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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg
Autoren: E Mendoza
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wirklich leidenschaftlich oder stabil gewesen war. Nachdem er mit der Scheidung seine wichtigste Einkommensquelle eingebüßt hatte, konzentrierte sich Anthony auf die Arbeit. Als ihm selbst das erstickend wurde, begann er mehr oder weniger zufällig ein Abenteuer mit der Frau eines ehemaligen Studienkollegen. Im Gegensatz zu seiner Exfrau war Catherine stürmisch und sinnlich. Sicherlich suchte sie genauso wie er nur ein wenig Bewegung in einem konventionellen Leben, aber sogleich wurde die Situation für beide unerträglich – zu spät gewahrten sie, wie schwer gesellschaftliche Normen auf ihrem Verlangen lasteten, gegen die zu verstoßen sie so lange amüsiert hatte, bis sie feststellen mussten, dass sie nicht nur zu ihrem Bewusstsein, sondern auch zu ihrer Identität gehörten.
    Da er den Bruch offensichtlich nicht in der persönlichen Begegnung herbeiführen konnte, hatte sich Anthony Whitelands mehrfach vorgenommen, Catherine zu schreiben, obwohl es sehr riskant war, ein schriftliches Zeugnis ihrer Affäre zu hinterlassen, und ihr unwiderruflich seine Entscheidung mitzuteilen, aber immer wieder hatte er nach langen, mühseligen Ansätzen davon Abstand genommen. So, wie es ihm an Argumenten fehlte, so fehlte es ihm auch an Worten.
    Als er eines Nachmittags in seinem Arbeitszimmer wieder über einem solchen Versuch brütete, kündigte ihm das Dienstmädchen einen Besucher an, dessen Visitenkarte sie ihm auf einem Tablett überreichte. Persönlich kannte Anthony den Mann nicht, aber er hatte schon mehrmals von ihm gehört, immer in wenig vorteilhaften Worten. Pedro Teacher war ein Mann undurchsichtiger Herkunft, allgegenwärtig in der Welt der Kunstsammler, wo sein Name stets im Zusammenhang mit trüben Transaktionen fiel. Nur aufgrund dieser vielleicht falschen, jedenfalls nie bewiesenen Gerüchte hatte sein Gesuch nicht prosperiert, in den Reform Club aufgenommen zu werden, dem auch Anthony angehörte. Das, dachte er, war wohl auch der Grund dieses unerwarteten Besuches. Hätte er an einem Artikel über Kunst gearbeitet, so hätte er den ungelegenen Besucher mehr oder weniger höflich abgefertigt. Doch jetzt erlaubte es ihm die Störung, den Brief an Catherine aufzuschieben, so dass er das Schreibzeug weglegte und den Besucher vom Dienstmädchen hereinbitten ließ.
    «Vor allem», sagte Pedro Teacher, nachdem den ersten Formalitäten Genüge getan war, «muss ich mich entschuldigen, ohne Voranmeldung in Ihre Privatsphäre einzudringen. Ich baue darauf, dass die Angelegenheit, die mich herführt, als Rechtfertigung für diesen unverzeihlichen Verstoß dienen wird.»
    Die Ausdrucksweise war allzu korrekt, um natürlich zu sein, so wie auch alles andere an Teachers Person. Er war nahe an den Vierzigern und kleingewachsen, hatte kindliche Züge und winzige weiße, beim Sprechen unablässig vor seinem Gesicht flatternde Hände. Ein dünner Schnurrbart mit leicht aufwärts gewölbten Spitzen und runde graue Augen gaben ihm etwas Katzenhaftes; auf seiner Gesichtshaut zeichnete sich eine schwache Make-up-Schicht ab, und er verströmte einen süßlich-teuren Duft. Er trug ein Monokel, Halbstiefel mit Gamaschen und war auserlesen, aber nicht zu seiner Gestalt passend gewandet – einen großen Mann hätten seine Kleider, von bester Qualität, stattlich aussehen lassen, an ihm wirkten sie ein wenig komisch.
    «Spielt keine Rolle», entgegnete Anthony. «Sagen Sie mir, womit ich Ihnen dienen kann.»
    «Sogleich werde ich Ihnen den Grund des Gesprächs auseinandersetzen. Vorher indessen muss ich Ihnen ans Herz legen, nichts von dem verlauten zu lassen, was wir hier besprechen. Ich weiß, dass ich Sie beleidige, wenn ich Ihre makellose Diskretion in Frage stelle, doch in diesem besonderen Fall sind vitale Interessen mit im Spiel. Stört es Sie, wenn ich rauche?»
    Auf eine herablassende Geste des Gastgebers hin nahm er aus einem vergoldeten Etui eine Zigarette, steckte sie in eine Bernsteinspitze, zündete sie an, zog den Rauch ein und fuhr fort: «Ich weiß nicht, ob Sie mich kennen, Señor Whitelands. Wie meinem Namen zu entnehmen ist, bin ich halb Engländer und halb Spanier, weshalb ich in beiden Ländern Freunde habe. Seit meiner Jugend widme ich mich der Kunst, doch da es mir an jeglichem Temperament gebricht, außer demjenigen, diese Realität zu erkennen, beteilige ich mich an ihr als Händler und gelegentlich als Berater. Einige Maler beehren mich mit ihrer Freundschaft, und ich darf mit Stolz sagen, dass Picasso
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