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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok
Autoren: David L. Lindsay
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grenzte an einer Seite an einen Waschsalon, an der anderen an ein Buchantiquariat. Hirsch ließ Haydon aussteigen und fuhr dann ins Präsidium, um den Papierkram über Sally Steen zu erledigen, die jetzt zum Fall Nummer 6-14-82-01 geworden war.
    Ed Mooney wartete an einem Tischchen mit schwarzem Plastiküberzug im Coffeeshop und Grillroom an der Rückseite des Drugstores. Er kaute an einem ausgetrockneten Krapfen und trank Milch dazu. Haydon setzte sich, und Mooney hob sein Milchglas salutierend, um danach einen Klumpen des zähen Teigs hinunterzuspülen.
    »Hol dir ruhig auch einen«, sagte er und streckte beim Schlucken den Hals. »Frischer als jetzt werden sie wohl nie mehr.«
    Im Coffeeshop standen nur vier Tische und eine Theke mit sechs Hockern. Haydon warf einen Blick über die Theke, der von den starren Augen eines mondgesichtigen Mädchens mit einem Teint wie rohe Buletten erwidert wurde. »Kaffee«, sagte er.
    »Ich kann das Zeug nicht mehr trinken«, sagte Mooney. »Ein Geschwür.« Er drückte die Finger seiner Hand auf die Magengegend, und Haydon stellte überrascht fest, daß Mooney fett wurde. Das war ihm bisher noch gar nicht aufgefallen.
    »Ich dachte, Milch ist schlecht bei Magengeschwüren. Es macht zuviel Magensäure, oder so.«
    »Da gehen die Ansichten auseinander«, sagte Mooney sachverständig. »Mir scheint sie gut zu bekommen.«
    Das Mädchen brachte Haydons Kaffee, und Mooney aß den letzten Bissen seines Krapfens, während er sich mit seinem Stuhl herumdrehte und sich gegen ein Regal mit Schuheinlagen von Dr. Scholl lehnte. Die Plastikpackungen raschelten, wenn er sich bewegte.
    »Also was gibt’s?« fragte er, während er kaute. »Was ist mit Sally passiert?« Mooneys buschige, braune Augenbrauen zogen sich fragend nach oben, und Haydon bemerkte, daß sein natürlich geröteter Teint unter der intensiven Sonne von Texas zu leiden begann. Auf der Oberseite der Wangen war plötzlich ein ganzes Netz winziger roter Äderchen zu sehen.
    »Zwei Jungen haben sie gefunden, als sie in der Buffalo Bayou lag. Vorläufig gibt es nichts, womit wir etwas anfangen könnten. Vanstraten hat gerade erst mit seinen Untersuchungen begonnen.«
    »Du meinst, sie ist nicht erschossen, erstochen oder sonstwie umgebracht worden?«
    »Nein. Van hat auf Anhieb nichts dergleichen feststellen können.«
    Mooney richtete seinen Blick auf die weißen Kacheln des alten Drugstores. »Weißt du, manchmal, wenn diese Mädchen in das Alter von Sally kommen, sehen sie mehr Probleme vor sich als gute Zeiten. Ihnen stehen schlimme Dinge von Zuhältern und Freiern bevor; sie leben von schlechten Trips mit Drogen, leben von der Erniedrigung durch Kerle, die sie eigentlich für immer zu lieben versprochen hatten – es geht ihnen im Grunde noch schlechter als jedem Vietnam-Veteranen –, und dann plötzlich entschließen sie sich, selbst die Kerze auszublasen. Vielleicht hatte Sally das Leben einfach satt.«
    »War sie der Typ, der in so einem Fall leicht aufgibt?«
    Mooney hielt vorsichtig seine Unterlippe zwischen zwei Finger und schüttelte dann den Kopf. »Eigentlich nicht.«
    »Wie lange war sie schon im Geschäft?«
    »Oh, eine lange, lange Zeit. Es ist ihr nicht gelungen, einen zu finden, der sie da rausholt und heiratet, wie es jenen passiert, die Glück haben. Sie war immer eine von den besten, hat nur in den größeren Hotels gearbeitet. Aber der Callgirl-Markt ist hart. Man muß immer aussehen, als ob man grade einer Doppelseite des Penthouse entstiegen wäre. Straffe, volle Titten, glatte Haut, keine Falten. Das heißt, man muß zwischen achtzehn und fünfundzwanzig sein.«
    »Vanstraten meint, daß sie sich sehr gut gehalten habe.«
    »Das war ihr Glück. Sally hat sich länger behaupten können als die meisten, weil sie sich wirklich nach allen Regeln der Kunst getrimmt hat, in einem Studio drüben in San Felipe. Sie war mutig, aber dann hat es sie anscheinend doch eingeholt. Sie war eine Weile verschwunden. Ich glaube, sie hat es auf dem gleichen Gebiet in Dallas versucht. Als sie wieder hier auftauchte, war sie bereits eine Sprosse heruntergestiegen auf der Leiter und hat sich mit Anzeigenkunden begnügen müssen.«
    »Wie hat sie sich das Haus leisten können? Oder hat es ihr nicht gehört?«
    Mooney grinste. »Sie war schlau, Stuart. Wenn man nach Anzeigen arbeitet, ist das sicher ein hartes Leben; man muß von einer Stadt in die andere fahren zu einer Kundschaft, die man nicht kennt, aber wenn ein Mädchen gut
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