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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton
Autoren: Daniel Defoe
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Genossenschaft der Merchant Adventurers zusammengeschlossen, was soviel wie „KaufmannAbenteurer“ heißt und besagt, daß sie waghalsige Unternehmer waren, die vom Risiko lebten und ihr Geschäft zu betreiben wußten. Länger als zwei Jahrhunderte verfügten die Merchant Adventurers über das Monopol des Tuchhandels mit Mittele uropa, und es gab sie noch zu Zeiten Daniel Defoes (1660 – 1731).
    Unter Königin Elisabeth wurden die Ostländische Kompanie (1579), die Levante-Kompanie (1581) und die Afrikanische Kompanie (1588) gegründet. Das waren Verbände, die sich Monopole ergattern wollten, wobei die einzelnen Mitglieder auf eigene Kappe spekulierten und Schiffe, Ladung und Leben aufs Spiel setzten. Erst die 1600 gebildete Ostindische Kompanie (East India Company) wirtschaftete mit vereintem Kapital und gesicherten Gewinnanteilen. Wer sich nicht in eine Kompanie einkaufen konnte, wurde auf den Weltmeeren von Feinden gejagt und von den Handelsgesellschaften vertrieben – er hatte kaum eine Chance.
    Während der bürgerlichen Revolution und der Cromwellschen Republik (1642 – 1660) und während der Regierungszeit der zum Katholizismus neigenden Stuartkönige (1603 – 1649 und 1660 – 1688), die mit Spanien einen Ausgleich suchten und es durch Freibeuterzüge nicht weiter brüskieren wollten, wurden die englische Marine und die Kauffahrtsflotte nicht ausgebaut, so daß die spektakulären Erfolge zur See keine Fortsetzung fanden.
    Erst als mit Wilhelm von Oranien 1689 die adligen und großbürgerlichen Whigs, die Vertreter und Nutznießer einer raschen kapitalistischen Entwicklung, an die Macht kamen und (mit Ausnahme der Jahre von 1710 – 1714) die Politik der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bestimmten, wurde das einst unter Elisabeth waltende Bündnis zwischen Krone und Bürgertum insofern wiederhergestellt, als nun die konstitutionalisierte Monarchie den Whigs mehr oder weniger freie Hand ließ, ihre Absichten durchzusetzen.
    Damit nahm die Schiffahrt einen neuen Aufschwung, der Sklavenhandel trug mehr ein als ganze Kriegszüge, „Britannia beherrscht die Wellen“ wurde gesungen, und der Seefahrer war wieder der ausgemachte Held. Der Umschwung durch die Palastrevolution von 1688/89 brachte den Dissentern die religiöse Freiheit und einen Teil jener Rechte zurück, die ihnen die nach Cromwells Tod wiedereingesetzten Stuarts genommen hatten. Als Dissenter bezeichnete man die Puritaner, außerhalb der anglikanischen Staatskirche stehende strenge Protestanten, meist nicht sehr wohlhabende Angehörige des Bürgertums. Daniel Defoe, ein solcher Dissenter, ist eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten der Weltliteratur geworden, nicht nur als Verfasser des „Robinson Crusoe“ (1719), des ersten Buches, das von mehr Menschen gelesen wurde als die Bibel. Die Faszination, die von diesem einfachen, regen, nüchternen und vielseitigen Mann ausgeht, liegt gerade darin, daß er kein Schriftsteller war – jedenfalls nicht in erster Linie.
    Defoe war Händler, Fabrikant, Kaufmann, daneben Journalist und Pamphletist und ferner politischer Agent, bezahlter Kundschafter, Propagandist und Zwischenträger. Wenn er außerdem mit sechzig Jahren begann, eine Art von Büchern zu schreiben, die wir heute Romane nennen, so hätte er, obwohl sie seinen Namen über Jahrhunderte bewahrt haben, gewiß andere seiner Unternehmungen und Ideen höher bewertet. Das erstaunlich Menschliche und Aufrichtige an diesem Manne ist aber sein Mut, eine Kardinalfrage seiner Zeit gestellt und die Antworten dem Test verschiedener Tatsachen und erfundener Situationen unterworfen zu haben. Es ging darum, wie der Widerspruch zwischen bürgerlichem Interesse und bürgerlicher Tugendvorstellung zu lösen und wo die Grenze zwischen individuellem Glücksstreben und rücksichtsloser Übervorte ilung der Konkurrenz zu finden sei. In der Zeitschrift „Review“ schrieb Defoe 1704: „Die Leute neigen sehr dazu, ihren Profit und ihr Gewissen miteinander in Einklang zu bringen.“
    Defoes Lebenslauf und sein Wirken veranschaulichen selbst am besten, wie unter den Bedingungen der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals ökonomische, politische, religiöse und sittliche Erwägungen als oft höchst widersprüchliche Motivationen wirkten. Abenteuer, Risiko und Straffälligkeit lagen so dicht beieinander, daß wir heute nur die Tatkraft und den Eifer bewundern können, mit denen sich das vorwärtsdrängende Bürgertum selbstbewußt an die Aneignung der
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