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Kanadische Traeume

Kanadische Traeume

Titel: Kanadische Traeume
Autoren: Quinn Wilder
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zu…” Charity verstummte.
    Da, wo der Rasen begann, stand eine zierliche Holzbank am Wegrand. Der Mann, der sich auf ihr breitmachte, war allerdings alles andere als zierlich. Charity fühlte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoß, als sie ausrechnete, von wie weit man ihre Konversation wohl hatte hören können.
    Wenn er uns nur nicht gehört hat, flehte sie im stillen. Aber sie hörte Stimmen von Spaziergängern weiter oben am Weg, und man konnte jedes Wort verstehen. Wie schrecklich, erst mit dem Fernglas ertappt zu werden und dann auch noch dabei, über Matthew Blake zu sprechen.
    Matthew Blake hatte einen Arm über die Rückenlehne der Bank gelegt, in der anderen Hand hielt er einen übel aussehenden schwarzen Zigarrenstumpen. Aus der Ferne hatte dieser Mann nur ziemlich groß ausgesehen, jetzt, da sie ihm gegenüberstand, war der Eindruck geradezu überwältigend.
    Seine muskulösen, sonnengebräunten und behaarten Beine waren unheimlich lang. Er mußte mindestens ein Meter achtundachtzig groß sein, und die stahlharten Muskeln waren nicht auf die Beine beschränkt.
    Charity ließ den Blick unwillkürlich nach oben gleiten, an dem flachen Bauch vorbei, zu der breiten Brust, den Schultern, den kraftvollen langen Armen. Dann wagte sie einen Blick auf sein Gesicht. Es war wie gemeißelt, mit einem Ausdruck schroffer Gleichgültigkeit. Nur die blauen Augen blitzten Charity zynisch an und ließen wenig Zweifel daran, daß er jedes Wort ihrer Unterhaltung mitbekommen hatte. Blieb die winzige Hoffnung, daß er sie ohne das Handtuch um den Kopf nicht erkannte.
    “Guten Tag”, sagte sie hilflos.
    Mandy hatte es momentan die Sprache verschlagen. Aber nur momentan.
    “Mr. Blake!” rief sie begeistert aus und ließ sich neben ihm auf die Bank sinken. “Wie schön, Sie kennenzulernen!” Sie streckte ihm die Hand hin. “Ich bin Mandy Marlowe und hier zuständig für die Freizeitgestaltung der Gäste.”
    Charity gesellte sich zögernd zu ihnen, setzte sich aber nicht.
    Heute schon zum zweitenmal war männliche Aufmerksamkeit total auf sie gerichtet. Es war ihr sehr unangenehm, besonders da sie eine Spur von Abneigung in seinen dunklen Augen wahrzunehmen glaubte.
    “Und Sie?” richtete er sich an Charity mit einer tiefen sarkastisch klingenden Stimme. “Wenn Sie ein Mann wären, würde ich annehmen, daß Sie Tom heißen.” Sein Blick blieb auf ihrem Gesicht ruhen. Er wußte, daß sie verlegen war, und genoß es.
    Charity fühlte, wie sie langsam errötete, als ihr klar wurde, worauf er anspielte, nämlich auf den sprichwörtlichen “Peeping Tom”, den heimlichen Beobachter der Lady Godiva.
    “O nein, das ist meine Cousine Char”, sagte Mandy arglos.
    Die Andeutung hatte sie überhaupt nicht mitbekommen.
    Matthew Blake verbeugte sich leicht, und Charity fand, daß diese sonst höfliche Geste etwas Spöttisches an sich hatte, genau wie seine Augen, deren Blick er unerbittlich, mit nicht unbedingt schmeichelhaftem Interesse, auf sie gerichtet hielt.
    Es war kindisch, aber Charity reichte ihm nicht die Hand. Ein prickelndes Gefühl im Nacken warnte sie vor Gefahr. Sie würde einem hungrigen Krokodil nicht ihre Hand anvertrauen.
    Matthew Blake hatte etwas Kaltblütiges in seinen faszinierenden Augen.
    “Wir haben gerade von Ihnen gesprochen”, gab Mandy heiter zu.
    Mandys Offenheit schien ihn völlig zu überraschen. Für einen kurzen Augenblick umspielte ein Lächeln die strengen Mundwinkel, und in den Tiefen seiner unvergeßlichen Augen leuchtete etwas auf, das ihn so unheimlich attraktiv machte, daß Charity fast die warnende Stimme in ihrem Innern ignoriert hätte.
    Es dauerte nur einen Moment, denn als er sprach, klang seine Stimme kühl und leicht mißbilligend. “Das habe ich gehört. Ihre Cousine scheint mich sehr interessant zu finden.”
    Charity hätte in den Boden versinken mögen. Offensichtlich glaubte er, sie wäre eine mannstolle Hyäne. Und wer konnte es ihm verargen. “Mr. Blake, ich möchte mich entschuldigen…”
    fing Charity an.
    “Für unsere Neugierde”, schnitt ihr Mandy das Wort ab. “Wir sind beide unverbesserlich neugierig. Eine Familieneigenschaft.”
    Entweder hatte Mandy seine ungeheure Verschlossenheit nicht bemerkt oder sich entschlossen, ihn mit ihrem beträchtlichen Charme zu becircen.
    “Damit Sie heute abend schlafen können”, sagte er auf seine typisch zynische Art, “ich komme aus London in England.”
    “Tatsächlich”, erwiderte Mandy. Charity fragte sich, ob
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