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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab
Autoren: Stephen Booth
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lärmende Verkehrschaos hinausgetreten, das das Herz von Edendale zum Stillstand gebracht und jedes Vorankommen auf den schneebedeckten Straßen unmöglich gemacht hatte.
    Auf der Hollowgate saßen die frustrierten Fahrer Stoßstange an Stoßstange zwischen den Auspuffwolken in ihren Autos fest.
    Viele von ihnen waren praktisch blind gefahren, hinter halb vereiste oder mit braunen Schlieren überzogene Windschutzscheiben geduckt, auf denen die festgefrorenen Scheibenwischer nichts ausrichten konnten. Das Brummen der Motoren hing über der Straße und brach sich an den Fassaden der Geschäfte und den oberen Stockwerken der Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Das Scheinwerferlicht ließ Fahrer und Insassen zu unheimlichen Schatten erstarren, wie die Silhouetten auf einem Schießstand.
    »Wir haben einen schweren tätlichen Angriff auf zwei Personen, möglicherweise mit rassistischem Hintergrund. Ungefähr gegen zwei Uhr morgens. In der Nähe der Underbank.«
    Die spröde Stimme aus dem Funkgerät klang fremd und weit entfernt. Sie gehörte einer müden Telefonistin in einer fensterlosen Anrufzentrale, in der man nicht mitbekam, ob es immer noch schneite oder ob die Sonne bereits aufgegangen war. Es sei denn, jemand rief an und gab den Wetterbericht durch. Heute vereinzelt aufkommende Gewaltausbrüche. Gelegentlich etwas Blut auf der Straße. Noch eine Stunde bis zur Morgendämmerung.
    Cooper trat vom Bürgersteig und stand knöcheltief im Schneematsch, der augenblicklich über den Rand seines Schuhs schwappte und seinen Fuß in einen eisigen Schwamm verwandelte. Da es erst sieben Uhr und noch immer stockfinster war, stand ihm eine lange, unangenehme Schicht bevor, falls er nicht bald seinen Spind in der Zentrale der Division E in der West Street erreichte und dort die Socken wechselte.
    »Zwei männliche Opfer haben mehrere Verletzungen erlitten, ihr Zustand wird als ernst beschrieben.«
    Cooper schlängelte sich zwischen den verkeilten Autos hindurch auf die gegenüberliegende Straßenseite. Um ihn herum waberten Dämpfe aus der Dunkelheit empor, blieben unter den Straßenlampen hängen und wurden von der eisigen Kälte und der absoluten Windstille in den Straßen gefangen.
    »Gesucht werden vier Verdächtige, alle männlich, weiß und zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig. Hiesiger Dialekt. Einer der Verdächtigen wurde als Edward Kemp identifiziert, wohnhaft in Edendale, Beeley Street 6. Alter fünfunddreißig. Kurzes, dunkelbraunes Haar, ungefähr einsachtzig groß.«
    Das Wetter schlug im Peak District so schnell um, dass die Autofahrer in der Stadt jedes Mal vom Schnee überrascht wurden. Dabei blieben auch diesmal sämtliche kleineren Straßen und Pässe im Umkreis von etlichen Meilen rings um Edendale so lange gesperrt, bis die Schneepflüge durchkamen. Womöglich waren die weiter abseits gelegenen Ortschaften bis morgen oder sogar übermorgen von der Außenwelt abgeschnitten.
    Cooper war wegen des Wetters rechtzeitig aufgebrochen und mit seinem Toyota auf dem Weg von der Brigde End Farm in die Stadt durch die vom ersten Schneepflug gefräste Schneise gefahren. Die Hügel ringsumher hatten jungfräulich geglitzert und wie überdimensionale, mit Zuckerguss überzogene Hochzeitstorten in die Dunkelheit aufgeragt. Allerdings hatte er auf sein Frühstück verzichten müssen. Was er jetzt brauchte, waren ein paar Käsetoasts und eine Tasse schwarzer Kaffee. Vor den Fenstern des Starlight Cafés, dessen Lichter von den noch unberührten Schneewehen zurückgeworfen wurden, geriet er einen Moment lang in Versuchung.
    »Edward Kemp ist der Beschreibung nach kräftig und besitzt einen auffälligen Körpergeruch. Er wurde zuletzt in einem dunklen Mantel und mit einem Hut gesehen. Momentan liegt keine genauere Beschreibung vor.«
    Cooper warf einen Blick in das Café. Hinter der beschlagenen Scheibe sah er in Jacken, Anoraks, Schals und Handschuhe gehüllte Gestalten mit einer breiten Auswahl an Kopfbedeckungen aus Fell, Leder und Wolle. Sie sahen aus wie Models in einem Katalog für Polarforscherausrüstung.
    »Die Verdächtigen führen möglicherweise Baseball-Schläger oder ähnliche Waffen mit sich. Größte Vorsicht bei der Annäherung.«
    Inzwischen konnte er den Kaffee beinahe schmecken, spürte den bröseligen, leicht gerösteten Toast und den weichen, angenehm klebrigen Schmelzkäse förmlich auf der Zunge. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Cooper zog den Handschuh zurück und sah auf die Uhr. Jede Menge
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