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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok
Autoren: David L. Lindsay
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Schnitt, welche die Aufmerksamkeit in Houstons schnellebiger haut monde erregten, wo er eine Art makabrer Popularität besaß.
    »Ich versuche, möglichst gar nichts zu erwarten«, sagte Haydon.
    »Eine sehr sichere Philosophie«, erwiderte Vanstraten, ohne die Bemerkung allzu ernst zu nehmen, und fuhr fort: »Der Bericht wird gleich nach der Mittagspause getippt, aber ich kann Ihnen schon einmal ein paar Hinweise geben.«
    Er verschränkte die Arme vor der Brust, zeigte dabei seine Manschettenknöpfe aus Porzellan und eine neue, superdünne Concord Delirium an seinem kräftigen, behaarten Handgelenk. Einige der Kriminalbeamten beim Morddezernat bezeichneten Vanstraten als den »geschniegelten Dämon vom Ben Taub«, aber Haydon sah ihn ein wenig anders. Er mußte wohl, denn der Leiter der Gerichtsmedizin war kaum eleganter gekleidet als er selbst. Sie konnten sich gut leiden und hatten mehr Gemeinsamkeiten als das ungewöhnliche Interesse für Leichen.
    »Diese Frau ist wahrscheinlich eine Prostituierte. Sie ist Mitte Vierzig, obwohl sie den Körper einer um zehn Jahre jüngeren Frau besitzt. Ihr Cervix ist vernarbt von Abtreibungen, vermutlich hat sie mehrere hinter sich, und sie hat Herpesschäden um die Genitalien und an ihrem rechten Mundwinkel. Es muß nicht unbedingt der gleiche Virustyp sein. Sie hat einen Bluterguß an der Innenseite des linken Oberschenkels und einen kleineren an ihrer linken Wade. Ich nehme an, diese Blutergüsse sind in Bezug auf die Todesursache nicht von Belang. Die einzigen anderen Anzeichen einer Gewaltanwendung sind mehrere merkwürdige Wunden an ihrem Gesäß, die ihr erst nach ihrem Tod zugefügt wurden…«
    »Zwei Jungen haben sie gefunden«, erklärte Leo. »Sie haben auf ihr herumgestochert, bevor ihnen klar wurde, was sie da entdeckt hatten.«
    »Hm. Nun, sie scheint an einer akuten Asphyxie mit fataler Hypoxie gestorben zu sein«, sagte Vanstraten. »Ist sie ertrunken? Ich weiß es nicht. Vielleicht.«
    »Vielleicht? Sie können es nicht mit Sicherheit feststellen?«
    Vanstraten zog die Stirn in Falten, eine leicht indignierte Reaktion auf Haydons Ungeduld. »So einfach ist das nicht zu bestimmen«, sagte er.
    »Das haben Sie mir noch nie zuvor bei einem Ertrunkenen gesagt.«
    »Durchaus möglich. Ich erinnere mich freilich nicht, daß Sie mir jemals zuvor einen Leichnam gebracht haben, der ertrunken ist«, erwiderte Vanstraten pointiert. »Es gibt keine anatomischen oder chemischen Anzeichen, die eindeutig auf den Tod durch Ertrinken hinweisen. Das kann man nur durch die Umstände beim Tod feststellen und durch eine komplette Autopsie, bei der man alle anderen Todesursachen ausschließt. Es handelt sich dabei um einen Eliminationsprozeß. Aber es gibt nichts, was Tod durch Ertrinken beweisen könnte.«
    Vanstraten deutete mit verschränkten Armen nach draußen. »Sie ist im Wasser dahingetrieben, ihre Lungen waren ödematös. Aber es gibt vieles, was eine pulmonäre Ödemie hervorruft. Zum Beispiel eine Pneumonie. Häufig findet man bei Ertrunkenen größere Mengen von Schaum, der aus Mund und Nase des Opfers quillt. Doch das ist auch der Fall bei Todesfällen, die durch gewisse Gifte verursacht werden. Übrigens war das hier nicht der Fall. Allerdings habe ich eine beträchtliche Menge hochviskosen Speichels gefunden. Etwa sechzig Prozent der Todesfälle durch Ertrinken werden durch Blutungen im Mittelohr verursacht. Hier gab es keine Anzeichen dafür. Sie hatte kein Wasser im Magen, was auch ein häufiges Anzeichen für Tod durch Ertrinken ist. Wir entdeckten nur eine Spur von Alkohol. Kurz gesagt, wir haben zwar Symptome gefunden, die auf den Tod durch Ertrinken hinweisen, während andere bei dieser Todesart häufige Anzeichen fehlten. Außerdem war sie eine Prostituierte, was alles mögliche nahelegt. Das ist Teil der Patientengeschichte, von der ich vorhin sprach.« Vanstraten hielt inne. »Soll ich sie weiter untersuchen?«
    Haydon ignorierte die rhetorische Frage. »Und was ist mit Gift?«
    »Ich glaube kaum, daß das eine Rolle spielt. Aber ich habe Gewebeproben genommen, und wir lassen sie durch die toxikologischen Tests laufen.« Wieder lächelte er. »Danach werde ich Ihnen eine ›mögliche‹ Todesursache nennen können.«
    Einer von Vanstratens Helfern kam aus dem Autopsieraum mit einem kleinen Behälter aus Schaumstoff, der die Proben, die das Polizeilabor benötigte, enthielt, und einem Umschlag mit den Fotos aus der Pathologie. Hirsch nahm den Behälter in
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