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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute
Autoren: Jan Korssdorff
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Caro heftig würgen. Sie rannte aus der Scheune und übergab sich auf den Hof. Anschließend setzte sie sich auf einen Holzscheit und schnaufte, bis das Ekelgefühl in ihr etwas nachzulassen begann.
    Benno betrat unterdessen das eigentliche Haus. Als er nach einigen Minuten wieder auf den Hof trat, hatte er ein Bild in der Hand. Er hockte sich neben Caro hin.
    »Es gibt dort einen großen Speisesaal drinnen, mit Platz für zwanzig oder mehr Leute. Und Schlaflager für ähnlich viele. Offenbar wurden manche in die Käfige gesperrt, die anderen durften sich frei bewegen.«
    Benno zeigte ihr das Bild, eine gerahmte Fotografie. Sie zeigte X umringt von seinen »Kindern«. Es waren zwanzig oder mehr, junge Burschen und Männer bis höchstens Anfang 30, und auch wenn man nicht allen von ihnen ansehen konnte, was ihnen passiert war, glaubte Caro, dass die meisten von ihnen dasselbe erlebt hatten wie die beiden Jungen hier, die gerade wieder am Hof zu spielen begonnen hatten. Als Caro die Gesichter der Männer auf der Fotografie genauer betrachtete, erkannte sie einen wieder. Das war Boris. Sie versuchte zu erkennen, ob er anders aussah als bei ihrer Begegnung im Wiener Café, aber sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Und wenn schon, er hatte sich eine Entmannung redlich verdient.
    Im Hintergrund sah man auch einige Frauen und Männer, die nicht zum engen Kreis dieser Sippe zu gehören schienen – bezahltes Personal, Wachen und Köchinnen, womöglich. Oder auch die Mütter der ganz jungen, wie die zwei Hofgespenster.
    »Es muss wie eine Kommune gewesen sein«, sagte Benno. »Manche durften sich frei bewegen, manche mussten in den Käfigen leben, einige wurden einfach bezahlt.«
    »Wo sind sie jetzt alle?«, fragte Caro.
    »Keine Ahnung. Wenn sie X ausgeschaltet haben, werden sich manche einfach abgesetzt haben, andere sind vielleicht zusammengeblieben. Brüderlichkeit, geteiltes Trauma, ich weiß nicht.«
    »Und was machen wir mit den Kindern?«
    »Polizei, was sonst? Ich informiere sie dann von der Firma aus.«
    »Ok, danke. Ich denke mir gerade, wenn ich Moffat oder Danesita wäre, hätte ich jetzt eine Heidenangst, dass Boris hinter mir her wäre.«
    »Gute Zeiten für Bodyguards«, sagte Benno und warf dem kleinen Jungen den Ball wieder zu, der gerade vor seine Füße gesprungen war.
    Als sie zum Taxi zurückkamen, weigerte sich der Fahrer, sie einsteigen zu lassen. Der süße fettig-brandige Kadavergeruch hatte sich in jeder Stofffaser festgesetzt und hätte den Wagen des Fahrers für lange Zeit kontaminiert. Nachdem Caro weitere fünfzig Euro anbot, erklärte sich der Mann bereit, einen Anhänger vom Hof seines Schwagers zu holen und Caro und Benno damit in die Stadt zurückzufahren. Auf Pferdedecken hockend, wurden sie eine Stunde später nach Pilsen transportiert.
    In der Stadt gelang es dem Mann, ein Zimmer für sie zu organisieren, in dem sie sich waschen konnten. Er brachte ihnen sogar noch frische Kleidung vorbei. Später verabschiedeten sich Benno und Caro voneinander und traten ihre Heimwege an.
    Um sechs Uhr dreißig in der Früh erwachte Caro in ihrer Wohnung. Max lag neben ihr. Als sie am Bahnhof in Wien angekommen war, hatte sie ihn angerufen und zu sich nachhause bestellt. Sie hatte in dieser Nacht jemanden neben sich gebraucht. Beim Einschlafen hatte sie sich an ihn gekuschelt und ihn im Schlaf umklammert. Es war völlig unvermeidlich, dass er ihr an diesem oder an einem der nächsten Tage versuchen würde begreiflich zu machen, dass er für eine ernste Sache nicht bereit war. Sie würde es gut aufnehmen. Um acht Uhr morgens ging Caro schnellen Schrittes über den leeren Parkplatz des HÜMANIA-Marktes. Sie wollte mit dem Kommodore sprechen, bevor dieser Tag, an dem bestimmt kein Raum für andere Dinge als Krisenintervention blieb, richtig begann.
    Caro gab den Zugangscode zum Stockwerk der Männer ein und schlich durch die leeren Gänge, um den Kommodore in seinem Zimmer zu besuchen. Als sie seine Tür öffnete, stand er bereits völlig angekleidet im Raum. Er trug feste Schuhe und einen Mantel, außerdem eine Baseballkappe.
    Sie standen einander ratlos gegenüber.
    »Caro, was zum Teufel machen Sie hier?«
    »Warum sind Sie so angezogen? Wohin wollen Sie gehen?«
    Der Kommodore sah an sich herunter, als gebe es nichts zu beanstanden oder zu erklären. »Es ist eine den Umständen angemessene Bekleidung. Was tun Sie hier?«
    »Ich wollte ihnen berichten, was am Wochenende passiert ist.«
    »Ich
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