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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton
Autoren: Daniel Defoe
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Welt begab. Die bürgerliche Klasse hatte die Tauschwertbeziehungen zwischen den Menschen an die Stelle der feudalistischen Bindungen gesetzt; nun mußte sie ihre Gewinnsucht als eine unleugbare Realität in das sittliche Wertsystem integrieren. Dazu bedurfte es noch vieler Erfahrungen und Argumente.
    Wie kein anderer Autor seiner Zeit hat Defoe dieser Selbstverständigung anschauliche, unterhaltende und lehrreiche Beispiele geboten. Daß dabei der Tugendbegriff relativiert werden mußte, so wie Defoe viele Kompromisse zu schließen hatte, schmälerte den Optimismus des aufstrebenden Bürgertums kaum: Robinson Crusoe war ob seiner Beherztheit und Umsicht, seiner Zielstrebigkeit und seines Erfolgs zu loben, auch wenn er seinen Sklaven verkaufte, Eingeborene zur Arbeit für sich zwang und sich zum Imperator einer Kolonie aufschwang.
    Daniel Defoe wurde 1660 geboren, in dem Jahre, als die konservativen Stuarts auf den Thron zurückkehrten. Die Dissenter, die in der voraufgegangenen bürgerlichen Revolut ion den linken Flügel der Partei des Volkes gebildet hatten, wurden nun von Universitäten und von allen Ämtern in der Staatsverwaltung, in Kirche und Armee ausgeschlossen. Der Londoner Kerzenhändler James Foe sah für den Sohn deshalb die Laufbahn eines Dissenterpredigers vor. In der Dissenterschule von Ehrwürden Charles Morton in Newington Green konnte der Junge mehr nützliches Wissen erwerben als in einer alten Lateinschule. Geographie war sein Lieblingsfach, und er las viele Reisebeschreibungen, darunter gewiß auch solche von Freibeutern.
    Dem Leben als Prediger unter ständiger Verfolgung zog er dann die offene Welt des Geschäftslebens vor und handelte bereits als Zwanzigjähriger mit Strümpfen, Kurzwaren, Wein und Tabak. Zwischen 1680 und 1683 befand er sich vermutlich mehrfach auf Reisen nach dem Kontinent. Auch ritt er durch England und hielt sich einige Zeit in Schottland auf. Am Neujahrstag 1684 heiratete er Mary Tuffley, eine Kaufmannstochter, welche die ansehnliche Mitgift von 3700 Pfund in die Ehe brachte.
    Im Jahre 1685 beteiligte sich Defoe an dem vom Herzog von Monmouth geführten Aufstand gegen die Stuart-Thronfolge, der niedergeschlagen wurde. Dennoch gelang es ihm, voranzukommen, zumal 1689 mit Wilhelm III. ein Protestant als König eingesetzt wurde. Bald besaß er ein Grundstück und ein Lagerhaus in der City von London und war Mitglied der angesehenen Fleischerinnung. Während des Krieges gegen Frankreich kaperten die Franzosen jedoch Schiffe mit Ladungen, die zu Teilen Defoe gehörten oder für die er Sicherheiten übernommen hatte. In unerbittlicher Konsequenz spekulierte er, um mit rasche n Gewinnen die Schulden abzutragen. Doch es lief alles schief, und er wurde in mehrere Prozesse verwikkelt, aus denen er bankrott hervorging. Das geschah 1692. Obwohl er gesetzlich nicht dazu verpflichtet war, wollte er die Summe von 17.000 Pfund zurückzahlen; bis 1705 hatte er mehr als zwei Drittel dieses hohen Betrags getilgt, aber die Gläub iger stellten ihm bis an sein Lebensende nach.
    In diesem Land, das er später (in dem mehrbändigen Werk „Eine Reise durch die ganze Insel Großbritannien“, 1724 – 1727) „das blühendste und reichste der ganzen Welt“ nannte, begann er mit dreiunddreißig Jahren getrost von vorn. Er errichtete eine Ziegelei in Tilbury. Wahrscheinlich stammten die Mittel dazu aus Einnahmen, die er den großen Whigs und der Regierung verdankte. Für sie arbeitete er Finanz- und Handelsprojekte aus. Überdies war er zum Rechnungsführer der Fenstersteuer und zum Bevollmächtigten für Lotterieziehungen ernannt worden: Fortuna war ihm wieder gewogen.
    Die Aufmerksamkeit, die Politiker ihm entgegenbrachten, rührte nicht nur von Defoes Geschäftstüchtigkeit her. Er steckte voller Ideen, und er konnte sie auch überzeugend und verständlich darstellen. In der „Abhandlung über Projekte“ (1698) unterbreitete er der Öffentlichkeit in echt aufklärerischer Gesinnung Vorschläge für eine Reihe von sozialen und kulturellen Einrichtungen.
    Zur Verbesserung von Handel und Verkehr empfiehlt er den Bau großer Landstraßen von vierzig Fuß Breite (ungefähr zwölf Meter) mit zwei Seitengräben. Ferner fordert er Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherung bankrotter Kaufleute und Unternehmer, und er regt an, Institute für die Bildung und Erziehung von Frauen, eine Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaften und ein Heim für geisteskranke Kinder zu gründen, das durch eine
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