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Kay Susan

Titel: Kay Susan
Autoren: Das Phantom
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das Tier im Kinderzimmer wohnte, konnte es nicht bei meiner Frau sein und sich zwischen uns schieben. Außerdem schien es merkwürdig passend, daß sie da oben in der Kinderstube eine kleine Menagerie bildeten.
Auf seltsame Weise gehörten sie doch zusammen. Die Katze – und der Kuckuck in einem Nest.
    Sie erreichte ein selten hohes Alter, diese Katze, und starb schließlich mit ihrer üblichen Rücksichtslosigkeit frühmorgens an Charles’ zwölftem Geburtstag.
    Du verdammtes Biest! dachte ich herzlos. Morgen wäre er wieder im Internat gewesen. Hättest du nicht solange warten können?
Ich betrachtete Charles, der niedergeschmettert war, aber mannhaft versuchte, seine Tränen vor mir zurückzuhalten.
»Ich hole eine Kiste«, sagte ich.
Als ich wiederkam, stellte ich fest, daß er dem Tier das exotische Halsband abgenommen hatte.
»Ich denke, Mama wird das aufbewahren wollen, nicht wahr?«
»Bestimmt.« Verdammt, verdammt.
Ich sah zu, wie er das steife Tier zärtlich in seine Decke wickelte und widerstrebend in die Kiste legte.
»Irgendwie wirkt es falsch«, murmelte er leise, »so eine rohe, einfache Kiste . . . «
»Es ist nur eine Katze«, sagte ich knapper als beabsichtigt. »Wir können kaum ein Requiem für sie abhalten lassen, weißt du.«
Er sah so verletzt aus, daß ich mich sofort schämte, meinem Groll freien Lauf gelassen zu haben.
»Schau, Charles, sie werden jetzt hier gezüchtet. Wenn du wirklich willst, können wir jederzeit eine andere bekommen.«
Schweigend wandte er sich ab, zweifellos abgestoßen von meinem unsensiblen Vorschlag, und begann die Juwelen auf dem Halsband mit einer Ehrfurcht zu betasten, die normalerweise einem Rosenkranz vorbehalten ist.
»Das sind echte Diamanten, nicht wahr, Papa?«
»Ich glaube schon«, sagte ich.
»Es müßten genug sein, um eine Halskette daraus zu machen«, fuhr er nachdenklich fort. »Darf ich etwas Geld von meinem Konto abheben und sie für Mama umarbeiten lassen?«
Ich schluckte schwer, während ich mit Entschlossenheit die Kiste zunagelte.
»Es ist dein Geld, Charles«, sagte ich ruhig. »Du brauchst mich nicht um Erlaubnis zu bitten, wenn du Gebrauch davon machen willst.«
Seite an Seite gingen wir zum Frühstück nach unten. Wir hatten uns darauf geeinigt, Christine die Nachricht erst am nächsten Tag mitzuteilen, wenn das Tier begraben war und sie nicht darum bitten konnte, es zu sehen.
An diesem besonderen Tag saß sie bereits am Tisch und wartete auf uns. Neben ihrem Teller lag die einzelne rote Rose, die ich ihr an Charles’ Geburtstag immer brachte. Ich hatte das für eine romantische Geste gehalten, für das Symbol meiner unwandelbaren Liebe, aber als ich ihr zum ersten Mal eine brachte, hatte sie so heftig geweint, daß ich daran gedacht hatte, die Idee auf der Stelle aufzugeben.
»Wenn es dich aufregt . . . «
»Nein«, sagte sie hastig. »Es regt mich überhaupt nicht auf, es war ein hübscher Gedanke, Raoul. Es hat mich nur an eine traurige Legende erinnert, die ich einmal hörte.«
»Ach, ich verstehe. Wahrscheinlich an eines der alten Märchen deines Vaters.«
Sie blickte auf die Rose nieder.
»Das stimmt«, sagte sie leise und drückte die Blume leicht an ihre Wange, »eine von Vaters Geschichten. Vielleicht werde ich sie dir eines Tages erzählen.«
Ich hatte sie nicht dazu gedrängt und angenommen, sie habe den Vorfall vergessen. Jedenfalls weinte sie nie wieder, wenn ich ihr eine rote Rose schenkte, und so war das im Laufe der Jahre zu einem Ritual zwischen uns geworden. Ich wußte, sie bewahrte die Blütenblätter noch lange auf, wenn die Blume verwelkt war.
Jetzt schaute sie auf, und das Lächeln, das auf ihren Lippen gelegen hatten, verschwand, als sie Charles sah.
»Mein Liebling, deine Augen!«
Mit bewundernswerter Gelassenheit beugte er sich nieder, um ihre Wange zu küssen.
»Es ist nichts«, sagte er sorglos. »Ich bin gestern zu lange im Wind geritten, das ist alles. Hast du etwas dagegen, daß ich Räucherfisch esse, Mama? Es ist mein letzter Tag zu Hause, und es ist mein Geburtstag.«
»Ach, Charles!« rief sie mit nachsichtigem, halbherzigen Protest. »Was für schreckliche britische Vorlieben diese Schule dir beibringt!«
Sie setzte sich wieder an den Tisch, amüsiert, liebevoll und geschickt von Fragen abgelenkt, die unangenehm hätten werden können. Ohne den leisesten Verdacht, etwas könne nicht stimmen, sah sie zu, wie er die winzigen Gräten aus dem Fisch zog.
Er muß beinahe erstickt sein an dem Räucherfisch,
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