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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute
Autoren: Jan Korssdorff
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Mentalität in Rumänien, die Folgen des Aufschwungs in der Region, aber auch ihre Schattenseiten, wie das extreme Gefälle von Arm und Reich, das man heute in vielen Gegenden des Landes erleben konnte.
    Helby erzählte, einmal habe ihm ein Zigeuner in Bukarest seine zwölfjährige Tochter zum Verkauf angeboten. Für zehntausend Euro hätte sie ihm gehört.
    X gab zu, dass er ähnliche Angebote erhalten habe.
    Der Kommodore warf ein, dass der Verkauf von Kindern in vielen Gegenden Südasiens oder auch in Haiti oder Teilen Afrikas an der Tagesordnung war, und dass es keine Grenze Europas gab, die eine solche Praxis wirksam aufhalten konnte.
    Helby, der voller Zorn über die Entwicklung seines Bauprojekts war und die offensichtliche Korruption, die dabei im Spiel war, sagte, dass doch jeder zum Verkauf stand, nur eben nicht auf offener Straße.
    Der Kommodore dachte an die hinreißende Studentin aus Sibiu, die von seinen Geschenken völlig unbeeindruckt geblieben war, und widersprach ihm innerlich.
    Danesita hielt dagegen, dass es doch wohl einen Unterschied mache, ob man wählen könne, sich zu verkaufen, oder ob ein anderer dies für einen anordnete.
    Das stimmte, schlug sich X auf seine Seite, man denke bloß an die Männer, die am Arbeiterstrich auf Kunden warteten. Viele von ihnen würden sich bestimmt freiwillig an einen Dienstgeber verkaufen, wenn damit dauerhaft für sie und ihre Familien gesorgt wäre.
    Das wäre wie eine Anstellung, die nie endete, spann Danesita den Faden weiter.
    Helby mutmaßte, dass es für manche gewiss einen Anreiz bedeuten würde, nicht bloß jemandes Arbeit, sondern ihn als ganze Person zu erwerben.
    Der Kommodore bestätigte das. Zu besitzen sei die Kompensation des Wissens um die eigene Sterblichkeit. Macht, männliche Sexualität, alles lief darauf hinaus.
    X nickte und fügte hinzu, dass, wer
begehre
, auch
besitzen
wolle.
    Dann sagte Helby: »Aber hätte eine Firma, die diese Ware anbietet, nicht mit großen Widerständen zu kämpfen?«
    Schweigen schlug ihm entgegen. Wer hatte von einer Firma gesprochen?
    Nach einigen Augenblicken räusperte sich der Kommodore und erwiderte: »Sie wissen natürlich, was man Ihnen dann vorwerfen würde? Sie wären ein Sklavenhändler!«
    Helby lachte auf. »Ich bitte Sie, Sklaverei, so etwas gibt es doch nicht mehr.«
    Der Kommodore wies Helby darauf hin, dass es heute mehr Sklaven gäbe als zu jeder anderen Zeit der Geschichte. Menschenhandel, Zwangsprostitution, Schuldknechtschaft – all dies seien Übel, mit denen wir heute zu kämpfen hätten.
    Helby tat all das mit einer Handbewegung ab. »Wer sich aus freien Stücken entscheidet, dauerhaft an eine Privatperson oder eine Firma vermittelt zu werden, der ist kein Sklave, genauso wenig, wie es uns zu Sklavenhändlern macht. Allerdings kann natürlich schnell ein schiefes Bild in der Öffentlichkeit entstehen.«
    Danesita meldete sich zu Wort: »Wenn die rechtliche Grundlage für ein Vermittlungsgeschäft dieser Art gegeben wäre, dann könnten mit einer geschickten Öffentlichkeitsarbeit Zweifel und Vorurteile sicher ausgeräumt werden.«
    »So wie man auch Kriege unerlässlich erscheinen lassen kann, wenn sie gewissen Gruppen wirtschaftlichen Nutzen versprechen, aber keiner von uns möchte doch auf der falschen Seite stehen, oder?«, warf der Kommodore ein. »Menschen als Eigentum anderer Menschen, dieser Gedanke hat heute nichts mehr auf der Welt verloren.«
    Helby lächelte.
    »Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine gute Idee schnell auf allgemeine Zustimmung stößt, eine geniale Idee aber auf Widerstand. Es ist das Wesen einer so überragenden Idee, dass sie die Leute überfordert, oder sie empört. Etwas ist an ihr, das bei den Menschen den Reflex auslöst, sie verhindern zu wollen. Die wahrhaft geniale Idee ist eine Bedrohung, ein Sprengstoff, ein Tritt in die Genitalien. Ich behaupte: Je mehr Leute sich gegen deine Idee stellen, umso größer ist der Wurf, der dir gelungen ist! Und meine Herren: Wenn in diesem Fall 7 Milliarden Menschen sagen, so ein System kann nicht mehr funktionieren, das darf es nicht mehr geben, dann sage ich: Wir haben die stärkste Idee aller Zeiten geboren.«
    Jetzt redeten sie alle wild durcheinander. Hatten sie wirklich eine Idee geboren, eine Geschäftsidee vielleicht sogar, oder hatten sie sich nur in etwas verstiegen, waren der mäandernden Fährte eines Zuggesprächs gefolgt, das nun in ein Ergebnis gemündet hatte, mit dem keiner gerechnet
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