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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie
Autoren: Gwen Bristow
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daran, was ihr Vater damals in New York gesagt hatte, als sie ihm erklärte, daß sie Oliver heiraten wolle, um mit ihm nach Kalifornien zu gehen. Er hatte sie an ihre Vorfahren erinnert und an das Abenteurerblut, das in ihren Adern kreiste. Alle diese Männer waren aus freiem Entschluß in die Wildnis gezogen und ihre eigenen Wege gegangen. Dieses unruhige Blut kreiste auch in ihr. Auch sie wollte die Gefahr, die Unsicherheit und das erregende Erlebnis neuer Welten. Und sie hatte gedacht, sie wolle zum Union Square zurück. Zurück in die trostlose Monotonie der Tage, von denen man immer im voraus wußte, was sie bringen würden. Was für eine Närrin sie doch gewesen war! Nein, sie wollte keine Ruhe und sie wollte auch keinen Mann, der sein Lebensziel darin erblickte, ihr Ruhe und Frieden zu schaffen. Sie wollte John. Mit John an der Seite würde jeder neue Morgen unbekanntes Land bedeuten und jeder neue Tag würde neue erregende Schauer in ihr Leben bringen. Florinda hatte sich wieder niedergelegt. Garnet flüsterte: »Schläfst du schon?«
    »Nein«, gähnte Florinda, »aber in längstens einer Minute werde ich schlafen.«
    »Ich wollte dir nur sagen, daß du recht hast. Ich will mit John auf die Goldfelder im Norden.«
    »Großartig!« sagte Florinda. »In San Franzisko sehen wir uns wieder.«
    Fünfzigstes Kapitel
    Die Sonne brach eben durch den Morgennebel. Nikolai Grigorievitch Karakozof war aufbruchbereit. Die kleine Reisekolonne hielt vor Silkys Etablissement. Boys, deren bunte Gewänder wie leuchtende Flecke vor der Nebelwand schwankten, hielten die Pack-und Sattelpferde. An der Spitze des kleinen Trupps hielt Nikolais großer Hengst, dessen Sattel-und Zaumzeug vom Silberbeschlag glänzte und funkelte. Die Pferde stampften unruhig. Neugierige, die Nikolais Ausritt zusehen wollten, drückten sich an den Ecken herum. Die Boys würden den Russen bis San Franzisko begleiten; war er dann an Bord gegangen, würden Pferde und Sättel, mit denen sie zurückritten, ihnen gehören. Er hatte sie ihnen geschenkt.
    Die Bar war noch geschlossen. Florinda hatte erklärt, sie würde nicht öffnen, bis Nikolai außer Sicht sei, und Silky hatte sich ihren Wünschen gefügt. Er hatte die Handschuhe genommen, die Nikolai als Abschiedsgeschenk für ihn mitgebracht hatte, hatte ihm kräftig die Hand geschüttelt und ihm alles Gute gewünscht und war dann zu Mr. Abbott gegangen, um Whisky zu kaufen.
    Nikolai saß mit Garnet, Florinda und John in der Küche. Die beiden Mädchen trugen die goldenen Broschen, die Nikolai ihnen geschenkt hatte. Sie hatten beide gerötete Augen und übernächtigte Gesichter. Micky war ohne besondere Aufforderung erschienen und hatte ihnen Kaffee gekocht, den sie nun gemeinsam tranken. »Der gute Micky«, sagte Florinda, »ich hoffe, er kommt mit mir nach San Franzisko.«
    »Was meinst du, wird Silky auch mitkommen?« sagte Nikolai.
    »Sehr wahrscheinlich«, versetzte Florinda. »Von mir aus braucht er es nicht, ich kann ihn eher entbehren als Micky. Aber ich kann mir nicht denken, daß er von dieser sagenhaften Goldgeschichte hört, ohne selbst auch etwas abhaben zu wollen.« Das Gespräch schleppte sich hin. Wenn es Ernst mit einer Trennung wird, weiß man sich nichts Rechtes mehr zu sagen. John sprach am wenigsten. Das entsprach seiner Art; er pflegte nie viel über Dinge zu reden, die ihn innerlich beschäftigen. Für ihn bedeutete diese Stunde die Trennung von dem einzigen Freund, den er jemals gehabt; und Garnet wie Florinda wußten, was das für ihn bedeutete.
    Während die Mädchen schweigend ihren Kaffee schlürften, sprachen die beiden Männer dann noch einmal kurz miteinander. Sie standen neben der Tür zur Bar, sie sahen sich an und lächelten, aber ihre Gesichter waren ein wenig verzerrt. »Ich werde diesen großen Lümmel schwer vermissen«, flüsterte Florinda, sich eine neue Tasse Kaffee eingießend. Garnet konnte nicht antworten. Gleich darauf trat Nikolai an den Tisch heran und sagte, es würde nun Zeit. Die Mädchen sprangen auf. Garnet fühlte es heiß in ihrer Kehle heraufsteigen, aber Florinda lächelte und tat so, als beabsichtige Nikolai nur eben nach San Diego zu reiten. Der Russe wandte sich mit seinem offenen, strahlenden Lächeln Garnet zu. »Bekomme ich einen Kuß zum Abschied?« fragte er. Garnet warf ihm die Arme um den Hals und küßte ihn, während die Tränen an ihren Wangen herabliefen. Nikolai nahm ein Taschentuch heraus und fuhr ihr damit über die Augen. »Sie
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