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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung
Autoren: Joy Fraser
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Nachdem ein paar Anstandssekunden verstrichen waren, trat sie ein.
    Hammerstein war hinter seinem vollgepackten Schreibtisch kaum zu orten.
    „ Ah, Sandra, kommen Sie rein, ich wollte Sie grade eben zu mir rufen.“
    Durch die vielen internationalen Kontakte der Firma hatte man sich darauf geeinigt, sich beim Vornamen zu nennen. Die amerikanischen Kollegen wussten mit Hammerstein nichts anzufangen, sie kannten nur Rolf. Sandra arbeitete zwar selbstständig, hatte sich jedoch in letzter Zeit zu einer Art persönlicher Assistentin Rolfs entwickelt, weshalb sie gedachte, demnächst ihr Gehalt neu zu verhandeln.
    „ Sind die letzten Entwürfe für die Schoko Werbung fertig?“
    Sie reichte die Entwurfsmappe über den Tisch.
    „ Hier, alles erledigt.“
    „ Sehr schön“, murmelte er, während er die Mappe vor sich ausbreitete.
    Seine kurzen dunklen Haare schmiegten sich um seinen Schädel wie die aufgedruckte Frisur einer Ken-Puppe. Niemals entkam eine Strähne dem Zwang des akkuraten Stylings. Seine ausdrucksvollen dunkelblauen Augen machten sein Gesicht zum Blickfang. Das eckige Kinn verriet Entschlossenheit, seine extrem feine und glatte Haut und die gleichmäßigen Züge gaben ihm etwas Feminines. Hin und wieder wurde er für schwul gehalten, denn ein Hetero durfte einfach nicht so schön sein, ohne Verdacht zu erregen. Doch das machte ihm nichts aus, es amüsierte ihn lediglich. Er war verheiratet, hatte zwei niedliche Kinder und sein gutes Aussehen hatte ihn nicht in einen arroganten Macho verwandelt. Sandra bewunderte ihn dafür.
    Sein Blick blieb auf der linken oberen Ecke hängen und seine makellose Stirn kräuselte sich. Sandra ging in Stellung.
    „ Ich habe den Schriftzug ändern lassen, so wie Sie es vorgeschlagen haben.“ Rolf hob skeptisch das Kinn. Sie ging zum Angriff über. „Es ist viel besser so, ich habe schon immer Ihren scharfen Blick fürs Detail bewundert.“
    Er schwieg verblüfft und blinzelte ein paar Mal, als habe er sich verhört. Sandra transpirierte. Fasziniert beobachtete sie, wie er das Display seiner Emotionen wieder unter Kontrolle bekam. Komplimente kannte man von ihr nicht, war sie doch die starke Frau in einer Testosteron geschwängerten Firma. Außerdem hatte sie seiner Idee nachgegeben, was allerorten für eine natürliche Unmöglichkeit gehalten wurde.
    „ Finden Sie? Vielen Dank“, sagte er schließlich, räusperte sich und verlagerte den Blick wieder auf das Projekt.
    Das warme Gefühl von Stolz durchflutete sie. Es hatte gar nicht viel Überwindung gekostet. Und der Wahrheit entsprach es auch, er war nicht umsonst Chef dieser Abteilung. Mal sehen wie tief beeindruckt er war. Sie lehnte sich in dem weichen Ledersessel zurück und versuchte totale Entspannung auszustrahlen.
    „ Bezüglich der Präsentation wollte ich Sie noch fragen, wen vom Team Sie mit in die Staaten nehmen werden.“
    Rolf legte eine Kunstpause ein. Er sortierte ein paar Unterlagen, bis ihm das Material ausging und er die unbeschäftigten manikürten Finger ineinander faltete.
    „ Ich weiß, Sie würden das gern übernehmen“, begann er und in Sandra schwanden alle Hoffnungen. So klangen Absagen. „Ich hätte Sie ehrlich gesagt lieber hier.“ Er machte das Gesicht eines Trauernden vor einem offenen Grab.
    Sie versuchte so zu wirken, als sprächen sie von einem akuten Mangel an Büroklammern und nicht von etwas, das ihr sehr viel bedeutete. „Aber warten Sie, ich könnte Sie noch viel besser in Kanada brauchen“, fuhr er fort und seine Mine erhellte sich.
    Er entblößte perfekte Zähne und sie erkannte in der Kunstpause das Spiel, das er mit ihr spielte. Verdammt, das hier war die Arbeit, was hatten sexistische Spielchen dabei zu suchen? In ihr stieg eine altbekannte Wut hoch. Wäre sie ein Mann, hätte sie eine eindeutige Antwort bekommen. Aber nein, er musste unbedingt „machen wir die Kleine ein bisschen nervös, bevor wir ihr etwas gönnen“ spielen. Hast du das gehört, Tantchen?, dachte sie und wollte eben genervt die Augen verdrehen und in alte Muster verfallen, als sich Tantchens Stimme energisch in ihr zu Wort meldete. Sei ein Weib!
    Sie seufzte innerlich. Okay, sie wollen Spiele spielen, wenn das alles ist, dann könnte sie ebenso gut ein bisschen mitspielen. Es würde sich schon herausstellen, wer der bessere Spieler war. Außerdem war sie nicht ganz fair gewesen, denn immerhin hatte sie damit angefangen, und jetzt musste sie auch zu Ende spielen. Sie setzte ihr bezauberndstes
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