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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute
Autoren: Jan Korssdorff
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Moffat kennengelernt, und die Ja-Sager an seiner Seite. Und du bist geblieben. Du bist geblieben, weil du nicht glauben kannst, dass etwas, das vor den Augen aller geschieht, wirklich falsch sein kann.«
    »Und das macht mich, willst du sagen, zu einer idealen Mitarbeiterin?«
    Lars schüttelte den Kopf. »Ich sage bloß dieses: Manche Leute können es, andere nicht. Du kannst es. Du kannst rationalisieren, mit dir selbst verhandeln, Vorzeichen wechseln. Man hängt dir zu Mittag eine tote Katze vors Fenster und bis zum Abend bist du mit dir darin übereingekommen, dass sie sich selbst aufgeknüpft hat. Du biegst es dir eben zurecht!«
    Jetzt scheuerte sie ihm eine. Ganz selbstverständlich holte sie aus und traf die haarlose Wange dieses plappernden Idioten. Wonne.
    Lars packte ihre Hand, zog Caro zu sich auf die Bank und versuchte, ihr einen Kuss auf den Mund zu drücken. Ihre Zähne trafen sich mit Wucht, und beide schrien gleichzeitig vor Schmerz. Caro wankte zurück und griff sich an den Kiefer. Sie spürte Blut an den Zähnen, und ihre Finger glitten in ihren Mund und prüften panisch, ob ihre Zähne in der Sauce aus Speichel und Blut noch vollzählig waren.
    »Duarsch!«, schrie Caro und stürzte zur Abwasch des Busses, um sich den Mund auszuspülen. »Duarschdu!«
    Lars hielt sich den Kiefer wie Caro, auch er blutete, und ein Stück seines Schneidezahns lag gesäumt von ein paar Blutspritzerchen auf der Zeitung, die er gelesen hatte.
    Eine Stunde später saßen die beiden auf dem Boden des Campingbusses, zwischen ihnen eine Flasche Wodka, mit der sie abwechselnd spülten. Manches von dem Zeug rutschte ihnen auch die Kehle hinunter und betäubte von innen den Schmerz, den sie im Kiefer spürten.
    Caro führte gerade aus, dass Lars hundertmal mehr für die Firma getan hatte als sie, und wenn man die Täter einmal benennen würde, wäre
sein
Gesicht groß in der Zeitung, nicht
ihres
.
    Aber er habe sich wenigstens nicht selbst belogen, sagte er.
    »Ich belüge mich nicht!«, rief Caro und bekam schon wieder Lust, ihm Schmerz zuzufügen.
    »Dann beweise es!«, sagte er. »Beweise, dass dir die Freiheit eines Menschen über alles geht!«
    »Jederzeit!«, sagte Caro. »Wie?«
    »Kaufe einen Helden und lasse ihn frei!«
    »Kein Problem, das kann ich tun! Irgendeinen?«
    »Nein«, sagte Lars, »nicht irgendeinen!«
    Lars ging zu einem Kasten und nahm einen Aktenordner heraus. Er fischte ein paar zusammengeheftete Papiere daraus hervor und legte sie vor Caro auf den Boden. Dann setzte er sich wieder neben sie und spuckte ein bisschen Blut in einen Aschenbecher.
    »Das sind unsere Mitarbeiter-Akten. Frage mich nicht, woher ich sie habe. Die oberste hier, das ist deine. Schau mal rein!«
    Caro öffnete sie. Da war ihr Lebenslauf, ihr Bewerbungsschreiben, dann folgte ein psychologisches Profil, und schließlich war da noch ein Kuvert.
    »Das da«, sagte Lars und zeigte auf den Umschlag, »ist der Bericht eines Detektivs. Wir wurden alle durchleuchtet, weißt du? Dieser Mann hat etwas herausgefunden.«
    »Aha, was denn?«
    »Er hat herausgefunden, wer dein Vater ist.«
    Caro spürte, wie es in ihrem Kiefer heftiger zu pochen begann.
    Lars gab ihr etwas Zeit, bevor er fortsetzte: »Sein Name ist … eigentlich egal. Aber ich habe ihn in unserer Datenbank gesucht und bin auf ihn gestoßen.«
    Caro starrte stumm auf das Kuvert. Dort drinnen stand er also, der Name ihres Vaters. Und Lars kannte ihn schon.
    »Sag ihn mir nicht«, murmelte sie, »wehe, du sagst ihn mir!«
    Caro sprang auf und verließ den Bus. Sie rannte den Gehsteig hinunter, bis zu der stark befahrenen Hauptstraße Richtung Zentrum. Autos zischten an ihr vorbei. Dutzende, Hunderte. Sie sah die Silhouetten hinter den Scheiben. Vielleicht war er darunter.
    Wollte sie wirklich, dass er aus der Masse der Autos ausscherte und hier in ihre Seitengasse einbog? Dass er anhielt, ausstieg und ihr sein Gesicht zeigte? Dass aus theoretisch
jedem
praktisch
einer
wurde?
    Lars legte ihr von hinten die Hand auf die Schulter. Sie drehte sich um und sah in sein schmales Gesicht mit den geschwollenen Lippen.
    »Schau ihn dir an, ok?« Er machte sich mit den Händen in den Taschen in Richtung des Besucherzentrums auf, und Caro folgte ihm nach einiger Zeit.
    Seit die Beratungszone im Hauptgebäude wieder geöffnet hatte, herrschte dort große Unruhe. Keiner wusste, was man den im Minutentakt anrufenden Journalisten sagen sollte. Kunden riefen an, die von ihren Käufen
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