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Kay Susan

Titel: Kay Susan
Autoren: Das Phantom
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getreueste Wiedergabe von Leroux’ ursprünglichem Buch ist der abendfüllende Zeichentrickfilm aus dem Jahre 1967. Diese Adaption, in den letzten Szenen unerwartet bewegend, gewährt dem Phantom wie das Musical von Lloyd Webber jenen entscheidenden Augenblick von Opfer und Erlösung, die andere Versionen ihm immer verweigert haben.
    Als ich den Roman von Leroux las und hoffte, mehr über diese außergewöhnliche Gestalt zu erfahren, stellte ich fest, daß das Buch für mich mehr Fragen aufwarf, als es beantwortete. Warum beispielsweise blieb Raoul so eifersüchtig und der Zuneigung Christines unsicher, nachdem er doch die Wahrheit über Eriks schreckliche Entstellung kannte? Warum bestand Christine darauf, manchmal Tage zu Erik zurückzukehren, obwohl Raoul so verzweifelt bemüht war, sie der Gefahr fernzuhalten? Mitleid und Angst scheinen ihr Verhalten kaum angemessen zu erklären. Wäre es möglich, daß Raoul mit seiner ärgerlichen Behauptung, Christines Entsetzen vor dem Phantom sei die exquisiteste Art von Liebe, die Art, die Menschen nicht einmal sich selbst eingestehen, der Wahrheit näher kam, als er ahnte?
    Eine der faszinierendsten Gestalten, die ich bei Leroux fand, war der geheimnisvolle Perser, denn auch er warf eine Reihe interessanter Fragen auf. Warum riskierte er seinen eigenen Hals, um das Leben eines Mannes zu retten, den er als Mörder kannte? Auch hier scheint Leroux’ Erklärung, Erik habe ihm einige kleine Dienste erwiesen und ihm oft zu herzhaftem Lachen verholfen, kaum hinlänglich dafür, daß er sein eigenes Leben aufs Spiel setzte. Das Mitgefühl und die Toleranz des Persers erscheinen mir als Hinweis auf eine tiefe und dauerhafte Freundschaft, eine Freundschaft, auf die Leroux aufgrund der Zwänge des Genres »Mysterium/Thriller« nicht näher eingehen konnte.
    Das kleine schwarze Buch auf meinem Nachttisch begann zu leben. Wieder und wieder kehrte ich zu den Passagen zurück, die mich fasziniert und verwirrt hatten. Meine Aufmerksamkeit richtete sich immer stärker auf die letzten drei Seiten, auf den kurzen historischen Abriß, in dem Leroux die davor liegende Lebensgeschichte des Phantoms erklärt. Der Hauptteil seines Romans – und sämtliche Film- und Bühnenversionen – befaßte sich nur mit den letzten etwa sechs Monaten im Leben eines Mannes, der um die Fünfzig sein mußte. Ich gewann den Eindruck, die Erzählung, die wir als »Das Phantom der Oper« kennengelernt haben, sei vielleicht nur die prachtvolle Spitze des Eisbergs, und irgendwo darunter läge eine große, menschliche Geschichte, die noch darauf wartete, erzählt zu werden – die Geschichte eines Mannes, der zu vielen schrecklichen Lastern getrieben war und dennoch, wie Leroux es ausdrückt, »ein weltweites Herz« behielt. Die ereignisreiche und aufregende Vergangenheit, die Leroux andeutete, war gewiß angefüllt mit einer Reihe bedeutsamer Beziehungen, vielleicht sogar einer früheren Liebesgeschichte. Das war die Geschichte, die ich lesen wollte, und schließlich begann ich zu verstehen, daß es auch die Geschichte war, die ich schreiben wollte.
    Ich nahm das Projekt mit großen Vorbehalten in Angriff. Kein Autor kann an einer bekannten, klassischen Geschichte herumbasteln – vor allem einer, die in verschiedenen Medien so erfolgreich war –, ohne ein unangenehmes Gefühl von Vermessenheit zu empfinden. Und ich war mir durchaus darüber klar, daß es sehr ausgedehnte Recherchen erfordern würde, das Phantom vor den von Leroux gewollten historischen Hintergrund zu stellen – Kenntnisse in Musik, Stimmbildung, Bauchreden, Magie, Zigeunerfolklore, Architektur und Steinmetzkunst, ganz zu schweigen vom historischen und kulturellen Hintergrund von vier verschiedenen Ländern.
    Achtzehn Monate später war das Buch fertig. Es hatte mich auf der Suche nach Material nach Rom und Amerika geführt, doch nach der anfänglichen Enttäuschung der ersten Tage ergaben sich aus den Recherchen eine Reihe bemerkenswert glücklicher Funde. Munro Butler Johnsons A Trip up the Volga to the Fair of Nijni-Novgorod lieferte wertvolle Details für Eriks Leben in Rußland. Curzons Persia and the Persian Question und Lady Sheils Augenzeugenbericht vom persischen Hofleben in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts versetzten mich in die Lage, Erik in die Angelegenheiten des echten Schahs und seines Großwesirs Mirza Taqui Khan zu verwickeln. Christopher Meads Dissertation über Charles Garnier und den Bau der Pariser Oper fand ich
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