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Kastell der Wölfe

Kastell der Wölfe

Titel: Kastell der Wölfe
Autoren: Jason Dark
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auf dem Boden kauerte eine Gestalt.
    Sie war geblendet und überrascht. Kein Fetzen Kleidung bedeckte den Körper.
    Ich hatte den Wolfsjungen gefunden!
    ***
    Durch das blendende Licht war er irritiert worden. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Genau das war mein Vorteil. Ich musste schnell sein, bevor sich die Lage veränderte.
    Die Mauer war nicht sehr hoch. Ich gab auch Bill Conolly keinen Bescheid. Er schaute zu, wie ich handelte und mit einem schnellen Sprung die Mauerkrone überwand.
    Als ich mich an der anderen Seite fallen ließ, reagierte auch der Junge. Er sprang zur Seite, floh vor der Helligkeit.
    Hinter mir hörte ich Bill’s Stimme. »Pack ihn!«
    Das war leichter gesagt als getan, denn der Junge war verdammt schnell, obwohl er auf allen vieren lief. Er bewegte sich wie ein Tier, hüpfend und springend, wobei er das Glück hatte, eine relativ freie Fläche vor sich zu haben.
    Immer wieder erwischte ihn der Strahl der Lampe und irritierte ihn. Der Junge verlor leicht die Übersicht, und endlich hatte ich Glück.
    Er beging den Fehler, nach vorne zu springen und sich gleichzeitig zu drehen. Das Licht blendete ihn. Er nahm den Kopf zur Seite, setzte zum nächsten Sprung an, schaffte ihn auch.
    Aber er hatte nicht aufgepasst. Er hätte seinen Körper weiter nach links werfen sollen, so aber war er geradeaus gesprungen und prallte gegen ein Stück Mauer.
    Das Klatschen des Aufpralls war deutlich zu hören. Das helle Licht zeigte mir auch, was passierte. Der nackte junge hatte sich nicht abstützen können. Von der Mitte der Mauer fiel er wie ein Stein nach unten und blieb erst mal liegen.
    Ich war sofort bei ihm. Auch Bill Conolly stürmte heran. Wir blieben so dicht bei ihm stehen, dass er einsehen musste, wie wenig Sinn es hatte, einen Fluchtversuch zu unternehmen.
    Ich leuchtete ihn an. Das Gesicht war das eines Menschen. Von der Sonne war die Haut dunkel, die dichten langen Haare umwuchsen den Kopf wie ein gewaltiger Mopp, sodass sein Gesicht selbst klein wirkte.
    Er zwinkerte und stöhnte auf. Aus seinem linken Nasenloch rann ein dunkler Streifen. Beim Aufprall musste er mit dem Gesicht gegen den harten Widerstand geprallt sein.
    Mit den Händen versuchte er, seine Augen zu schützen, bis ich den Lichtkreis ein wenig zur Seite drehte, damit er nicht mehr geblendet wurde.
    Der Junge atmete heftig. Er saugte die Luft mit weit offenem Mund ein. Er bewegte sich unruhig, und als ich ihn anfassen wollte, schlug er meinen Arm zur Seite.
    Aber er sprang nicht in die Höhe, sondern blieb auf dem Rücken liegen, den Blick gegen uns, die Fremden gerichtet.
    »Vielleicht kann er doch sprechen, John. Du musste es mal versuchen.«
    »Okay.«
    Es dauerte Bill wohl zu lange, bis ich etwas sagte, deshalb übernahm er die Initiative. »Keine Sorge, wir werden dir nichts tun. Wir möchten nur etwas wissen.«
    Gehört hatte der Wolfsjunge die Worte. Er konnte nur nichts damit anfangen.
    »Kannst du nicht reden? Verstehst du uns nicht?«
    Der Junge öffnete den Mund. Für einen Moment hatten wir die Hoffnung, dass er etwas sagen würde. Leider zerflog sie. Wir vernahmen kein Wort, das verständlich gewesen wäre. Dafür unartikulierte Laute, die denen von Tieren glichen.
    ***
    »Das bringt nichts«, flüsterte ich.
    »Scheint mir auch so.«
    »Aber er kennt Archie«, sagte ich. »Wir müssen versuchen, dass er uns auf dessen Spur bringt.«
    »Klar«, stimmte Bill zu. »Aber dazu muss er uns vertrauen.«
    Genau das war das Problem. Ein Junge wie dieser war menschenscheu. Er war unter Tieren groß geworden, aber es gab trotzdem Hoffnung für uns, denn er hatte sich freiwillig in die »Niederungen« der Menschen begeben. Demnach konnte seine Angst davor nicht so groß sein. Wir mussten es nur schaffen, sie ihm zu nehmen.
    Bill hatte es versucht. Nun war ich an der Reihe. Es kam nicht auf die Worte an, sondern darauf, wie ich sie aussprach. Mit meiner Stimme musste ich ihm Vertrauen einflößen.
    Es blieb beim Wollen, denn der Junge hob plötzlich den rechten Arm an und wies an uns vorbei auf die Wand.
    Ich drehte den Kopf. Da war nichts zu sehen.
    Bill flüsterte: »Das hat trotzdem etwas zu bedeuten.«
    »So sehe ich das auch. Es ist durchaus möglich, dass er uns etwas zeigen will.«
    Der Junge versuchte zu sprechen. Er drückte dabei seinen Oberkörper hoch, und in der Kehle wurden Laute geboren. Doch wir verstanden nichts.
    »John, der hat was im Sinn«, sagte Bill. »Und wir sollten uns darauf einlassen, denke
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