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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie
Autoren: Gwen Bristow
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die auf die Goldsuche gegangen sind. Farmer, Rancheros, Kaufleute oder Handwerker sind noch kaum dabei. Aber das wird nicht mehr lange dauern. Denn das Gold ist da und es zieht. Es zieht immer mehr Menschen an.«
    Florinda war noch immer schweigsam; der Russe wandte sich ihr zu und sagte leise: »Was hast du, Florinda? Du bist so still.«
    Florinda fuhr wie aus tiefen Gedanken auf, lächelte und goß sich eine Tasse Kaffee ein. »Johnny«, sagte sie, zu John gewandt, »ich habe eben über etwas nachdenken müssen. Was meinst du: Bist du wirklich überzeugt, daß noch vor Ende des Sommers viele Männer da hinaufziehen und nach Gold suchen werden?«
    »Ich bin davon überzeugt«, erwiderte John, »warum fragst du?«
    »Ich trage mich mit dem Gedanken, selber hinaufzugehen«, sagte Florinda.
    Garnet fuhr auf und bereute gleich darauf die Bewegung. Natürlich, das war eine Sache nach Florindas Geschmack. John sah Florinda nachdenklich an; er war offensichtlich nicht überrascht, schien aber seine Zweifel zu haben. »Es ist ein hartes Land, Florinda«, sagte er. »Und es ist eine harte Reise da hinauf.«
    Florinda zuckte die Achseln: »Das denke ich mir. Aber ich werde das schon durchstehen. Und übrigens: Wer sagt denn, daß ich nach den Goldfeldern wollte? Da oben ist doch eine Stadt«, sagte sie, »eine amerikanische Stadt, die im Werden begriffen ist. San Franzisko. Ich habe schon viel darüber gehört.«
    »Und –, fragte John, »was willst du in San Franzisko?«
    »Nun«, sagte Florinda ruhig, »wir haben jetzt April. Es wird noch ein paar Tage regnen. Im Juni wird die Regenzeit vorbei und das Land da oben voller Männer sein, die nach Gold graben. Und alle diese Männer haben kein Dach über dem Kopf. Du und Garnet, ihr seid zivilisierte Leute, und also werdet ihr in einem Zelt leben. Gingest du ohne Garnet, würdest du auch kein Zelt brauchen, denn du kannst mit gutem Wetter rechnen. Ich bin überzeugt: nur die wenigsten Goldgräber werden sich mit Zelten abschleppen; was meinst du?«
    John nickte und lachte Florinda an. Garnet starrte die Freundin an. »Florinda«, rief sie, »was spukt dir da im Kopf herum?«
    »Ich denke an den Monat November, meine Liebe«, antwortete Florinda gelassen. »Vielleicht an den Dezember. Es wird regnen, der Regen wird ganz plötzlich da sein. Und die goldhaltigen Bäche werden sich über Nacht in reißende Ströme verwandeln. Dann werden alle diese Goldjäger wohl oder übel gezwungen sein, irgendwo Schutz zu suchen. Sie werden in die Stadt kommen, wo es Häuser und wärmende Feuer und Whisky gibt. Sie werden kommen, und alle werden sie kleine Beutel bei sich haben wie diesen hier.« Sie hob leicht das auf dem Tisch liegende Beutelchen an und ließ es wieder fallen. »Ich glaube«, fuhr sie fort, »da oben eröffnen sich noch andere Möglichkeiten, zu Gold zu kommen, als daß man sich die Finger danach blutig gräbt. Ich war mir immer klar darüber, daß ich mein Leben nicht in einem Hinterwäldlernest wie Los Angeles verbringen würde. Ich denke, eure Freundin Florinda wird nach Norden hinaufgehen und wird in San Franzisko einen Salon eröffnen.« Garnet mußte lachen, wie immer, wenn Florinda offen und rückhaltlos sagte, was sie dachte. Florinda sah die ganze Welt mit solcher Klarheit und solcher Nüchternheit, daß Garnet mit all ihren Träumen und ihren heimlichen Forderungen an das Leben entweder lachen oder weinen mußte, wenn sie diesem kühlen Realismus begegnete. Nikolai und John lachten auch, und Florinda fuhr fort:
    »Ich denke, daß John uns die Wahrheit gesagt hat. Das Ganze hört sich märchenhaft an und ich würde es keinem anderen Mann glauben. Aber wenn John mir erzählt, auf der Veranda säße eine Meermaid mit zwei Köpfen, dann gehe ich hin, um sie mir anzusehen. John hat leider nicht genug Vorstellungsvermögen, um das für sich auszunützen. Wenn John also sagt, da oben liegt das Gold in den Bergen und Flüssen herum, dann stimmt das. Und wenn das so ist, dann sehe ich nicht ein, warum ich es mir nicht holen soll. Deshalb, Johnny, wenn die einsetzende Regenzeit deiner Arbeit da oben ein Ende macht und du nach San Franzisko kommst, dann frage irgend jemand, den du triffst, nach dem besten Lokal der Stadt. Da wirst du mich finden.«
    John hatte ihr interessiert zugehört, in seiner Stimme war etwas wie zärtliche Bewunderung. Er sagte: »Wieso meinst du, dein Lokal wird das beste der Stadt sein?«
    »Weil ich es führen werde«, antwortete Florinda ruhig.
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