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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer
Autoren: Mary Janice Davidson
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verprasst und all sein Geld für Huren ausgegeben hatte – sich, kurz gesagt, wie ein richtiges Arschloch aufgeführt hatte …«
    »Entschuldige«, unterbrach ich sie, bemüht, die Mischung aus Entsetzen und Belustigung zu verbergen, die ich verspürte. »Hast du eben ›Arschloch‹ gesagt?«
    »Vergiss es! Der Punkt ist, der kleine Bruder hat all diesen Mist gebaut und wurde trotzdem mit offenen Armen empfangen. Obendrein haben sie ihm auch noch ein Festmahl mit einem gemästeten Kalb ausgerichtet. ›Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.‹«
    Aha. Jetzt war ich wieder an der Reihe, ein paar Textzeilen aufzusagen: »›Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.‹«
    »Richtig.« Sie klang erfreut. »Du erinnerst dich. Tja, mein ganzes Leben lang habe ich versucht, gut zu sein. Du und sie, ihr habt euch in eurem Leben noch nie bemüht, gut zu sein. Ihr habt euch niemals um jemand anderen als um euch selbst gekümmert. Und weißt du, was mich das gelehrt hat? Sie war ein schlechter Mensch und ist Königin geworden; ich war ein guter Mensch und hätte beinahe mein Leben als Höllenfürstin verbringen müssen. Ich bin damit fertig.«
    »Aha.«
    Sie wartete, und ich war kindisch genug, mich über ihre enttäuschte Miene zu freuen. »Das ist alles, was du dazu zu sagen hast? ›Aha‹?«
    »Was gibt es sonst dazu zu sagen? Du warst vor einem Jahr eine Närrin und bist es immer noch. Du glaubst nach wie vor, dass sich die Menschen nicht ändern können.« Ich hielt inne und schüttelte den Kopf. »Nein, das stimmt nicht ganz: Du hast
beschlossen,
das zu glauben, weil du vor deinem Gewissen rechtfertigen wolltest, dass du deine Schwester, die immer nur das Beste für dich wollte, in eine Falle gelockt hast. Herzlichen Glückwunsch: Du hast jemanden betrogen, der dich liebt. Mit einer Heimtücke, die selbst eines Machiavelli würdig gewesen wäre. Oder jedes x-beliebigen Teenagers.«
    Sie kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und musterte mich. »Ich dachte mir schon, dass du nicht auf meiner Seite stehen würdest.«
    »Endlich ein intelligentes Wort aus deinem Mund!«
    »Und wenn du Betsy erzählst …«
    »Du weißt, dass ich der Königin nichts erzählen werde.«
    Überraschung malte sich in ihr Gesicht. Auch ich war überrascht … darüber, mit welcher Genugtuung ich ihre erstaunte Miene genoss. »Ach ja?«
    Fest blickte ich sie an. »Ich soll der Frau, die ich liebe, sagen, dass ihre geliebte Schwester sie aus reiner Faulheit und Selbstsucht hintergangen und mit Hinterlist dazu gebracht hat, diesen Höllenjob anzunehmen? Ich soll meiner Königin erklären, dass sie seit Jahren manipuliert wird? Ich soll ihr klarmachen, dass sie als Lohn dafür, dass sie die Welt von deiner verfluchten Mutter befreit hat – dem Satan, der Urheberin aller Sünden und des Mordes, der Zerstörerin und Herrin der Lügen –, nun einen Job übernehmen muss, dessen Verantwortung sich ihre verdammte Widersacherin lieber durch den Tod entzog, statt die Konsequenzen in Kauf zu nehmen und im Paradies einen Krieg anzuzetteln? Natürlich nicht. Niemals im Leben könnte ich ihr solch eine niederschmetternde Nachricht überbringen. Was du wohl nachvollziehen kannst.«
    Sie dachte darüber nach und nickte. »Ja, stimmt. Das hatte ich erwartet.«
    »Ich werde stattdessen etwas viel Schlimmeres tun.«
    »Na, da bin ich aber gespannt!«, sagte sie in dem Versuch zu scherzen, was ihr allerdings nicht so ganz gelang.
    »Es ist ganz einfach. Ich werde zulassen, dass du erhältst, was du glaubst, dir zu wünschen. Meine Elizabeth, deine Schwester, die Erzfeindin des Satans, die Königin der Untoten, wird auch die Königin der Verdammten sein, falls du mir erlaubst, den Titel eines Buches von Anne Rice zu zitieren.«
    Ich stand auf und griff nach meinem Mantel. Die Temperaturen in Minnesota mochten für diese Jahreszeit noch verhältnismäßig hoch sein, aber für einen Vampir, der in die Kirche ging, war es dennoch recht kalt. »Elizabeth wird die Hölle leiten. Und ich
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