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Kanadische Traeume

Kanadische Traeume

Titel: Kanadische Traeume
Autoren: Quinn Wilder
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ihr Make-up hervorgeholt und hantierte an Charitys Gesicht mit Lidschatten, Wimperntusche, Rouge und Lippenstift herum. Dann wühlte sie ganz ohne Hemmungen in Charitys Kleidern. “Dieses”, bestimmte sie.
    Charity mußte ihr recht geben. Der hellblaue Wickelrock und die wunderschöne Seidenbluse, die Mandy gewählt hatte, waren sehr geeignet für ihr erstes Treffen mit ihrer Chefin Mrs.
    Forster, das heute nachmittag bevorstand. Die Kombination sah leger und trotzdem sehr elegant aus.
    “Ich kann das nicht kaufen”, hatte sie vor zwei Tagen protestiert.
    “Du mußt”, hatte
    Mandy leichtfertig entschieden.
    “Kellnerinnen müssen phantastisch aussehen. Betrachte es als eine Anlage, die in Trinkgeldern wieder hereinkommt.”
    Charity war überzeugt, sie würde nie phantastisch aussehen, egal, was sie anhatte, aber wenn es ihre mickrigen Finanzen in den nächsten drei Monaten aufbesserte, war es einen Versuch wert. Sie kaufte den Rock und die Bluse - und sechs weitere, lustige Sommerkombinationen, die sie später vermutlich nie wieder tragen würde.
    “Darf ich mich jetzt sehen?” fragte Charity, nachdem sie sich umgezogen hatte.
    Mandy musterte sie von Kopf bis Fuß, dann grinste sie über das ganze Gesicht. “Schau dich an.”
    Charity stellte sich vor den Spiegel, der hinter der Schlafzimmertür angebracht war. Sie traute ihren Augen nicht.
    Eine junge Frau blickte ihr aus dem Spiegel entgegen. Eine große junge Frau mit dichten wilden Locken, die hellblond glänzten, als hätte sie sich ihr ganzes Leben lang in der Sonne getummelt.
    “Mandy, ich glaube, wir haben die blonden Strähnen etwas übertrieben.”
    “Keineswegs. Männer sind verrückt nach Blondinen.”
    Männer verrückt zu machen gehörte nicht zu ihrem Plan für den idealen Sommer, aber Mandy würde das nie verstehen, Charity betrachtete sich voll Verwunderung intensiv im Spiegel. Ihre Augen, die jetzt nicht mehr hinter dicken Brillengläsern versteckt waren, sahen groß und blau wie der Sommerhimmel aus. So, wie Mandy ihr das Haar zurückgekämmt und mit viel Geschick das Make-up aufgetragen hatte, wurden ihre hohen Wangenknochen, die feine Nase und ihre weichen vollen Lippen betont. Der Schnitt des Rocks ließ ihre Beine irgendwie noch länger erscheinen, und sie sah rank und schlank aus anstatt knochig und flachbusig.
    Sie hätte auf der Titelseite einer Modezeitschrift erscheinen können.
    Charity drehte sich mit Tränen in den Augen ihrer Cousine zu. “Was hast du mit mir gemacht?”
    Mandy zuckte die Schultern. “Ich habe dir deinen Wunsch erfüllt. Auf Wiedersehen, Dr. Charity Marlowe. Willkommen, Char, Sonnenanbeterin und Sirene.” Dann wurde ihre Stimme weicher. “Ich habe schon immer gedacht, daß du unheimlich hübsch bist und daß es von dir eine Schande ist, deine schönen Augen hinter einer dicken Brille zu verstecken. Du bist schön, Char, und es ist eine Sünde, es zu leugnen. Sogar Ärzte dürfen schön sein.”
    “Ärzte haben keine Zeit, schön zu sein”, erklärte Charity.
    “Außerdem kommt es mir oberflächlich vor.”
    “Zeit zum Schönmachen hast du diesen Sommer genug. Und oberflächlich, nein wirklich! Was das Vergnügen anbelangt, da habe ich dir eine Menge beizubringen!” entrüstete sich Mandy.
    “Du Ärmste. Ich weiß, das ist ein harter Job, aber einer muß ihn ja tun. Vorläufig möchte ich, daß du mir beibringst, wie man Drinks serviert. Du hast doch dafür hoffentlich etwas Zeit eingeplant?”
    “Eine volle Stunde”, beschwichtigte Mandy sie und zog unter dem Spülstein ein Servierbrett hervor, das sie prompt mit gefüllten Wassergläsern vollsetzte. “Hier!”
    “Hier, was?”
    “Mit dem marschierst du jetzt eine Stunde lang im Zimmer herum, bis du nichts mehr verschüttest und - voila, du bist ausgelernte Kellnerin. Etwas einfacher als Ärztin, nicht?”
    Mandy schaute auf die Uhr. “Ich bin in einer Stunde zurück.
    Dann zeige ich dir das Gelände und stell dich Mrs. Forster vor.
    Sie ist reizend.”
    “Jemand, der eine Kellnerin einstellt, die überhaupt keine Erfahrung hat, muß reizend sein”, stimmte Charity ihr zu.
    “Ist sie, aber dafür brauchst du ihr nicht unbedingt zu danken.
    Am besten, du erwähnst es gar nicht”, schlug Mandy vor.
    “Manchmal ist sie leicht durcheinander, die Ärmste.”
    Charity hatte ein komisches Gefühl. “Mandy, du hast ihr doch gesagt, daß ich keine Erfahrung als Kellnerin habe, oder?”
    “Ich habe ihr alles gesagt, was sie wissen muß”,
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