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Kalt

Kalt

Titel: Kalt
Autoren: Dean R. Koontz
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jeder leichten Luftströmung zum Flackern gebracht wurde.
    » Die Reue hat so lange an mir genagt, dass sie mein Herz aufgefressen hat. Ich fühle mich leer. «
    Der leere Mann, der auch ohne Herz bemerkenswert gut funktionierte, zog die beiden Schutzstreifen vom Pflaster und klebte es dann auf die Einstichstelle.
    » Ich will bereuen, was ich getan habe. Ohne Reue gibt es keinen echten Frieden. Verstehen Sie das? «
    Obgleich Dylan kein Wort von dem verstand, was dieser Irre von sich gab, nickte er. Er hatte Angst, mit einem Widerspruch womöglich einen psychotischen Anfall auszulösen, bei dem keine Injektionsnadel, sondern ein Beil zur Anwendung käme.
    Die Stimme des Doktors blieb sanft, doch nun bleichte ein banger Ton all ihre Klangfarben aus, während sich das Lächeln seltsamerweise noch immer hielt: » Eigentlich will ich wirklich bereuen. Ich will mich von der schrecklichen Tat, die ich begangen habe, voll und ganz abwenden und will ehrlich sagen können, ich würde sie nie wieder begehen, wenn ich mein Leben noch einmal von vorn beginnen könnte. Aber trotzdem ist Reue alles, wozu ich fähig bin. Ich würde es wieder tun, wenn man mir eine zweite Chance gäbe, ich würde wieder so handeln und in Kauf nehmen, noch einmal fünfzehn Jahre von Schuld zermartert zu werden. «
    Der einzelne Blutstropfen wurde vom Mull aufgesogen und hinterließ unter den Luftlöchern des Pflasters einen dunklen Kreis. Es war ein Pflaster für Kinder, das mit dem Bild eines herumtollenden Comic-Hundes geschmückt war. Leider trug das fröhliche Tierchen nicht das Mindeste dazu bei, Dylans Stimmung zu heben oder seine Aufmerksamkeit von seinem neuen Wehwehchen abzulenken.
    » Ich bin zu stolz, um echte Reue zu empfinden. Das ist das Problem. Ach, ich kenne meine Fehler, ich kenne sie gut, aber das heißt nicht, dass ich sie korrigieren könnte. Dafür ist es zu spät. Zu spät, zu spät. «
    Nachdem er die Hülle des Pflasters in den kleinen Abfalleimer neben dem Tisch geworfen hatte, wühlte Doc in einer seiner Hosentaschen und zog dort schließlich ein Messer hervor.
    Obwohl Dylan normalerweise nicht das Wort Waffe verwendet hätte, um ein einfaches Taschenmesser zu bezeichnen, war in diesem Falle kein weniger bedrohlicher Ausdruck angebracht. Schließlich brauchte man weder einen Dolch noch eine Machete, um jemandem den Hals aufzuschlitzen und die dortige Schlagader zu durchtrennen. Ein einfaches Taschenmesser reichte da vollauf.
    Doc wechselte das Thema und ging von den nicht näher bezeichneten Sünden seiner Vergangenheit zu offensichtlich drängenderen Angelegenheiten über. » Man will mich umbringen und mein gesamtes Lebenswerk vernichten. «
    Mit dem Daumennagel klappte er die kurze Klinge aus dem Griff.
    Nun verschwand endlich auch das Lächeln im teigigen Abgrund seines Gesichts, und allmählich kam ein Stirnrunzeln zum Vorschein. » In diesem Augenblick zieht sich ein Netz um mich zusammen. «
    Dylan stellte sich vor, dass zu diesem Netz auch eine anständige Dosis Beruhigungsmittel, eine Zwangsjacke und ein paar fürsorgliche Herren in weißen Uniformen gehörten.
    Die polierte Stahlklinge des Taschenmessers blitzte im Lampenlicht.
    » Für mich gibt es keinen Ausweg mehr, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mir mein Lebenswerk zerstören lasse. Wenn sie es stehlen wollten, gut. Das könnte ich akzeptieren, schließlich habe ich so etwas in anderen Fällen selbst getan.
    Aber sie wollen alles auslöschen, was ich geschaffen habe, als hätte es mich nie gegeben. «
    Mit finsterem Blick schloss Doc die Faust um den Griff des kleinen Messers und stieß die Klinge in die Stuhllehne, kaum einen Zentimeter von der linken Hand seines Gefangenen entfernt.
    Das hatte nicht gerade eine wohltuende Wirkung auf Dylan. Der Schreck, der ihn durchfuhr, war so heftig, dass die dadurch entstandenen Muskelzuckungen mindestens drei der Stuhlbeine vom Boden hoben und ihn einen Sekundenbruchteil womöglich sogar ganz zum Schweben brachten.
    » In einer halben Stunde, vielleicht auch schon früher, sind sie hier «, sagte Doc mahnend. » Ich werde versuchen, ihnen zu entkommen, wenngleich ich mir da keine Illusionen mache. Wahrscheinlich werden die Schweinehunde mich erwischen. Und wenn sie auch nur eine einzige leere Spritze finden, riegeln sie diese Stadt ab und untersuchen alle darin, immer schön der Reihe nach, bis sie herausbekommen haben, wer der Träger dieses Zeugs ist. Und das sind Sie. Sie sind ein Träger. «
    Er beugte
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