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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung
Autoren: Joy Fraser
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Männerdomäne eindringen, solange ich ihm dann abends was zu essen koche?“
    Gudrun gab ein kehliges Lachen von sich. „Kind, du raubst mir den letzten Nerv.“ Sie seufzte. „Du kannst tun und lassen, was du möchtest, solange du einen Mann so akzeptierst, wie er nun mal ist, mit all seinen Schwächen. Solange du darüber lächeln kannst, dass er nicht sieht, wie du dich zerreißt, um die Kinder pünktlich in die Schule zu bringen, während er noch gemütlich frühstückt und solche Dinge seiner Wahrnehmung entgleiten, aber sofort mit dem Schraubenzieher hinter dir steht, wenn der Stiel deiner Bratpfanne wackelt.“
    „ Hat Onkel Peter das getan?“
    Gudrun lächelte. „Oh ja. Er war verrückt danach, Dinge zu reparieren, und hat mich immerzu angemeckert: „W ie lange ist das schon so locker? Das ist doch gefährlich! “
    „ So ein Mann kann ganz praktisch sein“, sinnierte Sandra.
    „ Eben. Wenn man ihn nicht zu Tode nervt mit emotionalen Gesprächen, Vorhänge oder Bettbezüge aussuchen, Lebensmittel zusammen einkaufen und Weiberkränzchen, an denen heute mal die Männer teilnehmen dürfen . Dafür fühlt er sich aber in einem Heimwerkermarkt wie im siebten Himmel.“
    Sandra kicherte. „Aber nicht jeder Mann ist so geartet. Manche haben zwei linke Hände.“
    „ Schon, aber jeder Mann hat seine typisch männlichen Aspekte. Und die sollten wir nicht verniedlichen oder einfach übersehen oder ihm gar ankreiden. Genauso haben wir nämlich unsere weiblichen Seiten, die wir nicht ablegen können oder wollen. Also lass ihm doch sein Bier am Samstagabend vor dem Fernseher, wo er sich einen spannenden Film anschaut, der dich nicht die Bohne interessiert und bei dem er anscheinend die ganze Welt vergisst. Dafür wird er nicht meckern wenn du dir das fünfundsiebzigste Paar Schuhe kaufst.“
    Sandra lächelte sie an. „Ich glaube, ich fange an zu verstehen. Ach, Tante Gudrun, was wäre ich nur ohne dich.“
    „ Eine hoffnungslose, einsame Emanze mit lockeren Bratpfannenstielen.“
     
    Gudrun hatte sie zu einem Versuch überredet, schließlich konnte ihr Liebesleben kaum noch katastrophaler werden. Ihre nächste Männerbekanntschaft sollte das Versuchsobjekt sein. In Gedanken hörte sie Tantchen sprechen. „Zeig ihm, wie stark du bist, das soll er ruhig wissen, aber gib ihm, wonach sein männliches Ego verlangt, und lass ihn ganz Mann sein. Gönne ihm seine männlichen Hobbys und genieße deine eigenen.“ Uh, männliches Ego! Bei dem Gedanken wurde ihr mulmig zumute. War es doch gerade dieses Etwas in einem Mann, mit dem sie ständig auf Kriegsfuß stand. Nun sollte sie es auch noch füttern. Obwohl ihr das Prinzip klar geworden war, war es doch eine scheußliche Vorstellung und sie kam sich vor wie eine elende Verräterin im Kampf der Frauen um Emanzipation.
    Einen Versuch war es jedenfalls wert, nachdem alles andere versagt hatte. Tantchen hatte gesagt, wenn das Ego eines Mannes zufrieden ist, sei er der angenehmste Zeitgenosse, den man sich vorstellen könne, fühle sich nicht bedroht und sei somit offen für eine komplikationslose Romanze. Die Vorstellung war einfach zu schön, um es nicht auszuprobieren.
    Am Montagmorgen betrat sie die große internationale Werbeagentur Creative Design mit einem Lächeln im Gesicht. Das Spiel hatte begonnen.
     
    Das gekippte Fensterrollo schnitt Sonnenstrahlen in Streifen und warf sie über Sandras Schreibtisch. Sie konzentrierte sich voll auf das laufende Projekt. Rolf Hammerstein, ihr Chef, überließ ihr den größten Teil der Präsentation, die sie in einem Monat in allen Zweigstellen weltweit vorführen würden. Sie wusste noch nicht, ob sie selbst in den Genuss einer Auslandsreise kommen würde, aber die Chancen standen gut.
    Plötzlich kam ihr die Idee, ihre neue Theorie an ihrem attraktiven Chef auszuprobieren, dem gegenüber sie sich bisher neutral und rein geschäftsmäßig gegeben hatte. Emanzig, würde Tantchen sagen. Sein Ego konnte sicher ein paar Streicheleinheiten gebrauchen. Etwas Hartnäckiges in ihrem Innern sträubte sich noch immer dagegen. Sie griff nach der Kaffeetasse und nahm einen kräftigen Schluck. Alte Gewohnheiten sterben eben langsam, vermutete sie. Sie streifte ihren kurzen schwarzen Rock glatt, überprüfte den Sitz des BHs unter der leicht transparenten weißen Bluse und zog den Lippenstift nach, den sie sich bei konzentrierter Arbeit längst abgekaut hatte. Resolut marschierte sie durch den Flur zu Hammersteins Tür und klopfte an.
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