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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok
Autoren: David L. Lindsay
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Ihnen einen genauen Überblick verschaffen.«
    »Können Sie mir einen Ausdruck über sie besorgen und bei Mooney hinterlassen, daß er sich bei mir melden soll?«
    »Wird gemacht.«
    »Und könnten Sie den Papierkram für einen Durchsuchungsbefehl in die Wege leiten, damit wir ihr Haus filzen können?«
    »Okey-dokey.«
    »Wir sehen erst mal nach, ob jemand zu Hause ist. Wenn nicht, fahren wir hinunter zum Ben Taub und sehen nach, was mit ihr passiert ist.«
    »Bis später«, sagte Dystal, und der Lautsprecher verstummte.
    Als sie an der Tür klingelten, rührte sich nichts drinnen. Leo schlich um das Haus herum und versuchte, durch die Fenster hineinzuschauen – ohne Ergebnis. Es war ein luxuriöses Haus. Wenn Sally Steen es mit dem Lohn ihres Berufs bezahlt hatte, konnte man davon ausgehen, daß sie nicht in dunklen Ecken auf die Freier gewartet hatte.
    Zögernd verließen die beiden Kriminalbeamten die Gegend, ohne auch nur einen Blick in das Haus geworfen zu haben.

3
     
    Das Allgemeine Krankenhaus Ben Taub befand sich am Nordrand des ausgedehnten Klinikzentrums von Texas gegenüber der Rice-Universität und des ausgedehnten Hermann-Parks. Als Wohlfahrtseinrichtung behandelte es die meisten Notfälle der Stadt, darunter auch die Mehrzahl der Gewaltopfer in Houston. Der grüne Saal im Ben Taub war nächst einem Kriegslazarett der beste Ort, wo junge Internisten und Chirurgen die Behandlung traumatischer Fälle erlernen konnten.
    Die beiden Kriminalbeamten fuhren zum Hintereingang des Krankenhauses und bogen in die Auffahrt ein, die zur Notaufnahme und zur Leichenhalle führte. Sie parkten in zweiter Reihe hinter einem Wagen, der so aussah, als gehörte er einem diensthabenden Arzt, und gingen dann zu der Rampe, wo die Leichenwagen be- und entladen wurden. Die Luft war bereits drückend geworden; sie wurde vom heißen Asphalt reflektiert und stand unbewegt zwischen den Betonmauern der Auffahrt. Die grauen Stahltüren des Lifts glitten auf, und die beiden Männer betraten eine Kabine, die sich gleich danach fast geräuschlos in die Leichenhalle, einer Welt aus weißen Kacheln und rostfreiem Stahl, senkte. Sie blieben an einem Schreibtisch innerhalb der blankpolierten Schwingtür stehen und machten sich mit einem Mädchen bekannt, das nach Hirschs Ansicht zu hübsch war, um in einer Leichenhalle zu arbeiten. Haydon sagte ihr, was er wollte, und fragte nach Dr. Vanstraten.
    »Er ist momentan in der Autopsie«, sagte das Mädchen, nahm einen Block, der an der Wand klemmte, und blätterte ihn mit ihren schlanken Fingern durch. Ihr schulterlanges, rötliches Haar war an den Seiten zurückgekämmt und wurde mit Schildpattkämmen festgehalten. Sie sprach ein wenig geziert, und ihre Lippen schnitten jedes Wort mit berechneter Genauigkeit ab. Hirsch verliebte sich auf der Stelle in diesen Mund.
    »Mal sehen«, sagte sie. »Es ist eine Unbekannte, unsere zweite heute vormittag aus der Kategorie ›Mord nicht ausgeschlossen‹. Es dürfte ein Fall für Sie sein. Sie können hineingehen. Ich nehme an, Dr. Vanstraten ist bald fertig damit. Er hat sie, gleich nachdem sie eingeliefert wurde, drangenommen.«
    Hirsch zuckte bei ihrer Wortwahl zusammen.
    »Wir besorgen uns eine Tasse Kaffee und kommen dann zurück«, sagte Haydon. »Würden Sie ihm bitte Bescheid sagen?«
    »Gern«, antwortete sie und lächelte.
    »Sie ist neu«, stellte Hirsch beim Hinausgehen fest.
    »Fast jedesmal, wenn wir hierherkommen, sitzt eine Neue am Schreibtisch«, sagte Haydon.
    »Stimmt.«
    Sie fuhren mit dem Lift nach oben zu einer Automaten-Imbißbar, wo sie Kaffee aus Pappbechern tranken. Als sie danach wieder hinunterkamen, hatte Vanstraten die Autopsie beendet und war beim Telefonieren. Er saß auf der Schreibtischkante und sprach in der vertraulichen Weise, wie sie Haydon von allen Ärzten kannte und die für den selbstbewußten Coroner typisch war. Als Vanstraten das Gespräch beendet hatte, stand er auf, schüttelte den beiden Kriminalbeamten die Hände und lächelte.
    »Ihre Proben sind bald fertig«, sagte er. »Ich hoffe nur, Sie erwarten nichts Besonderes bei diesem Fall.« Vanstratens feine, nordische Züge erinnerten Haydon stets an den glücklosen deutschen Theologen Dietrich Bonhöffer. Vanstraten war größer als Haydon, mindestens um sechs Zentimeter, und hatte eine solide Statur, die ihm die nötige Kraft zum täglichen Umgang mit Leichen verlieh. Er kleidete sich sehr sorgfältig und liebte Anzüge mit Westen in europäischem
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