Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Damon Knights Collection 11

Damon Knights Collection 11

Titel: Damon Knights Collection 11
Autoren: Damon Knight
Vom Netzwerk:
Philip Latham
 
Die Pluto-Hypothese von Rose Bowl
     
    Wum!
    Sechs Männer zischten die Bahn entlang mit rudernden Armen und fliegenden Beinen. Zwei der blaugekleideten TH-Studenten gingen in Führung, aber nach der Hälfte holte einer ihrer Rivalen schnell auf. Die drei schossen in einem phantastischen Finish über die Ziellinie, woraufhin sich die kleine Menge, die sich in Pasadena Rose Bowl eingefunden hatte, die Hälse wund schrie.
    „Ich glaube, man geht sicher, dies als ungewöhnlich schnelle Hundert zu beschreiben“, sagte Alyson, der mit derselben Art zurückhaltender Reserviertheit sprach, mit der er schwierige Themen in seinen Kursen über englische Literatur abhandelte. Zinner, sein Begleiter, war keineswegs reserviert. Im Augenblick jedoch schien er sich vorübergehend in einem Zustand seltsamen Hochgefühls zu befinden.
    „Weißt du, was das für eine Zeit auf hundert war?“ fragte Zinner und starrte mit glasigem Blick auf seine Stoppuhr.
    Alyson schüttelte den Kopf: „Meine Uhr geht nicht richtig.“
    „Acht Strich zweiundneunzig Sekunden, habe ich.“
    „Also hat einer von ihnen die 9-Sekunden-Mauer durchbrochen?“
    „ Einer von ihnen? Drei von ihnen!“ antwortete Zin ner. „Und ohne Wind.“
    Die Hundert war nur die erste einer ganzen Serie unglaublicher Leistungen auf der Aschenbahn an je nem Nachmittag im April. Zum Zeitpunkt, als die beiden Professoren Rose Bowl verließen, waren sie Zeugen von 20,5 Sekunden auf der Achtelmeile, 45,8 auf der Viertelmeile und 8,35.3 auf zwei Meilen geworden. Die Meile wurde in nur 4,09.7 gelaufen, aber da wurde der Gewinner nicht mehr ermittelt.
    Zurück an der TH, bummelten sie über den Campus, vertieft in ein Gespräch, das mit den Schulaktivitäten nichts zu tun Hatte. „Du mußt bedenken, daß dies nicht die Olympischen Spiele waren“, protestierte Zinner, „es war nur ein lausiger kleiner Wettkampf.“
    „Dann gibt es nur eine Erklärung“, sagte Alyson.
    „Die würde ich gerne hören.“
    „Die Läufer sind heute besser als vor vierzig Jahren.“
    „Das würde ich nicht sagen“, sagte Zinner, „es geht irgend etwas Seltsames vor sich.“
    „Aber wie kannst du das leugnen?“ fragte Alyson. „In den zwanziger Jahren war jeder, der die zehn Sekunden unterbot, ein Blitz. Der Weltrekord für die Mei le lag bei vier-zehn-vier. Heute hat jede Hochschu le einen Burschen, der unter zehn Sekunden bleibt. Die Meile wird jeden Monat einmal unter vier Minuten gelaufen. Laß nur deinen Stolz beiseite, alter Junge. Wir waren einfach nicht so gut.“
    „Weshalb sollten Schnelläufer heute besser sein?“ fragte Zinner. Alyson dachte nach.
    „Nun, ich weiß nicht genau“, sagte er, „die menschliche Rasse verbessert sich –“
    „Ja, zum Teufel!“
    „Vitamine.“
    „Man hat alle Vitamine, die man braucht, auf dem Tisch.“
    „Überlegene Trainingsmethoden … Gewichtheben …“
    „Du weißt ganz gut, daß es keinen Deut beim Laufen hilft, wenn man die Hantel stemmt. Und schau dir den Boxkampf an. Boxer sind heute nicht besser.“
    Alyson dachte an die betrübliche Situation im Schwergewicht. „Also gut, und wie erklärst du dir die Hundert heute?“
    „Daß es keine Hundert waren.“
    Sie blieben an dem kleinen Weiher stehen, in den die Studenten früher unerfahrene Erstsemester geworfen hatten, bevor der Studentenrat zu moderneren Aufklärungsmethoden überging.
    „Du meinst, daß es ein Schwindel war? Daß es keine vollen hundert Yards waren?“
    „O doch, es waren volle hundert Yards. Nur die hundert Yards von heute sind nicht die hundert Yards von gestern.“
    „Verstehe ich nicht.“
    „Weil der Raum nicht mehr derselbe ist. Er ist geschrumpft.“ Zinner machte eine Pause, damit die Zeit diesem Statement zu seiner vollen Geltung verhülfe.
    „Das Sonnensystem passiert eine Region, in der sein Umfang um etwa zehn Prozent geschrumpft ist. Die Annahme eines solchen Koeffizienten des Zusammenziehens trägt hinreichend allen beobachteten Phänomenen Rechnung.“
    „Warum nimmst du dann das nächste Mal nicht ein Bandmaß mit, um die Hundert nachzumessen?“
    „Zeitverschwendung. Die Bandmaße sind auch geschrumpft.“
    Ein kühler Wind blies von Los Angeles über den Campus, ließ die Eukalyptusblätter rascheln und beugte die gelben Calendulas.
    „Du glaubst das wirklich?“ fragte Alyson.
    Zinner wich nicht zurück. „Das ist meine wohlerwogene Meinung.“
    „Das ist ein zu umfassender Gegenstand für eine Diskussion hier
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher