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Kanadische Traeume

Kanadische Traeume

Titel: Kanadische Traeume
Autoren: Quinn Wilder
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einem saftigen Rasen entlang, bevor er an der Steintreppe am Haupteingang des Hotels endete.
    Gemessen an dem weltweiten Ruf, den Anpetuwi genoß, war das Hotel erstaunlich schlicht. Es war ein Fachwerkhaus, nicht besonders groß oder prunkvoll, hatte aber eine Wärme und einen würdevollen Charme, die Charity sofort zusagten. Jemand hatte es einst mit viel Liebe errichtet, und das war auch jetzt noch zu spüren, sah man die dunklen rauhen Balken, das französische Fensterglas, den weißen Anstrich und die roten Geranien, die überall in leuchtendweißen Blumenkästen blühten.
    Rechts führten ungefähr ein Dutzend Steinstufen zum halbmondförmigen Strand hinunter, wo ein Netz zum Volleyballspiel aufgestellt war. Ein Pier zog sich weit in die Bucht hinaus. Rote, blaue, gelbe und grüne Kanus lagen umgedreht in einer ordentlichen Reihe am Strand, dort, wo die mächtigen Felsen anfingen, die die Bucht, bis auf eine kleine Öffnung, fast ganz vom Hauptteil des Okanagan-Sees abtrennten.
    Die Holzhütten für die Angestellten schmiegten sich weit oben hinter dem Hotel an den Berg. Man erreichte sie über lange, ausgetretene Holztreppen. Die malerischen Häuschen waren winzig und durch einen Plankenweg miteinander verbunden. Jedes hatte einen Balkon, ein kleines Schlafzimmer mit zwei Betten, eine Eß- und Aufenthaltsnische und ein Badezimmer, das so klein war, daß jemand von Arnold Schwarzeneggers Proportionen sich nicht hineingewagt hätte, vor Angst, nicht wieder herauszukommen. Leuchtendrote Baumwollgardinen zierten die Fenster.
    Charity wußte zutiefst im Herzen, daß sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Allerdings hatte sie keine Ahnung von der Arbeit einer Kellnerin. Mandy hatte ihr versichert, es sei ganz leicht und die Arbeitszeit einfach ideal für jemand, der Geld verdienen mußte und dennoch den Sommer genießen wollte. Die Susweca Lounge war von abends acht bis ein Uhr nachts geöffnet. Einige Stunden Arbeit am Abend waren ein kleiner Preis, um den ganzen Tag über an einem der schönsten und abgeschiedensten Ferienplätze der Welt herumzufaulenzen.
    Anpetuwi war schon seit Generationen in der Förster-Familie. Mrs. Forster hatte nichts dagegen, wenn sich die Angestellten unter die Gäste mischten und alles, was das Hotel zu bieten hatte, voll nutzten. Ihre Philosophie war: Wenn die Leute glücklich waren, die für sie arbeiteten, waren es die Gäste auch. Allerdings bezahlte sie deshalb aber auch so wenig, daß Charitys kleines Gehalt als Assistenzärztin ihr im Vergleich dazu jetzt königlich vorkam.
    “Ich bin nur an meinem Sommer interessiert”, sagte Charity und faßte Mandy am Arm, “nicht an Männern.”
    “Was! Ich schufte an deinem neuen Look, damit du den Sommer einsam verbringst?”
    Charity schüttelte den Kopf .Es hatte keinen Zweck, ihrer Cousine wieder einmal klarzumachen, daß sie einfach kein Typ war, der Männern gefiel - sie war es noch nie gewesen. Sie hatte Mandy um ihre Schönheit und üppige Figur beneidet, sich aber längst mit ihrem eigenen Aussehen abgefunden.
    “Mandy, wenn ich Karriere machen will, muß ich mich noch ein paar Jahre voll darauf konzentrieren. Dieses Intermezzo soll so unkompliziert wie möglich bleiben.”
    “Hör auf. Niemand spricht von Ehe und vierzehn Kindern, aber ein Flirt, ein bißchen Liebe, das ist doch die Würze des Lebens.”
    “Nicht meines Lebens “, blieb Charity fest. Sie hatte herzlich wenig Erfahrung in Liebesdingen. Gerade genug, um zu wissen, daß Liebe eine Macht war, die nicht leicht in den Griff zu bekommen und problemlos in das Leben einzufügen war.
    Charity war gekommen, um Ruhe und Entspannung zu finden.
    Eine Romanze stand dazu genau im Gegensatz.
    Nicht, daß ich auf diesem Gebiet etwas zu fürchten hätte, dachte Charity wehmütig. Sie war nicht gerade das Bild einer romantischen Frau. Sie war groß und seit ihrer letzten anstrengenden Schicht schlanker als je. Seit jeher trug sie ihr Haar in einer kurzen schlichten Frisur, die so wenig wie möglich von ihrer kostbaren Zeit beanspruchte. Sie hatte nie Geld für modische Kleidung gehabt und weder die Zeit noch das Bedürfnis, mit Make-up und Derartigem zu experimentieren.
    In anderen Worten, Charity hatte immer genau so ausgesehen, wie sie sich fühlte: wie eine äußerst seriöse, intelligente, lernbegierige junge Frau - der Blaustrumpf der Familie.
    Mandy arbeitete pfeifend an Charitys Haar.
    “Darf ich sehen?”
    “Nein, erst, wenn ich fertig bin.” Mandy hatte
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