu ziehen, doch Ian blieb stur inmitten aller Menschen stehen.
    Hart seufzte ergeben. »Na schön, du hast ja recht, ich bin skrupellos. Ich hatte keine Ahnung, dass du mich fünf Jahre lang nur hast beschützen wollen.« Er zögerte, sein Blick glitt zur Seite wie Ians so oft. »Es tut mir leid.«
    Ian verfolgte gebannt, wie sich der Dampf der Lokomotive übers Gleis ausbreitete. »Und mir tut leid, dass Mrs Palmer gestorben ist.« Die Wolke wurde immer größer, bis sie sich schließlich auflöste. »Sie hat dich geliebt, aber du hast sie nicht geliebt.«
    »Was redest du da? Sie ist jahrelang meine Mätresse gewesen. Natürlich geht mir ihr Tod nah.«
    »Du hast an ihr gehangen, also wird sie dir fehlen. Aber du hast sie nicht geliebt.« Für einen Augenblick sah er seinen Bruder an. »Ich begreife den Unterschied endlich.«
    In Harts Gesicht zuckte es. »Verdammt. Nein, ich habe sie nicht geliebt. Und ja, ich habe an ihr gehangen. Aber ich habe sie auch benutzt, und bevor du mich noch daran erinnerst, auch meine Frau habe ich benutzt, und beide haben einen schrecklichen Preis gezahlt. Was macht das aus mir?«
    »Ich weiß es nicht.« Ian betrachtete seinen Bruder aufmerksam, und zum ersten Mal sah er nicht nur die stolze, strenge Fassade, sondern den Menschen dahinter. Und aus den Tiefen der bernsteinfarbenen Augen blickte ihm eine gequälte Seele entgegen.
    Ian legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du hättest Eleonore vor Jahren dazu bringen sollen, dich zu heiraten. Dein Leben wäre glücklicher verlaufen.«
    »Mein kluger kleiner Bruder. Eleanor hat mir den Laufpass gegeben, wenn du dich noch erinnerst. Und zwar sehr entschieden.«
    Ian zuckte die Achseln. »Du hättest eben nicht lockerlassen sollen. Es wäre für euch beide besser gewesen.«
    »Mit der Königin von England weiß ich umzugehen, mit Gladstone komme ich zurecht, und ich kann das House of Lords dazu bringen, nach meiner Pfeife zu tanzen.« Hart schüttelte den Kopf. »Doch bei Eleanor Ramsay hört alles auf.«
    Abermals zuckte Ian mit den Achseln, dann nahm er die Hand von Harts Schulter. Seine Gedanken wanderten von den Problemen seines Bruders zum warmen Wartesaal, in dem Beth auf ihn wartete. »Ich muss zum Zug.«
    »Warte.« Hart versperrte ihm den Weg. Sie waren gleich groß und sahen einander direkt in die Augen, Ian musste den Blick leicht senken und fixierte Harts Wangenknochen. »Eine Sache noch. Beth hatte recht, als sie sagte, ich würde dich schamlos ausnutzen, nur mit einem Unterschied.« Hart legte ihm beide Hände auf die Schultern. »Ich liebe dich, wenn ich so unmännlich sein darf, es auszusprechen. Und ich habe dich nicht aus der Anstalt geholt, damit du mir in der Politik hilfst. Ich habe es getan, um dich aus dieser Hölle zu befreien und dir ein normales Leben zu geben.«
    »Ich weiß«, sagte Ian. »Und ich helfe dir auch nicht, weil du es mir befiehlst.«
    Hart bekam feuchte Augen und drückte ihn plötzlich ganz heftig an sich. Mit einem Lächeln oder mit hochgezogenen Brauen quittierten die Menschen auf dem Bahngleis ringsum die Szene.
    Ian hielt Hart fest, drückte ihm die Fäuste in den Rücken. Und als sie die Umarmung lösten, ließ Hart immer noch eine Hand auf Ians Arm ruhen.
    »Bring Beth nach Hause und werdet glücklich. Es ist vorbei.«
    Curry öffnete die Tür zum Wartesaal, und Beth trat heraus. Lächelnd sah sie zu Ian hinüber. »Vielleicht ist es für dich vorbei. Für mich fängt es gerade erst an.«
    Hart machte ein überraschtes Gesicht, nickte dann aber. Beth kam lächelnd und mit ausgestreckten Armen auf die beiden zu und drückte dem perplexen Hart einen Kuss auf die Wange. Dann hakte sie sich bei Ian unter, und gemeinsam gingen sie zum Zug.
    Im Abteil stiftete Curry mit seinen Bemühungen, sie mit allem für die lange Reise zu versorgen, solche Unruhe, dass Ian ihn kurzerhand vor die Tür setzte. Regen und die hereinbrechende Dämmerung verdunkelten den
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