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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab
Autoren: Stephen Booth
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gehen, muss man entweder blind oder dumm sein.«
    Malkin schien allmählich zu ahnen, worauf Cooper hinauswollte. »Oder betrunken?«
    »Fliegerleutnant McTeague war nicht betrunken«, korrigierte Cooper.
    Die Luft war feucht, und Cooper sah, dass die Wolken sich rasch über das Land senkten. Fröstelnd schlug er den Kragen hoch.
    »Ich habe den Unfallbericht überprüft«, sagte er. »Der Whisky an Bord der Lancaster SU-V war ein Geschenk für den Kommandeur des Luftwaffenstützpunktes Benson. Der Schwadronskommandeur in Leadenhall hatte eine Quelle auf dem Schwarzmarkt, und davon wollte er seinem alten Freund in Lancashire etwas zukommen lassen.«
    »Tatsächlich?«
    »Mr Malkin, ich glaube, Sie konnten Fliegerleutnant Mc-Teague unmöglich auf der Straße sehen und ›Show Me the Way to Go Home‹ singen hören.«
    »Kann schon sein, dass ich mich geirrt habe«, brummte Malkin. »Nach so langer Zeit spielt einem die Erinnerung schon mal den einen oder anderen Streich.«
    »Ich glaube, es gibt ein paar Dinge, an die Sie sich nur allzu gut erinnern.«
    Malkin blickte über das Moor. Nebelbänke schoben sich vor den Irontongue Hill, und schon bald wäre er von Hollow Shaw aus nicht mehr zu sehen.
    »Wollen Sie es mir nicht erzählen?«, fragte Cooper.
    Malkin stand wie erstarrt vor ihm. »Eins müssen Sie verstehen«, sagte er. »Ted und ich hatten gehört, wie unsere Eltern und ein paar von ihren Freunden über gefälschte Banknoten geredet haben, die angeblich von den Deutschen gedruckt worden sind, um unsere Wirtschaft lahm zu legen.«
    Cooper runzelte die Stirn. »Was hat das damit zu tun?«
    »Na ja, als ich mit Ted zum Wrack hinaufgestiegen bin, haben wir gehört, wie zwei von den Fliegern miteinander geredet haben. Sie haben in einer fremden Sprache gesprochen, deshalb dachten wir, es sind Deutsche.«
    »Nein, das müssen die beiden Polen gewesen sein«, sagte Cooper. »Das waren Zygmunt Lukasz und Klemens Wach. Sie sprachen polnisch.«
    »Jetzt weiß ich das auch«, gab Malkin ein wenig gereizt zurück. »Deshalb haben wir uns der Besatzung nicht weiter genähert, verstehen Sie? Abgesehen davon hätten wir sowieso nicht gewusst, was wir tun sollten, wenn wir die Verletzten gefunden hätten. Wir wollten irgendwo zu einem Telefon und die Polizei anrufen, aber dann haben wir die Taschen gesehen. Sie waren aus dem Flugzeug geschleudert worden. Ted ist stehen geblieben und hat hineingesehen. So haben wir das Geld gefunden.«
    Malkin hielt inne und blickte über das Moor zur Mauer des Blackbrook-Reservoirs hinüber, ehe er ein kleines Tor in der Steinmauer öffnete: »Ted hat gemeint, das sind Millionen. Wir haben Tage gebraucht, um die Scheine zu zählen, aber so viel war's nicht. Wir konnten die Taschen zu zweit kaum tragen. Ich war damals noch klein und bin schnell müde geworden. Wir wollten die Taschen zuerst verstecken und danach die Polizei anrufen. Wir dachten, alle glauben bestimmt, die Taschen sind bei dem Absturz ins Reservoir geschleudert worden, weil rings um das Becken ja jede Menge andere Flugzeugteile lagen.«
    »So weit kann ich Ihnen folgen«, sagte Cooper. »Und was ist dann schief gelaufen?«
    Malkin starrte immer noch zum Reservoir hinauf. »Wir haben das Licht gesehen«, sagte er. »Draußen auf dem Eis.«
    »Ein Licht?«
    »Es war ganz weit draußen im Dunkeln. Wir wussten, dass dort eigentlich niemand sein konnte. Es war, als würde das Licht mitten in der Luft schweben. Am Anfang dachten wir, das sind die Geister, die es draußen im Moor geben soll. Wir dachten an Gespenster. Sogar Ted hatte ein bisschen Angst, glaub ich.«
    Malkin schien fast in seine Kindheit zurückzukehren. Cooper konnte sich ihn ohne weiteres als aufgeregten, zu Tode erschrockenen kleinen Jungen vorstellen, voller Ehrfurcht vor dem älteren Bruder. Es war nicht allzu schwer, sich auszumalen, wie sich der kleine George Malkin gefühlt haben musste. Auch Cooper war früher manchmal vor Aufregung fast übel geworden, wenn ihn Matt wieder in irgendwelche Abenteuer verwickelt hatte.
    »Dann haben wir eine Stimme um Hilfe rufen gehört«, fuhr Malkin fort. »Sie war ganz schwach und hallte so merkwürdig. Wir haben dagestanden und zugesehen, wie sich das Licht bewegt hat. Uns war klar, dass es einer von der Besatzung des abgestürzten Flugzeuges sein muss. Aber am Anfang haben wir nicht geglaubt, dass er noch am Leben ist. Wir haben gedacht, er ist ein Gespenst, nur ein Licht und eine Stimme. Er hat auf Englisch um Hilfe
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