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Kanadische Traeume

Kanadische Traeume

Titel: Kanadische Traeume
Autoren: Quinn Wilder
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meinte Mandy ausweichend. “Tschüs, bis später. Will mal sehen, was ich über unseren mysteriösen Herrn erfahren kann. Bin in einer Stunde wieder da.”
    Charity wünschte, Mandy wäre nicht auf diesen Mann zurückgekommen. Ihr Herz klopfte ein wenig schneller bei dem Gedanken, daß sie ihm früher oder später begegnen würde. Wie unangenehm und beschämend. Leider hatte sie nicht Mandys leichtherzige Natur.
    Charity starrte auf das beladene Servierbrett. Sicher war Kellnerin zu sein nicht ganz so einfach, wie Mandy es darstellte.
    Entschlossen nahm sie das Tablett auf den Arm. Es war schwerer, als es aussah. Sie ging vorsichtig im Zimmer umher und blickte dabei hoheitsvoll auf die überschwappenden Gläser.
    “Bekommen Sie den Bourbon mit Wasser, Sir?” fragte sie höflich den Stuhl mit der hohen Lehne. Sie nahm ein Glas von dem Servierbrett und brachte damit alles aus der Balance.
    Charity inspizierte niedergeschlagen ihren nassen Rock.
    “Wenigstens blieb die teure Seidenbluse verschont”, murmelte sie.
    Zum Glück waren es dicke, billige Wassergläser, die nicht leicht zerbrachen. Immerhin mußte sie all die Pfützen auf dem Linoleumboden wegwischen. Ihr Sommer hatte soeben ein wenig von seiner Perfektion verloren.
    Es war Charity nie in den Sinn gekommen, daß sie keine gute Kellnerin sein könnte. Sie war immer in allem, was sie getan hatte, gut gewesen. Natürlich waren ihre Bemühungen, auch bei den Halbtagsstellen, immer eher in die akademische Richtung gegangen. Sie war in einer Bücherei beschäftigt gewesen, hatte Forschungsarbeit für einen Schriftsteller gemacht und in einem Labor gearbeitet.
    Es war ihr einfach nicht eingefallen, daß Kellnerin zu sein schwer sein konnte.
    Und doch nicht so schwer wie die erste Begegnung mit diesem mysteriösen Mister. Warum, in Teufels Namen, hatte sie durch das Fernglas geschaut?

2. KAPITEL
    “Er heißt Matthew Blake”, verkündete Mandy, als sie mit Charity den Pfad von der Hütte zum Hotel hinunterschlenderte.
    Charity war froh, daß Mandy gar nicht bemerkt hatte, daß sie anstatt des blauen Wickelrocks jetzt rote Shorts und eine weiße Seidenbluse trug. Die Shorts waren am Bund gefältelt und wurden unten sehr weit. Sie sahen aus wie ein zu kurzes Faltenröckchen. Charity mit ihren langen Beinen sah sehr sexy darin aus, das war nicht zu leugnen. Sie hatte sehr gezögert, die Shorts zu kaufen, aber Mandy behauptete, Kellnerinnen hätten jederzeit leicht verführerisch auszusehen. Charity trug einen breiten dunkelblauen Gürtel, um den Blick von ihren langen nackten Beinen abzulenken, aber bei ihrer schmalen Taille betonte sie damit ihre Figur nur noch mehr.
    “Und er kommt aus London. Was meinst du, ist das London, Ontario, oder London, England?” plauderte Mandy weiter munter drauflos. “Ich wette, der Mercedes auf dem Parkplatz oben gehört ihm. Ein Mercedes! Du bist wohl die einzige in der Marlowe-Familie, die es auch einmal so weit bringen …”
    Charity wollte gerade sagen, daß ein Mercedes nicht auf der Liste ihrer Ambitionen stand, als sie und Mandy von einem elektrischen Golfwagen, der um die Kurve geschossen kam, fast umgefahren wurden.
    “Paß auf, wo du hinfährst, Nelson!” rief Mandy fröhlich.
    Nelson nahm sich das nicht zu Herzen. Er raste vorbei und verrenkte sich fast den Hals nach ihnen. Kurz vor einem Baum konnte er gerade noch bremsen. Er sprang unbekümmert von dem Wagen und kam jungenhaft, kalkuliert charmant lächelnd auf sie zugeschlendert.
    Charity war es gewohnt, daß Männer dramatisch auf ihre Cousine reagierten, aber Nelson, ein großer, schlanker, gutaussehender Junge mit sandfarbenem Haar, schien nur Augen für sie zu haben.
    “Tag, Mandy”, sagte er, ohne Mandy anzuschauen. “Stellst du mich deiner Freundin vor?”
    “Das ist meine Cousine Char.”
    “Tag, Char”, sagte Nelson mit einem so tiefen Mann-von-Welt-Ton, daß Charity sich auf die Lippe beißen mußte, um nicht zu lachen. “Hättest du Lust, heute abend mit mir essen zu gehen?”
    “Nein, danke”, erwiderte Charity so freundlich, wie sie konnte. Nelson war offensichtlich einige Jahre jünger als sie.
    Eine Tatsache, die ihm nicht bewußt zu sein schien. Sicher war ihre Kleidung schuld.
    “Vielleicht ein andermal”, sagte er mit jugendlicher Würde, ging zurück, sprang auf sein Vehikel und raste davon.
    “Warum hast du nicht ja gesagt?” fragte Mandy, als sie um die letzte Biegung des Pfads schlenderten.
    “Wirklich, Mandy! Er ist doch viel
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