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Kastell der Wölfe

Kastell der Wölfe

Titel: Kastell der Wölfe
Autoren: Jason Dark
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Türme. Der Zahn der Zeit hatte sie angefressen. Sie waren nicht mehr sehr hoch. Viele Trümmer verteilten sich auf dem Boden und waren längst zu einer Beute der Natur geworden und von ihr überwuchert worden.
    Mit Ruinen kannten wir uns aus. Im Prinzip waren sie alle gleich. Hohe Pflanzen und kratziges Buschwerk, in dem Blüten ab und zu hell schimmerten, wucherte zwischen den Trümmern und in den Ruinen.
    Kein Knurren, kein verhaltenes Heulen. Bill war bereits vorgegangen. Er bewegte sich an den dicken Mauerresten vorbei und hielt neben einem Turmfragment an.
    Er wollte sich bestimmt nicht ausruhen, sondern suchte nach einem Eingang. Der war nicht zu finden, weil die nach unten gestürzten Brocken alles versperrt hatten.
    Zur Seite räumen konnten wir das Zeug auch nicht. Da hätten wir schon einen Bagger haben müssen.
    Bill verfolgte mit seinen Blicken den Lichtkegel der Lampe. »Es muss irgendwo ein Versteck geben, John.«
    Ich schaltete die Leuchte wieder aus. »Ja, da können wir unsere Freunde, die Wölfe, fragen.«
    »Die halten sich zurück.«
    Es schien, als hätte uns das Schicksal bis zu einem gewissen Punkt kommen lassen, denn plötzlich änderte sich alles. Wir hörten einen fernen und trotzdem nahen Schrei.
    Beide schauten wir uns an.
    »Und?«, flüsterte Bill.
    Ich schüttelte den Kopf. »Du kannst mich steinigen oder was auch immer, aber das war nicht der Schrei eines Erwachsenen.«
    »Also Archie.«
    Ich antwortete mit einem zögerlichen »Ja...«.
    »Überzeugt bist du davon aber nicht?«
    »Nein.«
    »Der Wolfsjunge?«
    Ich hob nur die Schultern. Das zweite Kind durften wir nicht vergessen. Dieses Gebiet war zu seiner Heimat geworden, die es verlassen hatte, um sich in den Bereich der Menschen zu begeben. Es kam darauf an, wie es sich in diesem Gebiet verhalten würde. Ob es zu Archie May hielt oder sich mehr zu den Wölfen hingezogen fühlte.
    Wir warteten darauf, dass sich der Schrei wiederholte. Den Gefallen tat man uns leider nicht. Der Wald schickte uns wieder sein Schweigen, das uns umhüllte.
    Nachdem ungefähr zehn Sekunden verstrichen waren, setzten wir die Suche fort. Leider hatten wir nicht feststellen können, aus welcher Richtung uns der Schrei erreicht hatte. Der Wald und die alten Gemäuer verzerrten jedes Echo. Der Schrei hatte auch keine Vögel aufflattern lassen.
    Es blieb die Stille, und es blieb weiterhin bei unserer Suche nach dem Jungen.
    Es war gut, dass es die Trümmer des alten Kastells gab. So hatten wir Orientierungspunkte. Die unterschiedlich hohen Reste waren gute Merkmale.
    Da wir uns an die Stille gewöhnt hatten und wir uns ebenfalls recht leise verhielten, fiel uns ein bestimmtes Geräusch in der Nähe auf. Da war ein Rascheln zu hören. Vielleicht auch ein Tappen oder Huschen von Füßen.
    Wir hielten den Atem an. Ich hatte das Gefühl, dass etwas passieren musste. Es lag einfach in der Luft. Man kann so etwas immer wieder spüren.
    Um ein kleineres Ziel abzugeben, duckten wir uns hinter einem höheren Mauerrest. In dieser Deckung wollten wir abwarten, wie es weiterging. Es verstrich abermals eine Zeit, die mit Spannung erfüllt war.
    Wir lauschten.
    Was war das?
    Atemstöße?
    Durchaus möglich. Zudem vernahmen wir leise Schritte. Auch ein Schaben wie wenn Füße über den Boden glitten. Wir konnten davon ausgehen, dass man uns entdeckt hatte. Nur traute sich derjenige nicht so nahe an uns heran.
    Archie May war es bestimmt nicht. Der hätte sicherlich bei uns Schutz gesucht.
    Ich wollte etwas unternehmen und gab Bill durch ein Zeichen zu verstehen, was ich vorhatte. Mit dem rechten Zeigefinger deutete ich gegen die Wand der Mauer.
    Mein Freund nickte.
    Ich schob mich behutsam in die Höhe. Dabei war nur das leise Rascheln meiner Kleidung zu hören. Ich wurde noch vorsichtiger, als ich mit der Stirn den oberen Rand der Mauer erreichte und einen ersten Blick darüber hinweg warf.
    Es hatte sich nichts verändert. Die Düsternis war geblieben. Nur an einigen Stellen wurde sie durch ein schwaches, kaum erkennbares Licht unterbrochen, sodass in der dunklen Umgebung einige helle Flecken entstanden. Wenn sich etwas bewegte, dann waren es die Blätter und kein Tier, geschweige denn ein Mensch.
    Das brachte nichts ein. Deshalb entschloss ich mich dazu, das volle Risiko einzugehen. Bevor ich mich hinstellte, holte ich noch die Lampe hervor und leuchtete im nächsten Augenblick über die Mauer hinweg, wobei ich den Arm schwenkte.
    Ich hatte genau richtig reagiert, denn
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