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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton
Autoren: Daniel Defoe
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Büchersteuer finanziert werden soll, und vieles mehr.
    Daneben betätigte er sich in politischen Streitschriften als Anwalt des Volkes, der die Verantwortlichkeit der Parlamentsmitglieder und die Pflicht der Rechenschaftslegung vor den Wählern betonte und sich gegen Übergriffe der Obrigkeit verwahrte.
    Als unter Königin Anna (sie regierte von 1702 bis 1714) die Dissenter erneut verfolgt wurden, erschien im Dezember 1702 ein anonymes Pamphlet, das aufrief, mit den Dissentern kurzen Prozeß zu machen. Den Tories, die dieser Hetzschrift zuerst Beifall gezollt hatten, lief die Galle über, als sie merkten, daß Defoe der Verfasser war und das Blatt eine Satire auf ihre blinde Verfolgungswut darstellte. Sie erwirkten einen Haftbefehl und boten in der „London Gazette“ fünfzig Pfund für seine Ergreifung. Der Steckbrief beschreibt ihn als mittelgroß, von brauner Gesichtsfarbe und dunkelbraunem Haar unter der Perücke, grauäugig mit spitzem Kinn und Hakennase. Im Mai 1703 wurde er verhaftet, und als er am Pranger stand, huldigten ihm die Londoner mit Blumen.
    Im Gefängnis nahm der Sprecher (Präsident) des Unterha uses, der gemäßigte Tory Robert Harley, Verbindung mit ihm auf. Bei der Königin erwirkte er im November 1703 Defoes Freilassung. Von nun an hatte ihn Harley in der Hand. Auf Anregung des Politikers gab Defoe von 1704 – 1713 die erste Zeitung mit Breitenwirkung heraus, die „Review“.
    Abgesehen von der enormen Leistung Defoes, dieses wöchentlich und später dreimal in der Woche erscheinende Blatt über einen so langen Zeitraum pünktlich herauszubringen, ganz gleich, ob sich sein Verfasser in London oder auf Reisen befand, und abgesehen von der Breite der Themenskala – die wirtschaftliche Entwicklung, das Tagesgeschehen, Politik, Religion, Moral, Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, Vergnügungen –, ist daran staunenswert, daß Defoe an diesem frühen Punkt der Zeitungsgeschichte das erste meinungsbildende Organ schuf, in dem wir auch den Vorläufer des Leitartikels finden.
    Im Dienste der jeweiligen Regierung reiste er nun als Kurier, Meinungsfo rscher, Finanzexperte und geheimer Ratgeber durch das Land. An dem Zusammenschluß von England und Schottland, der 1707 erfolgte, war er, als Privatmann auftretend, in geheimer Mission beteiligt. Als Königin Anna starb und mit dem Hannoveraner Georg I. die Whigs wieder ans Ruder kamen, sollte er in deren Auftrag für die Tory-Presse arbeiten, dabei aber die Propaganda der Opposition verwässern.
    Es bleibt zu fragen, wer korrupter war, Defoe oder seine hochgestellten Drahtzieher. Auf jeden Fall hat ihn das Problem, ob sich ein christliches Ethos in einer bürgerlichen Gesellschaft verwirklichen lasse oder ob nicht vielmehr Vernunft und neuartige Lebenserfahrungen andere Entscheidungen gutheißen müßten als eine abstrakte Vorstellung von gut und böse, stets beschäftigt. Wo immer sein unvergleichliches literarisches Alterswerk von den Abenteuern des Lebens und den Entdekkungen der Welt handelt, vollzieht der Bürger Defoe auch die sittliche Bilanzierung: Die junge bürgerliche Gesellschaft und das bürgerliche Individuum sollten ihr Gewissen behalten – freilich eines, das den Kapitalisierungsprozeß nicht behinderte.
    Die Rechenschaftslegung über Besitz, Gewerbe, Geld und über den sittlichen Wert des damit verbundenen Handelns bilden den Angelpunkt der großen Prosadichtungen und Berichte, die Defoe mit fast sechzig Jahren zu schreiben begann. Um diese Zeit handelte er mit Austern, Speck, Honig und Käse. Wie er dazu kam, nun noch zahlreiche Bücher zu verfassen, darunter Werke, die den ersten Höhepunkt in der Entwicklung des bürgerlichen Romans bilden, bleibt ebenso rätselhaft wie sein politisches Profil und sein Charakterbild, die in dem Geflecht von Erfolgssträhnen, Rückschlägen und meist für ihn widrigen Umständen nicht leicht auszumachen sind.
    Verwunderlich daran ist allein der Umfang der Werke, die Vielzahl der Gattungen und ein auffälliges Interesse an Abenteuern, an den Wechselfällen des Glücks, an der Unerbittlichkeit der Konkurrenz in allen Lebensbereichen, an Katastrophen, an der Kunst der Selbstbehauptung des Individuums, auch wenn es dabei Mittel einsetzt, die als verwerflich oder kriminell galten.
    In den zwölf Jahren vor seinem Tode (er starb 1731) verö ffentlichte Defoe die beiden Teile des „Robinson Crusoe“ (1719) und einen Kommentar dazu (1720), die Romane „Kapitän Singleton“ (1720), „Moll
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