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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute
Autoren: Jan Korssdorff
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und nahm eine sportliche Debattierhaltung im Schneidersitz ein. »Caro, wie groß ist er eigentlich, dein
blinder Fleck

    Caro strich sich irritiert die Haare aus der Stirn. »Wovon sprichst du?«
    »Gehen wir mal an den Anfang zurück: Du hast von uns in den Medien gehört, du hast vermutlich unsere Website studiert, du hast bestimmt auch mit Freunden über uns geredet – alles noch, bevor du hier zu arbeiten begonnen hast. Was war dein Eindruck?«
    »Äh, neues Unternehmenskonzept, ehrgeizige Pläne und ziemlich gute Gehälter.«
    »Aha. Dann dein Vorstellungsgespräch. Wie lief es?«
    Caro dachte an den Tag vor ein paar Wochen zurück, als sie das erste Mal den Namen Quintus Danesita hörte. »Es lief nicht so toll. Er wollte, dass ich ihn beschreibe und sage, was man an ihm verbessern könnte. Ich bin eigentlich mitten im Gespräch aufgestanden und habe abgebrochen.«
    Seltsam, dachte Caro, das hatte sie fast vergessen.
    »Und was hast du dir dann gedacht, als sie dich angerufen und dir gesagt haben, dass der Job dir gehört?«
    »Ich dachte mir, wow, wie habe ich das geschafft? Worauf willst du hinaus?«
    »Caro, du hast den Job nicht wegen deiner Fähigkeiten gekriegt, sondern weil du so kaputt bist.«
    Caro runzelte die Stirn.
    »Ich hab deine Mitarbeiter-Akte gelesen. Die haben gesehen, du bist psychologisch instabil, du hast eine Reha hinter dir, du lebst in Traumwelten, du hast deinen Ex-Freund gestalkt …«
    Caro sprang auf. »Ich habe ihn nicht gestalkt! Ich wollte ihn nur zu einer Aussprache bewegen.«
    Lars vibrierte vor Vergnügen. »Du hast sein Auto gestohlen und in einem Teich versenkt!«
    Caro rief: »Das war eine private Sache! Außerdem ist es kein Diebstahl, wenn ich einen Schlüssel zu dem Auto habe. Und überhaupt: Der Teich war fast ausgetrocknet, das Wasser stand nicht mal kniehoch! Das Auto im Teich hatte eine Bedeutung, die nur er kannte, er hätte die Botschaft einfach nur annehmen müssen.«
    »Du hast ihm auch aufgelauert, ihn mit Anrufen und Nachrichten zugedeckt.«
    Caro stoppte Lars mit einer Handbewegung. »Wir waren sehr lange zusammen. Er hat mich sehr schäbig betrogen und verlassen. Ich bin ein bisschen ausgerastet, aber dafür muss ich vor dir keine Rechenschaft ablegen. Warum kommst du mir an so einem Tag und nach diesem Wochenende mit solchen alten Sachen?!«
    »Es geht ja nur um eines, Caro: Die suchen Leute wie
dich
. Leute mit Problemen. Schau mich an: Ich habe mit fünfzehn angefangen, Gras zu dealen. Ich war im Jugendknast. Aber HÜMANIA – die haben mich mit offenen Armen aufgenommen. Und die Journalisten, Caro, die so positiv über uns schreiben. Gut, ja: Heute tun sie es freiwillig, weil es keiner mehr hinterfragt. Aber am Anfang: Es wurden jene ausgewählt, die etwas zu verstecken hatten. Sie wurden unter Druck gesetzt und gleichzeitig erhielten sie eine Belohnung: die schwarzen Scheckkarten. Ein Frei-Mensch, verstehst du? Worauf ich hinauswill, Caro: Du passt zu uns! Kennst du das
Johari-Fenster

    Caro, die sich wieder hingesetzt hatte, schüttelte resignierend den Kopf.
    »Im Johari-Fenster siehst du, wo sich dein Selbstbild mit dem Bild der Außenwelt trifft. Auf der x-Achse ist festgeschrieben, was dir über dich bekannt ist, auf der y-Achse, was die anderen über dich wissen. Was dir über dich bekannt ist und allen anderen auch, das bist du als öffentliche Person. Was dir bekannt ist, aber den anderen nicht, das ist dein Geheimnis. Was dir nicht bekannt ist, den anderen aber schon, das ist dein blinder Fleck.«
    Caro wünschte, er würde ihr das aufzeichnen.
    »Dein blinder Fleck ist groß, Caro! Du bist obsessiver, als du weißt, sonst hättest du dich nicht so an Boris festgebissen. Du bist irrational – denk nur daran, wie du in die Männerabteilung spaziert bist, um den Kommodore zu treffen. Und du bist dümmer, als du glaubst, sonst wärst du nicht nach Pilsen gereist, einfach so. Vor allem aber: Du besitzt eine beachtliche Toleranz gegenüber dem offensichtlich Unerträglichen.«
    »Weil ich immer noch hier mit dir in diesem Camper sitze?«, fragte Caro eisig.
    »Lass mich reden! Heute erst, nach all dem, was passiert ist, höre ich von dir ein zögerliches
Ich hab genug von dem Laden
. Das hättest du eigentlich empfinden müssen, nachdem du das erste Mal unsere Homepage besucht hast! Aber sogar als du die armen Schweine in den Schaufenstern gesehen hast, und die Leute, die sich daran aufgeilen, hast du keinen Rückzieher gemacht! Du hast
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