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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung
Autoren: Joy Fraser
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künstliches Lächeln ein. Kneifen galt nicht.
    „ Kanada? Fantastisch! Vielen Dank für diese Chance“, brachte sie heraus und hoffte, ihr Lächeln würde auch ihre Augen erreichen.
    „ Das haben Sie sich verdient, Sandra. Sie leisten gute Arbeit und ich bin sicher, Sie werden auch mit John Stuart klarkommen“, sagte Rolf und grinste neckend.
    Ihre echte Freude über das Kompliment mischte sich mit dem Zorn über den Kommentar. Sie hatte noch nicht persönlich mit Stuart zu tun gehabt, aber sie kannte seinen Ruf. Es hieß, er sei ein knallharter Verhandlungspartner und alle Frauen im kanadischen Büro lägen ihm sehnsüchtig seufzend zu Füßen. Auch das noch, eine berufliche und private Herausforderung. Es versprach ein heißer Sommer zu werden.
     
    Sandra hetzte nach Hause, um zu packen. Der Auftrag, nach Vancouver zu fliegen, war erst zwei Wochen her, als Rolf plötzlich verkündete, die Kanadier sollten die Ersten sein, die in den Genuss der Präsentation kamen. Das würde die Amerikaner sicher verstimmen, doch Sandra machte einen Freudensprung. Das einzig Unangenehme daran war, dass der Flug bereits in vier Stunden sein würde. Schnell packte sie ein, was gerade gewaschen war oder den Schnüffeltest bestand. Sie rief Tantchen an, um ihr zu sagen, wo sie diese Woche sein würde. Gudrun war entzückt. „Und dass du mir nicht in alte Muster verfällst“, mahnte sie liebevoll. Sandra sprach Florence noch schnell auf den Anrufbeantworter, und damit hatte sie jedem Bescheid gesagt, der ihr wirklich nahe stand. Ihr fiel auf, dass es nicht gerade viele Menschen gab, die ihr nahe standen, doch sie hatte keine Zeit in Selbstmitleid zu versinken. Sie ersäufte noch schnell ihre Blumen und hoffte, sie würden mit dem großzügigen Wasservorrat eine Woche lang auskommen.
    Mit einem Taxi fuhr sie zum Flughafen Köln-Bonn. Als sie dort ankam, sah sie aus, als hätte sie den Neunstundenflug nach Vancouver bereits hinter sich, dabei war sie noch nicht einmal in Frankfurt, wo sie umsteigen mussten. Die Sommerhitze tobte und nichts war mit: die Frisur hält . Das Haar klebte in ihrem verschwitzten Gesicht und ihr Deo hatte gemeinsam mit dem Haarspray versagt. Hastig machte sie sich auf der Flughafentoilette frisch.
    Rolf wartete in einem Café auf sie. Nach einer stärkenden Tasse Kaffee checkten sie ein und setzten sich zu den anderen wartenden Fluggästen. Menschen in für Europa ungewöhnlicher Kleidung füllten den Warteraum und verkündeten damit, dass sie ebenfalls Kanada zum Ziel hatten und zum selben Anschlussflug unterwegs waren. Ein Mann unter einem breiten Cowboyhut mit dazu passenden hohen Stiefeln lächelte ihr kurz zu. Seine Füße mussten kochen in dem dicken Leder. Andere trugen leichte Westen über den T-Shirts und kanadische Flaggen auf den Koffern. Ein kleiner Junge flüsterte mit seiner Mutter. Auf seinem T-Shirt stand: “ Not only I am Canadian, I am perfect, too.”
    „ Was für eine Hetze“, seufzte sie und strich sich ein paar Haare aus der Stirn.
    „ Tut mir leid“, sagte Rolf und packte eine Zeitschrift aus. „Stuart hat den ganzen nächsten Monat Termine, es ging nicht anders.“
    „ Schon gut, jetzt haben wir erst mal jede Menge Stunden Sendepause.“
    Sie lehnte sich zurück, ihre Handtasche auf dem Schoß. Warum hatte sie nicht daran gedacht, ein Buch mitzunehmen? Andererseits war sie schon froh daran gedacht zu haben, Unterwäsche einzupacken, bei dem Stress. Ein prüfender Blick in ihre Handtasche beruhigte sie. In der Eile zu Hause hatte sie vergessen die Toilettenartikel in den bereits verschlossenen Koffer zu tun, und somit befanden sich ihre Haarbürste, ihr elementares Schminkzeug und die Zahnbürste in ihrer Handtasche. Alles, was eine Frau braucht, in greifbarer Nähe. Langsam entspannte sie sich. Kanada! Vancouver! Was für einen coolen Job sie doch hatte.
     
    „ Was meinen Sie damit, mein Koffer war nicht in dieser Maschine?“
    Müdigkeit und Frustration machten es ihr schwer, sich mit dem nicht unfreundlichen, doch sturen Angestellten vom Flughafen Vancouver auseinanderzusetzen. Rolf stand grinsend und nicht sehr hilfreich daneben. Offenbar strebte er den ersten Preis an für das Verhaltensmuster: Frauen sind selbstständige Wesen und können auf männlichen Beistand verzichten . Nachdem sie über zwei Stunden gewartet hatte, bis der allerletzte Koffer sich auf dem rotierenden Band zeigte, der leider nicht der ihre war, war sie am Ende ihrer Geduld.
    „ Wenn ich in
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